Die Frauen von Savannah
Savannah zurückbringen.«
Wir standen da, sahen einander an, und alles wurde still. Die Zeit um mich herum blieb stehen. Das war’s. Ich verließ Willoughby, Mrs Odell und meine Bücher.
Tante Tootie legte mir die Hand auf die Schulter. »Cecelia Rose, bist du so weit?«
»Und was ist mit Dad? Warten wir nicht auf ihn?«
Die Falten um ihre Augen wurden tiefer. »Dein Vater kommt sich nicht verabschieden. Er meinte, so wäre es leichter. Weniger schmerzhaft. Es tut mir leid.«
Er kommt sich nicht verabschieden?
Sie öffnete ihre Handtasche, zog einen Umschlag heraus und reichte ihn mir. »Das soll ich dir geben.«
Ich starrte den Umschlag in ihrer ausgestreckten Hand an und fühlte mich, als würde jemand die Luft aus mir rauslassen.
Die Worte meiner Tante waren so sanft, dass ich sie kaum hörte. »Soll ich ihn für später aufheben?«
Ich schüttelte den Kopf, nahm den Umschlag und zog einen Zettel heraus.
Liebe Cecelia,
es tut mir alles schrecklich leid.
Aber ich weiß, dass es dir in Savannah gut gehen wird.
Alles Liebe,
Dad
Zweiundzwanzig Wörter. Ich zählte sie. Das war alles, was er mir zu sagen hatte. Zweiundzwanzig kleine Wörter ohne jede Bedeutung.
In diesem Moment starb mein Vater für mich. Dort in der Einfahrt. Ich war, ab genau diesem Moment, Vollwaise. Meine Eltern waren beide tot, und wenn ich ganz ehrlich war, waren sie eigentlich schon lange tot gewesen. Ich hatte nur eine Weile gebraucht, um das zu merken.
Ich steckte den Zettel wieder in den Umschlag und stopfte ihn mir in die Tasche. Zwar spürte ich Tante Tooties Blick auf mir, aber ich konnte sie nicht ansehen. Ich drehte mich um und warf einen letzten Blick auf Mrs Odells kleines Haus, und mir schnürte sich die Kehle zu, als ich sie durch die Lamellen ihres Rollos spähen sah. Das hielt ich nicht aus. Ich rannte zu ihr. Sie öffnete die Tür, kam auf die Veranda und schlang die Arme um mich. Keine von uns sagte ein Wort; wir hielten uns nur aneinander fest, als wäre es das Ende der Welt. Und das war es ja irgendwie auch.
»Oh Cecelia«, flüsterte sie in mein Haar. »Es tut so weh.«
Ich vergrub mein Gesicht an ihrer Schulter. »Ich hab Sie lieb, Mrs Odell.«
Sie flüsterte mir ins Ohr. »Ich dich auch. Hab keine Angst, Schatz. Du weißt ja, was ich dir über das Lebensbuch gesagt habe.«
Ich sah ihr in die Augen. »Ja.«
Sie küsste mich auf die Stirn. »Das wird ein wunderbares neues Kapitel für dich. Alles wird gut. Versprochen. Du wirst sehen.«
Ich holte tief Luft und drehte mich um. Da stand Tante Tootie am Fuße der Stufen.
»Ich bin so weit«, sagte ich. Das glaubte ich zwar selbst nicht, aber ich sagte es trotzdem.
Tante Tootie zwinkerte Mrs Odell zu. »Ich rufe Sie an, wenn wir in Savannah sind, Gertrude. Ich passe gut auf Cecelia auf. Versprochen.«
Mrs Odell nickte, senkte den Kopf und ging ins Haus zurück. Ein Teil von mir ging mit ihr durch die Tür.
Tante Tootie nahm meine Hand, und wir gingen zum Auto. »Woher kennst du denn Mrs Odell?«, fragte ich.
»Dein Vater hat mir erzählt, wie gut ihr euch versteht, also bin ich heute Morgen bei ihr vorbeigegangen, bevor ich zu dir gekommen bin. Sie ist wirklich eine reizende Dame, und sie hält ganz große Stücke auf dich.«
Tante Tootie öffnete die Fahrertür, schaute mich an und sagte: »Cecelia, lass uns nach Hause fahren. Delilah kennt den Weg.«
Ich ging auf die Beifahrerseite, holte noch einmal Luft und stieg ein. Ich hatte noch nie in so einem tollen Auto gesessen. Es hatte hellbraune Ledersitze, die so weich waren wie Sofas, und auf dem Armaturenbrett waren lauter Knöpfe und Hebel. Auf dem Rücksitz standen drei runde, geblümte Schachteln, die mit Seidenbändern zugebunden waren.
»Hübsche Schachteln«, sagte ich und wischte mir eine Träne von der Wange. »Was ist da drin?«
»Hüte«, sagte sie und rutschte auf ihrem Sitz zurecht. »Ich habe angefangen, sie zu sammeln, als ich in den Zwanzigern war, und habe seitdem nicht mehr aufgehört. Möchtest du einen aufsetzen?«
»Na gut.«
Sie griff nach hinten und zog einen aus der Schachtel. »Ich glaube, der wird dir gut stehen«, sagte sie und reichte mir einen weißen Strohhut mit einer roten Blume an einem breiten gelben Hutband.
Ich setzte ihn auf und stopfte meinen Pony hinein.
Tante Tootie legte den Kopf schief und lächelte. »Weißt du was, Cecelia? Dieser Hut steht dir besser, als er mir je gestanden hat. Ich glaube, es ist Zeit, dass er weiterreist. Wenn du ihn möchtest,
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