Die Frauen von Savannah
Für immer.
Wir vier versammelten uns um den Küchentisch. Niemand sagte viel, aber als ich aufs Klo ging, hörte ich Nadine sagen: »Das Arschloch hat noch viel mehr verdient wie ’ne gebrochene Nase.«
»Teufelsbrut«, sagte Chessie. »Das ist er.«
Was sie dann noch sagten, weiß ich nicht. In dem Moment, in dem ich die Badezimmertür hinter mir zugemacht hatte, ging ich auf die Knie und umklammerte die Kloschüssel und spuckte, bis mir die Augen tränten. Ich spülte ab, rollte mich auf dem kühlen Fliesenboden zusammen und spürte mein Herz im Hals hämmern.
Oletta klopfte an die Tür. »Cecelia? Kind, ist alles in Ordnung?«
Ich setzte mich auf und wischte mir den Schweiß vom Gesicht. »Ja, Ma’am. Ich komme gleich.«
Nachdem ich mir das Gesicht mit kaltem Wasser gewaschen und mir den Mund ausgespült hatte, ging ich wieder in die Küche und setzte mich neben Oletta. Nadine saß zusammengesunken auf einem Stuhl, die Arme vor der Brust verschränkt, und starrte aus dem Fenster. »Der Arsch hat mir meine Brillantkette geklaut«, sagte sie wütend. »Und meine goldene Uhr.«
Chessie legte Nadine die Hand auf die Schulter. »Gott wird ihn richten, Sistah.« Sie beugte sich zu ihr und schüttelte den Kopf. »Guck mal, was er dir angetan hat. Die Kette hat dir in die Haut geschnitten.«
In diesem Moment sah auch ich den leuchtend roten Streifen auf ihrer Haut.
Oletta ging in die Speisekammer und kam mit einem kleinen Fläschchen Jod zurück. Sie tupfte es auf die Wunde, presste die Lippen aufeinander und schaute grimmig.
Auf der Straße hupte etwas, und Nadine wandte den Blick vom Fenster ab. »Die Hupe würde ich überall erkennen. Das ist Taye.«
Wir gingen allesamt zur Haustür, und bevor Chessie die Stufen hinunterging, berührte ich sie am Arm. Sie bedeckte meine Hand mit ihrer und sah mir direkt in die Augen. Ich schaute ihr hinterher, wie sie die Stufen hinunterstieg, den Beutel mit den Steinen am Handgelenk, und dankte Gott, dass er ihren Namen in mein Lebensbuch geschrieben hatte.
Eine endlose Minute nach der anderen verging, das Nachmittagslicht wich den langen Schatten des Abends. Oletta hielt mich auf Trab, wir wischten die Kühlbox aus und saugten Tante Tooties Wagen, aber ich konnte an nichts anderes denken als den Mann auf Tybee Island. Er hatte eine dunkle, namenlose Furcht in mir entzündet, die mir tief in den Knochen saß. Jedes plötzliche Geräusch ließ mich zusammenzucken, und ich ertrug es nicht, wenn Oletta nicht in Sichtweite war. Wenn sie zur Toilette ging, stand ich vor der Tür und atmete hektisch und mit schmerzendem Magen.
Zum Abendbrot aßen wir kalte Reste, allerdings nicht viel, dann setzten wir uns auf die Schaukelbank auf der Veranda. Ich schmiegte mich dicht an sie und legte ihr den Kopf auf den Schoß. Sie versetzte die Bank in rhythmische Schwingungen, und ich schaute zu ihr hinauf. »Oletta, sind wir in Sicherheit?«
»Ja, Kind, hier sind wir sicher.«
»Was ist mit Tante Tootie, kann sie was tun, damit Nadine ihren Schmuck zurückbekommt?«
»Keine Ahnung. Aber wenn sie nach Hause kommt, erzähl ich ihr, was passiert ist, mal sehen, was sie sagt.« Oletta schloss die Augen und summte ein Lied.
Als es Zeit war, ins Bett zu gehen, und Oletta durchs Haus ging und Türen und Fensterläden schloss, hing ich an ihr wie eine Klette. Wir gingen langsam die Treppe hinauf, und als wir vor ihrem Zimmer standen, blieb sie stehen und zog mich an sich. »Meine Beine sind wirklich müde, aber bevor wir schlafen gehn, muss ich dir noch was sagen. Und ich möchte, dass du gut zuhörst. Alles klar?«
Ich nickte.
»Was heute passiert ist, war grauenhaft. Aber ich glaube von ganzem Herzen, dass der liebe Gott uns beschützt. Dieser Mann weiß nicht, wer wir sind oder wo wir wohnen, und das kann er auch nicht rauskriegen. Wir müssen im Leben alle aufpassen, aber ich versprech dir, dass es für jeden bösen Menschen hundert gute gibt.«
Ich vergrub mein Gesicht an ihrem weichen Busen. Am liebsten hätte ich sie gefragt, ob ich bei ihr schlafen kann, aber sie sollte mich nicht für ein Baby halten.
»Alles ist gut, Kind. Das Haus ist fest verschlossen, du kannst einfach ins Bett gehen und schön schlafen. Wenn du mich brauchst, ich bin hier. Ich lass die Tür auf.« Sie tätschelte mir den Arm, sagte Gute Nacht und ging in ihr Zimmer.
Ich lag stundenlang komplett angezogen auf dem Bett, die Augen in der Dunkelheit weit aufgerissen. Als die Standuhr elf langsame Schläge
Weitere Kostenlose Bücher