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Die Frauen von Savannah

Die Frauen von Savannah

Titel: Die Frauen von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Hoffman
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Probier’s mal an. Einfach die Enden auseinanderziehen.«
    Der Armreif bestand aus Glasperlen in allen möglichen Farben. Er passte perfekt. »Danke, Nadine. Er ist toll.«
    »Bitte.« Sie schob die Schachtel mit Perlen und Zangen in ihre Strandtasche. »Nächstes Mal mache ich …« Sie schnappte nach Luft und setzte sich kerzengerade hin. »Oletta, das glaubst du erst, wenn du’s siehst. Da kommt meine alte Nachbarin Royal Watson, und sie trägt einen Bikini.«
    Oletta sah ruckartig auf. »Einen Bikini?«
    Durch den Sand am Saum des Wassers kam eine rundliche, vollbusige Frau in einem Bikini mit Tigermuster. »Hey, Nadine«, rief sie. »Was machst’n du an ’nem Dienstag am Strand?«
    Nadines Lippen wurden schmal. »Sogar der arbeitende Teil der Bevölkerung hat mal frei.«
    Oletta tätschelte Nadine den Arm. »Lass dich bloß nicht provozieren. Ist sie nicht wert.«
    Nadines Augen verengten sich, als sie Royal hinterhersah. »Seit die mit Joe Baker verheiratet ist und sie in das neue Haus gezogen sind, hält die sich für was Besseres. Die geht mir so auf den Zwirn. Wie die schon geht! Als hätte sie ihr Erspartes zwischen den Backen eingeklemmt.«
    Oletta lehnte sich zurück und lachte.
    Durch den Sand kam Chessie auf uns zu. Die Beine ihres Overalls waren bis zu den Knien nass, und in der Hand trug sie einen tropfenden Beutel.
    »Na, hast du deine Steine energetisiert, Sistah?«, fragte Nadine.
    Chessie ließ sich auf die Decke sinken und machte den nassen Beutel auf. »Jep, alle gut gewässert«, sagte sie und breitete die Steine vor sich aus.
    Ich beugte mich vor, um sie besser sehen zu können. Es waren insgesamt sieben Stück, jeweils etwa so groß wie ein Silberdollar und mit einem primitiv wirkenden Zeichen darauf. »Woher hast du die, Chessie?«
    Sie klopfte auf die Decke. »Komm mal her, ich erzähl dir von Omu.« Ihre Stimme wurde ernst, und die Falten auf ihrer Stirn wurden tiefer, als sie zu erzählen begann. »Diese Steine sind fast zweihundert Jahre alt. Sie haben meiner Ururur-Großmutter gehört, Omu. Sie hatte heilende Hände, und sie hat diese Zeichen in die Steine geschnitzt. Omu wurde in einem Dorf an der Küste von Westafrika geboren. Das gibt es nicht mehr, aber damals hieß es Moboko …«
    Ich hörte fasziniert zu, während Chessie über das Meer sah und mir die Geschichte von Omu erzählte.
    An einem freundlichen Tag mit blauem Himmel tanzte Omu einen heiligen Tanz im kristallklaren Wasser des Atlantiks. Sie vollzog dieses Ritual immer am Morgen des Vollmonds. Die Wellen rollten auf sie zu, und Omu tauchte die Steine ins Wasser und sang leise heilige Wörter. Die Steine waren geschmeidig und nass und voller Energie vom Puls der brechenden Wellen. Sie hatte das Ritual fast beendet, da spürte Omu im Sand unter ihren Füßen ein Beben. Sie dachte, es wäre der Ozean, der ihr Kraft bringt, aber als sie den letzten Stein gesegnet hatte, wurde das Beben unheilvoll.
    Omu drehte sich um und sah eine Gruppe Männer auf sich zurasen. Schnell sammelte sie die Steine ein und rannte den Strand entlang. Aber so jung und schnell sie auch war, die Männer mit den geisterhaften Gesichtern hatten sie schnell umringt. Die Haut der Männer hatte die Farbe des Todes, und je näher sie kamen, desto mehr roch Omu ihren üblen Geruch. Als die Männer sich auf sie stürzten, warf sie die magischen Steine Richtung Meer. Sie wirbelten durch die Luft, und in dem Augenblick, bevor sie ins Wasser fielen, barsten sie im Licht und verwandelten sich in sieben winzige weiße Vögel. Die Vögel flatterten auf, schwangen sich hoch in die Luft und kreisten über Omu, als sie sich verzweifelt gegen die Sklavenhändler wehrte. Innerhalb weniger Minuten hatten sie sie brutal überwältigt. Ein paar Tage später lag sie in Ketten im Bauch eines Schiffes. Eines Schiffes, das vom Stöhnen der Verängstigten erfüllt war, dem der Sterbenden und derer, die sich den Tod wünschten. Als das Schiff in Amerika ankam, wurde Omu an einen Plantagenbesitzer verkauft.
    In einer glühend heißen Nacht lag sie auf dem schmalen Bett in der Sklavenhütte und weinte leise, als sie plötzlich ein Flattern am Fenster bemerkte. Sie setzte sich auf, rieb sich die Augen und sah verwundert zu, wie sieben winzige weiße Vögel einer nach dem anderen auf dem Fensterbrett landeten. Omu ging auf die Knie und hob die Hand zu den Vögeln. In dem Moment, in dem ihre Finger das Fenstersims berührten, schlugen die Vögel ein letztes Mal mit den Flügeln

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