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Die freien Amazonen - 3

Die freien Amazonen - 3

Titel: Die freien Amazonen - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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ihrer früheren Adressen ein, die wie ein Reiseführer für Amerika aussieht, und hat vier Söhne im Alter zwischen zwei und siebzehn.
    ›Ihr eigenes Blut‹ spielt nicht unter Freien Amazonen, setzte aber neue Parameter für Frauen, die in einer von Männern beherrschten Gesellschaft einen Platz für sich selbst schaffen wollen - und darum geht es den Freien Amazonen ja.
    MZB

    Ihr eigenes Blut
    von Margaret L. Carter
    Von dumpfem Kopfschmerz gequält, sah Gwennis über die Menge der Dienstboten und Freisassen hin, die sich in Dom Elric Serrais’
    Gerichtshalle drängten. Sie hatte immer noch keine klare Vorstellung davon, warum ihre Mutter Alanna sich heute Morgen so unvermittelt entschlossen hatte, sie herzubringen. Sie beide hatten keine Eingabe und keine Bitte um Gerechtigkeit vor den kleinen Ridenow-Lord zu bringen, dem sie dienten. Oder hatte Alanna im Sinn, sich bei dem vai dom darüber zu beklagen, dass ihr Mann Gwennis geschlagen hatte?
    Das schien weit hergeholt, denn auch ein Hirte hatte so viel Recht über seine Nachkommenschaft.
    Abgesehen davon waren die Prügel nur die letzten und schlimmsten von hunderten gewesen. Als Gwennis am Morgen das einzige Milchtier der Familie gemolken hatte, war ihr plötzlich ein Schmerz durch den Nacken gefahren. Sie hatte gesehen, dass die Stallkatze ein Nagetier im Stroh ansprang. Nur hatte das Wissen, dass die würgende Qual in Wirklichkeit die des kleinen, zappelnden Wesens war, sie nicht davon abgehalten, sich aufschreiend zusammenzukrümmen, denn ihr war, als breche ihr eigener Hals. Die Wände des Schuppens drehten sich um sie, sie war sich vage bewusst, dass der Milcheimer umkippte und ihr Vater sie packte.
    Durch den neuen Schmerz der auf Kopf und Gesicht hämmernden Fäuste hörte sie ihn die gewohnte Beschimpfung brüllen: »Du von sechs Vätern gezeugtes Balg mit nichts als Federn im Kopf! Glaubst du, Milch kommt aus dem Boden wie Wasser?«
    Nachdem ihr Vater an seine Arbeit gegangen war, hatte Gwennis die neuen Male ihrer Mutter gezeigt, deren einzige Bemerkung lautete: »Es wird schlimmer. Eines Tages wird er dich umbringen.«
    Das wurde in sachlichem Ton gesprochen, denn der Vorfall war zu gewöhnlich, um Emotionen darauf zu verschwenden.

    Manchmal fragte sich Gwennis, warum sie nicht bereits zu der Schwachsinnigen geworden sei, für die ihr Vater sie hielt. Diese Anfälle mit ihren unabänderlichen Folgen plagten sie schon zwei Jahre lang, seit sie dreizehn geworden war. Ihre erste Erfahrung hatte die Geburt ihres jüngsten Bruders zum Anlass. Während Alanna sich fast ohne ein Stöhnen unter den Händen der Hebamme keuchend abmühte, hatte sich Gwennis in ihrem Dachbodenbett zusammengekrümmt und bei jeder neuen Wehe geschrien. Ihr Vater Piedra, der auch vor dieser Nacht nie freundlich zu ihr gewesen war, hätte sie wegen des Lärms geohrfeigt und aus dem Haus gejagt. Bald war sie sich bewusst, dass sie den Schmerz einer jeden leidenden Kreatur, ob Mensch, ob Tier, innerhalb einer Entfernung von rund hundert Fuß mitempfand. Das einzige Gute an diesem Fluch waren seine begrenzte Reichweite und die Tatsache, dass er sich auf Wesen beschränkte, die ein Bewusstsein besaßen. Gwennis brauchte nicht den Tod von jeder Fliege und jedem Floh zu teilen. Gezwungen, sich selbst zu schützen, hatte sie gelernt (wenn ihr so viel Zeit blieb, sich zu sammeln), in das Zentrum der Qual hineinzugreifen und sie auf mentale Weise zu dämpfen. Trotzdem wurde sie mindestens ein-oder zweimal alle zehn Tage dafür bestraft, dass sie Geschirr zerbrochen oder, desorientiert, wie sie war, eine Gemüsepflanze anstatt eines Unkrauts ausgerissen hatte, so häufig waren die Attacken. Sie hatte auch festgestellt, dass sie es nicht länger über sich brachte, Fleisch zu essen. Wegen dieser Abneigung und wegen der Anfälle nannten ihre Mutter und ihre Schwestern sie kränklich und
    ›wunderlich‹. Piedra hingegen beschuldigte sie, sich vor der Arbeit zu drücken und (was nicht recht verständlich war) ›sich etwas einzubilden‹ - als habe man Anlass, stolz zu sein, wenn man dauernd im ungeeignetsten Augenblick ohnmächtig wurde!
    Im Lauf des Vormittags wurde Gwennis es bald müde, die Ohren anzustrengen, um die Einzelheiten der Beschwerden ihrer Nachbarn aus dem Stimmengesumm in der Halle herauszuhören. Sie und Alanna standen in einer Ecke, warteten darauf, dass sie an die Reihe kämen, nahmen ab und zu einen Schluck aus den Wasserschläuchen, die sie mitgebracht hatten, und

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