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Die Frauen von Savannah

Die Frauen von Savannah

Titel: Die Frauen von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Hoffman
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Rundgang einfach weiter. Ich folgte ihr und hielt die Arme an die Seiten gedrückt, damit ich nichts umstieß. So atemberaubend das Haus auch war, Tante Tootie war überhaupt keine Angeberin. Sie schien vielmehr ganz bodenständig zu sein und so gemütlich wie ein bequemer Sessel.
    Am linken Ende des oberen Flurs war eine Nische mit einer bogenförmigen Tür. »Was ist denn da drin?«, fragte ich.
    »Das zeige ich dir.« Sie öffnete die Tür, machte das Licht an und führte mich eine schmale Treppe hinauf. »Dort am Ende des Ganges sind zwei Schlafzimmer und ein Schrankzimmer. Und das hier«, sagte sie und öffnete theatralisch eine Tür, »ist das Verandazimmer. Hast du je so etwas Wundervolles gesehen?«
    Sie ging in dem Zimmer herum und machte alle moosgrünen Fensterläden auf. Dahinter lagen bodentiefe Fliegenfenster. Ein leichtes Lüftchen kam herein, und meine Tante holte tief Luft. »Es riecht himmlisch hier oben, oder?«
    Der Holzfußboden war hellblau gestrichen, die Decke blassgelb. Ein eisernes Bett in der Form eines Schlittens war mit farbenfrohen Kissen belegt, und als ich die weiße Steppdecke berührte, versanken meine Finger darin wie in einem Berg frisch geschlagener Sahne. Das ganze Zimmer war wie ein Baumhaus für Mädchen.
    Ich ging hindurch und drückte die Nase ans Fliegenfenster. Wir waren so hoch oben, dass ich in den Garten gucken konnte wie ein Vogel. »Wow. Ist das dein Zimmer?«
    »Oh nein, Schatz. Mein Zimmer ist am Ende des Flurs im ersten Stock. Zeige ich dir gleich, wenn wir wieder runtergehen.«
    An meinen Mundwinkeln zuckte ein Lächeln. »Tante Tootie«, sagte ich und wandte mich ihr zu. »Kann das hier mein Zimmer sein?«
    Sie schwieg einen Augenblick, und ich dachte schon, ich hätte nicht fragen sollen, vielleicht war dieses Zimmer für besondere Gäste reserviert. Aber dann legte sie mir den Arm um die Schultern und nickte. »Wenn ich so alt wäre wie du, hätte ich mir wahrscheinlich auch dieses hier ausgesucht. Dann ist es jetzt deins, Cecelia Rose. Im Winter wirst du eines der anderen Zimmer nehmen müssen, hier wird es ganz schön kalt. Aber im Moment ist es bestimmt perfekt.«
    Sie drückte mich an sich. »Gut, dann wollen wir mal deinen Koffer aus dem Auto holen und dich hier einrichten. Dann essen wir einen Happen und gehen ins Bett. Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich bin fix und fertig.«

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Kapitel 6
    A ls ich aufwachte, hörte ich Kinderstimmen, so schwach wie ein weit entferntes Windspiel. Die Stimmen wurden lauter, dann zu Gelächter. Ich hörte zu, bis sie wieder leiser wurden.
    Die Laken waren klamm von der Schwüle und vom Schlaf, und ich bemerkte einen vertrauten Geruch im Kissen: genau wie die Lavendelbeutelchen, die Mrs Odell immer als Weihnachtsgeschenke nähte. Ich rieb mir die Augen und versuchte, mich aufzusetzen, aber ich war so tief in das Federbett vergraben wie ein kleines Vögelchen im Nest. Als ich mich befreit hatte, richtete ich mich auf und sah mich um. Mein verbeulter brauner Koffer passte nicht auf den hübschen Blumenteppich, und meine ausgelatschten Penny Loafers waren unter dem feinen, antiken Stuhl mit dem steifen Sitzkissen mit Rüschenborte vollkommen fehl am Platze.
    Ich musste an Momma denken. Es kam mir vor, als wäre sie schon vor langer Zeit gestorben, ein Ereignis, das jetzt schon verschwommen und unscharf war, als wären Jahre vergangen, nicht Tage. Ein schrecklicher Schmerz durchfuhr mich, als ich an Mrs Odell dachte. Ich fragte mich, ob sie wohl auch an mich dachte, und ob es ihr auch so wehtat. Meine Gedanken wanderten zu der langen, abenteuerlichen Fahrt hierher zurück, und wie erst vor wenigen Stunden dieses Schild mit den drei Wörtern am Straßenrand aufgetaucht war, von denen ich wusste, dass sie mein Leben für immer verändern würden: Willkommen in Savannah .
    All diese Gedanken wirbelten in meinem Kopf herum wie im Sturm. Mir wurde ganz schwummerig, und ich ließ mich aufs Kissen zurücksinken. Dann muss ich noch einmal eingeschlafen sein, denn plötzlich donnerte eine Stimme über mir:
    »Du verschläfst hier oben noch dein Leben. Ist doch kein Hotel hier. Steh mal auf.«
    Ich fuhr hoch und blinzelte. Am Fußende des Bettes stand eine große, stämmige Frau, deren Haut so glatt und braun war wie die einer Kastanie. Sie hatte sich ein leuchtend blau-gelb gestreiftes Tuch um den Kopf geschlungen, und über ihrem unförmigen grauen Kleid hing locker eine weiße Schürze.
    Ihre braunen Augen verengten

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