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Die Frauen von Savannah

Die Frauen von Savannah

Titel: Die Frauen von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Hoffman
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ihre Augen strahlten. »Ich habe es vor Gericht getragen, als wir geschieden wurden.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. War das ein Scherz, oder meinte sie das ernst?
    Sie stieß ein kleines, böses Lachen aus, nahm sich eine Flasche Wein von der Theke und ein hauchdünnes Glas aus dem Schrank. »Komm, setz dich zu mir.«
    Ich nahm meine Limonade und folgte ihr. Als wir von der Veranda hinuntertraten, schallte Geigenmusik aus einem offenen Fenster. Sie brandete durch den Garten und endete mit einem kraftvollen Crescendo. Miz Goodpepper legte sich auf eine gepolsterte Rattanliege unter einer Pergola, die mit einer knorrigen Kletterpflanze bewachsen war. Ich setzte mich neben sie in einen Schaukelstuhl.
    »Was ist das?«, fragte ich und strich über ein weiches Stück Rinde.
    »Eine Glyzinie«, sagte sie, zog sich das Handtuch vom Kopf und schüttelte ihr feuchtes Haar. »Im Frühjahr hat sie die schönsten lila Blüten, die du dir vorstellen kannst. Die Glyzinie ist meine Lieblingskletterpflanze. Weißt du, warum?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Ma’am.«
    »Weil sie stark ist – genau wie ich. Aber wenn man nicht aufpasst, dann wächst die Glyzinie wie wild. Sie kann eine Veranda aus dem Fundament heben. Ich weiß noch, einmal …«
    Sie plauderte über Pflanzen und die Wunder der Natur mit einer Leidenschaft, die ihre Augen zum Leuchten brachte, und trank dazu Wein, als wäre es Wasser. Wenn sie sich bewegte, glitt ihr seidener Morgenmantel zur Seite und man sah ihre langen, schlanken Beine.
    »Weil ich die Natur so liebe, lasse ich auch im Garten Musik laufen. Siehst du die Kamelie da?« Sie zeigte auf einen Busch am anderen Ende des Grundstücks. »Sie mag Mozarts Symphonie Nr. 12 in G-Dur besonders gerne. Und die Rosen lieben alles von Chopin. Und einmal, als meine älteste Sagopalme krank aussah, habe ich eine Puccini-Oper gespielt, so laut es ging, und die alte Palme wurde wieder frisch und munter.«
    Ich hatte zwar noch nie gehört, dass Pflanzen Musik mochten, aber ich wollte nicht dumm erscheinen, daher fragte ich nicht nach. Ich grinste nur verständnisvoll.
    »Der Garten ist meine größte Freude. Er ist mein Trost, und er erweitert mein Bewusstsein enorm. Ich kommuniziere täglich mit der Natur. Meine Gelassenheit und meine Liebe für alles Lebende verdanke ich Seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama.«
    »Wer ist das denn?«
    »Er ist das Oberhaupt des tibetischen Buddhismus und ein spiritueller Meister. Einer der wichtigsten Punkte seiner Lehre ist es, keinem Lebewesen Schaden zuzufügen. Nie. Das macht schlechtes Karma.«
    Ich trank einen Schluck Limonade. »Karma? Was ist das?«
    Sie lehnte den Kopf an ein Kissen und dachte kurz nach. »Karma entspringt aus unseren geistigen, körperlichen und verbalen Taten. Es ist die Summe dessen, was wir sagen, tun und denken, sei es gut oder schlecht.«
    Ich saß still da und hörte ihr zu, aber diese Karma-Geschichte ging über meinen Verstand. Und als sie davon anfing, dass wir wiedergeboren werden, um unser Karma zu verbessern und irgendwann einen Ort namens Nirwana zu erreichen, fand ich, ich könnte langsam mal nach Hause gehen. Aber als ich gerade aufstehen und mich entschuldigen wollte, fing Miz Goodpepper von dem ganzen Unrecht an, das die Menschen der Erde und dem Tierreich antun.
    »Gleich da drüben haben wir ein Beispiel für entsetzlich schlechtes Karma«, sagte sie bitter und zeigte auf einen Baumstumpf an der Hecke, die zwischen ihrem Garten und Miz Hobbs’ Swimmingpool lag. »Dieser Stumpf da war mal eine herrliche Magnolie. Es war der schönste Baum, den du dir vorstellen kannst. Jedes Frühjahr hatte er Tausende Blüten, die so wundervoll dufteten, dass es einem ganz weh ums Herz wurde. Ich habe diesen Baum geliebt. Morgens habe ich immer in seinem Schatten gesessen und meditiert. Diese Magnolie hatte so eine Energie, dass ich sie durch meinen Körper strömen spürte, wenn ich mich an den Stamm lehnte.«
    Sie trank einen großen Schluck Wein, und ihr Gesicht verhärtete sich. »Aber dann wurde dieser wundervolle, wehrlose Baum ermordet!«
    Ich zuckte zusammen und kleckerte etwas Limonade auf meine Shorts. »Ermordet?«
    Ihre Stimme war voller Gift. »Ja. Kaltblütig ermordet. Als ich im April nicht in der Stadt war, hat diese Riesenfotze, auch bekannt als Violene Hobbs, den Baum ermordet.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen oder denken sollte. Eine schwere Stille fiel über den Garten, und wir starrten in den leuchtend blauen Himmel,

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