Die Frauen von Savannah
schon gefragt, wo du abgeblieben bist, und hier stehst du und schaust dein hübsches Kleid an.«
Ich nickte mit meinem aufgesetzten Lächeln.
»Mir ist vorhin eingefallen, dass Oletta vor der Party womöglich noch ein paar Kleinigkeiten ändern muss. Willst du es nicht mal anprobieren, damit ich mal gucken kann?«
Was hätte ich tun sollen? Nein sagen? Tante Tootie erzählen, dass ich es nicht fertigbrachte, das Kleid zu tragen, weil es genauso aussah wie das Kleid, das Momma bei ihrem Tod anhatte? Ich kaute auf meiner Unterlippe und hörte gerade noch rechtzeitig auf, bevor Blut kam.
Tante Tootie legte den Kopf schief. »Schatz, ist alles in Ordnung?«
Ich brachte es nicht übers Herz, sie zu verletzen, also nahm ich das Kleid vom Haken. »Ja, Ma’am, alles in Ordnung. Ich ziehe es gleich mal an.«
»Lass dir Zeit«, sagte sie und setzte sich ans Fenster. »Ich warte hier.«
Ich ging ins Bad und schloss die Tür. Langsam zog ich meine Sachen aus, machte den Reißverschluss im Rücken des Kleides auf und zog es mir über den Kopf. Die Unterröcke raschelten, als sie an ihren Platz rutschten, und kratzen an meinen nackten Beinen. Ich zog den Reißverschluss zu, so gut es ging, und kehrte ins Zimmer zurück.
Tante Tootie bekam große Augen. »Oh, wow. Das Kleid sieht aus wie für dich gemacht. Könnte gar nicht besser sein. Komm, lass mich mal die Schärpe zubinden.«
Ich drehte mich um, sodass sie den Reißverschluss bis oben ziehen und mit der bonbonrosa Schärpe herumfummeln konnte, und ich vermied es, mich dabei im Spiegel anzusehen. Mir wurde ganz schwummrig und ein bisschen schlecht, als Tante Tootie sich gar nicht mehr einkriegte, wie hübsch ich aussähe.
Während sie die Schärpe einmal so und dann wieder anders band, sagte sie: »Cecelia Rose, du siehst so süß aus, sie werden dich bei dem Fest alle zum Anbeißen finden. So, jetzt sitzt es perfekt«, sagte sie und bauschte den Petticoat auf. Als ich mich zu ihr umdrehte, sah ich Tränen in ihren Augen. »Guck mal in den Spiegel und sag mir, wie du es findest.«
Ich konnte und wollte meiner Tante diesen Moment nicht verderben, indem ich mich weigerte, in den Spiegel zu sehen. Ich musste es tun. Ich liebte sie so sehr, dass ich es nicht nur irgendwie, sondern auch noch mit einem Lächeln tun musste. Einem überzeugenden Lächeln. Es würde eine Feuertaufe sein, mich in diesem Kleid zu sehen, aber ich richtete den Blick auf den Boden und ging durchs Zimmer. Den Kopf zu heben und mein Spiegelbild zu sehen, war grauenvoll.
Ich schluckte, zwang mich, so breit zu lächeln, wie es nur ging, und drehte mich zu ihr um. »Es ist sehr hübsch, ich … mag das gerne.« In meinen Ohren klang das furchtbar falsch, aber Tante Tootie merkte es nicht.
»Oh, ich freu mich so, dass es dir gefällt.« Sie kam zu mir und legte mir beide Hände um die Wangen. »Und ich mag es gerne, wenn du das Haar zu so einem langen Zopf geflochten hast. Für das Fest könnten wir noch ein Band reinbinden. Würde dir das gefallen?«
Ich nickte, dankbar, dass sie mir nicht irgendeine alberne Hochsteckfrisur verpassen, oder, noch schlimmer, Locken drehen wollte.
»Also, wo sind diese Söckchen mit der Spitzenborte und die schwarzen Lackschuhe, die ich dazu gekauft hatte?«
»Hier«, sagte ich und holte sie aus dem Schrank. Ich probierte Söckchen und Schuhe an und drehte mich wieder zu meiner Tante um.
Sie bekam Kulleraugen. »Cecelia Rose«, zwitscherte sie. »Du siehst aus wie ein Püppchen.«
Mir war speiübel.
»Oh, und ich habe mir überlegt«, sagte meine Tante und nestelte schon wieder an der Schärpe herum, »willst du nicht auch Dixie Lee McAllister einladen?«
Dass Dixie mich in diesem Kleid sieht, wollte ich ungefähr so dringend, wie einen Sack Dreck essen. »Dixie ist zu ihrer Oma nach Louisiana gefahren«, platzte ich heraus. Was stimmte. Und um das Thema endgültig zu beenden, log ich und sagte: »Sie hat gesagt, sie kommt am Sonntag erst am späten Nachmittag zurück.«
»Ach, wie schade. Ich hatte gehofft, deine neue Freundin könnte dabei sein.« Tante Tootie trat einen Schritt zurück und musterte mich. »Bist du sicher, dass die Schuhe bequem sind? Du wirst sie den ganzen Nachmittag tragen.«
Ich nickte, sagte, dass sie sich gut anfühlten, und dankte ihr für alles, was sie für mich tat. Sie hatte keine Ahnung, wie unwohl ich mich in meiner Haut fühlte. Ich war unendlich dankbar, als sie die Schärpe löste, den Reißverschluss aufzog und das Kleid zum
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