Die Frauen von Savannah
sperren. Ein schlimmeres Schicksal kann ich mir nicht vorstellen, du etwa? Den Käfig habe ich vor ein paar Jahren in Peru auf dem Markt gekauft. Ich habe ihn hier aufgehängt und die Tür mit Draht aufgesperrt, damit ich immer daran denke, wie köstlich die Freiheit ist. Finanziell und auch sonst.«
Ihre Lippen verzogen sich zu einem seltsamen Lächeln, und sie drehte sich um und sah aus dem Fenster. Ihr tranceartiger Blick war mir unangenehm, also nahm ich eine Vogue von einem Beistelltisch und sagte: »Ich gucke mir gern Zeitschriften an. Die Bibliothekarin in Willoughby hat mir immer ihre alten gegeben.«
Miz Goodpepper blinzelte. »Entschuldige, was hast du gesagt?«
»Ich habe gesagt, ich gucke gerne Zeitschriften an, vor allem die Bilder.«
Sie nahm mir die Zeitschrift aus der Hand und betrachtete die Dame auf dem Cover. » Genauso sah ich früher auch aus. Aber seit ich vierzig geworden bin, ist es wirklich ein Kampf, mich in Form zu halten. Im Februar bin ich fünfundvierzig geworden, und ich kann dir sagen, seitdem ist jeder Tag eine einzige Beleidigung.« Sie warf die Zeitschrift angeekelt auf den Tisch. »Alt zu werden ist ein grässlicher Schlag ins Gesicht. Mein Körper betrügt mich bei jeder Gelegenheit.«
Sie hob das Kinn an und zog das Handtuch um ihren Kopf straff. »Aber, na ja, ich sterbe lieber mit einer von Olettas Zimtschnecken im Mund als mit einer Selleriestange. Jedenfalls habe ich, wie du siehst, tonnenweise Bücher. Such dir aus, was du willst. Wenn du mich brauchst, ich bin in der Küche.«
Sie drehte sich mit schwingendem Morgenmantel um und ging hinaus, und über den Boden wehten Staubflusen. Das rhythmische Schlapp-Schlapp-Schlapp ihrer Flip-Flops verklang, und ich betrachtete die durchhängenden Bücherregale.
Es gab Bücher über alles Mögliche, von der heilenden Kraft der Kristalle über Maya-Ruinen bis zu einem Buch, das Das heilige Feuer entdecken – Kamasutra für Anfänger hieß. Kamasutra sagte mir nichts, ich nahm an, es handle sich um einen langweiligen Vulkan. Ich stellte das Buch wieder zurück.
Schon nach kurzer Zeit hatte ich mindestens zwanzig Bücher gefunden, die ich lesen wollte. Um nicht gierig zu erscheinen, reduzierte ich sie auf sieben und ging wieder in die Küche. Miz Goodpepper stand am Tresen, faltete Kleider und steckte sie in Papiertüten. Am Haken eines Geschirrschranks hing ein Partykleid aus rotem Taft mit strassbesetzten Spaghettiträgern. Das Kleid war wirklich sehr toll und wirklich sehr rot. Leuchtendes, schreiendes Knallrot.
Sie sah auf und lächelte. »Da bin ich aber froh, dass du etwas gefunden hast. Möchtest du ein Glas Limonade?«
Ich hatte zwar gehofft, mich bedanken und dann verschwinden zu können, aber ich wollte nicht unhöflich sein. Ich nickte und legte den Bücherstapel auf die Anrichte. Miz Goodpepper holte einen Krug aus dem Kühlschrank. Und ich fragte: »Ist Kamasutra ein Vulkan?«
Sie schnappte nach Luft und verschüttete etwas Limonade. Ihr Gesicht bekam einen seltsamen Ausdruck, während sie die Schweinerei mit ein paar Papiertüchern aufwischte. »Na ja, wenn man so will, schon, aber ich kann dir absolut versichern, dass das Buch nichts für dich ist.«
»Das habe ich mir schon gedacht«, sagte ich und war ein bisschen stolz auf mich. »Ich habe es wieder zurückgestellt.«
Sie atmete kaum hörbar aus. »Gut.«
»Das ist ja hübsch«, sagte ich und zeigte auf das rote Kleid. »Gehen Sie auf ein Fest?«
Sie reichte mir die Limonade und schaute dann das Kleid an. »Ja, das ist hübsch, nicht? Aber, nein, das werde ich nicht mehr tragen. Ich gebe es dem Tierschutzverein für den jährlichen Wohltätigkeitsbasar. Das Kleid hat ein Vermögen gekostet. Eine Schande, dass ich es nur zweimal getragen habe«, sagte Miz Goodpepper mit einem versonnenen Lächeln. »Ich habe es 1959 für einen Wohltätigkeitsball gekauft. Und mich wunderschön darin gefunden. Es hat zu mir gepasst. Aber als mein Mann und ich nach dem Abend wieder ins Auto stiegen, hat er gesagt, ich hätte ihn blamiert. Er hat mir tatsächlich gesagt, ich würde aussehen wie eine Dirne. Und dann hat er mir verboten, das Kleid je wieder zu tragen.«
Sie lehnte sich an die Theke und verschränkte die Arme vor der Brust. »Also habe ich es im hintersten Winkel meines Kleiderschranks versteckt und es ganz vergessen. Aber ob du’s glaubst oder nicht, drei Jahre später konnte ich das schöne Kleid noch ein letztes Mal anziehen.« Sie lächelte verzerrt, und
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