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Die Frauen

Die Frauen

Titel: Die Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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frische Luft zu gehen, Tadashi?« fragte er und stand auf. »Es ist so ein herrlicher Tag!« Er zwinkerte mir zu. »Ideal für ein Picknick, finden Sie nicht?«
    »Ein Picknick?«, wiederholte ich und stand, wie unter einem Zwang, unmittelbar nach dem Meister auf.
    »Ja, wie in den guten alten Zeiten.«
    Ich verbeugte mich, um meine Gefühle zu verbergen. Ich war tief gerührt. Nicht nur war Wrieto-San zum Bahnhof gekommen, um uns abzuholen, und hatte sich die Zeit genommen, meiner Frau das Haus und all seine Schätze vorzuführen, er hatte auch noch ein Picknick zu unseren Ehren organisiert. Wrieto-San liebte es, draußen zu sein,
    er war so empfänglich für die Natur und ihre Veränderungen wie jene weltabgewandten Mönche meines Landes, die sich tagelang in die Betrachtung der Kirschblüten oder der geflügelten Ahornsamen versenken, was diese Geste noch spezieller und exquisiter machte. Während meiner Jahre in Taliesin hatten wir Dutzende Male in den Feldern und Hügeln gepicknickt, auch an abgelegenen Orten. Eine Gruppe von Schülern war vorgefahren, um alles herzurichten, und wir anderen hatten uns in die restlichen Autos von Taliesin gezwängt und waren zu der jeweiligen Stelle gefahren, die Wrieto-San wegen ihrer Schönheit und Friedlichkeit ausgewählt hatte. Es war stets eine Freude für uns alle gewesen - und jetzt wollte Wrieto-San den Geist jener Tage wiederaufleben lassen. Für mich.
    Alle waren nun auf den Beinen, Schüler flitzten herum, im Hof standen die Autos bereit, und Setsuko schaute hilfesuchend zu mir. Ich ging zu ihr und nahm ihren Arm. Labte mich an ihrer Wärme.
    »Ach, Tadashi«, sagte Wrieto-San, als käme ihm gerade noch ein Gedanke, »Sie erinnern sich doch an Stuffy’s Tavern« - und nun schwang ein Anflug von Verschlagenheit in seiner Stimme mit - »oder etwa nicht?«
    »Aber natürlich, Wrieto-San«, sagte ich und verbeugte mich. »Wie könnte ich die vergessen?«
    »Aber Sie wissen möglicherweise nicht, dass Stuffy Vale nichts mehr mit diesem Etablissement zu tun hat. Es sieht so aus, als wäre ich jetzt der Besitzer.« Er bedachte mich mit einem vielsagenden Blick. »Ich meine mich da an ein Abenteuer zu erinnern, das Sie in Ihrem ersten Jahr dort hatten - oder war es im zweiten? Übermäßiger Alkoholkonsum, hm? Wie ich sehe, haben Sie diese Neigung gemeistert.« Er schaute kurz zu Setsuko hinüber. »Freut mich für Sie. Wie auch für jeden anderen Schüler, den der Dämon Rum einmal in Versuchung geführt hat. Aber heute ist ein besonderer Tag. Und es wird auch ein ganz besonderes Picknick, Sie werden sehen.«
    Und das wurde es. Wie schon angedeutet, hatte Wrieto-San in den vergangenen Jahren zielstrebig das umliegende Land aufgekauft, und er pflegte jedes noch so unbedeutende Gebäude, das die Aussicht aus seinen Fenstern beeinträchtigte oder ihn aus anderen Gründen störte, zu entfernen, wie es die Kriegsherren des Shogunat getan hatten oder die einsiedlerische Erbin in jenem amerikanischen Gedicht, die alle Schandflecke an ihrer Küste kauft und abreißen läßt. Er ist deshalb von vielen kritisiert worden - als wäre es eine Sünde, in Reinheit leben zu wollen -, aber ich habe ihn stets verteidigt. Doch selbst ich war verblüfft von dem, was folgte.
    Es war ein schöner Sommerabend, und die Luft strich weich über unsere Gesichter, als wir in einer Karawane das kurze Stück zu der Schenke fuhren, die auf einem unkrautbewachsenen Grundstück stand, inmitten sanft sich wiegender Bäume. Die Schüler hatten Decken und Kissen ausgebreitet und einen Tisch aufgestellt, der mit Salaten, Aufschnitt, Bohnen, Brot, Maiskolben und dicken grünen Wassermelonen beladen war, und vom Grillfeuer stieg Rauch auf. Wes war da - drei Jahre zuvor hatte auch ihn eine Tragödie ereilt, denn Svetlana und ihr gemeinsamer kleiner Sohn waren bei einem Autounfall knapp sieben Kilometer von Taliesin entfernt ums Leben gekommen -, und wir umarmten uns wie Brüder, keine Verbeugung, kein Händeschütteln, sondern eine typisch amerikanische, kräftige Umarmung, die mehr als deutlich zeigte, was wir einander bedeutet hatten. Unter allseitigem Lächeln und vielen Verbeugungen stellte ich Setsuko vor. Als die Spareribs, Hot dogs und Hamburger durchgebraten und auf dem Tisch aufgetürmt waren wie eine Opfergabe, führte man uns zu unserem Platz, dem Ehrenplatz neben Wrieto-San und Mrs. Wright. Die Sonne verwandelte die Wolken in ein Gemälde und sank langsam in die Baumkronen hinab. Wir aßen. Ich war so

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