Die freien Amazonen - 3
Hauses bedient wurde, aber sie war noch lange nicht so kühn, dass sie weitere Fragen gestellt hätte. Domna Calinda befahl ihr zu schlafen und ging, und nun fiel Gwennis das Versprechen Dom Elrics ein - er wolle sie anerkennen und ihren Sohn zu seinem Erben machen. Wenn sie je einen Sohn haben sollte - die ganze Situation kam ihr traumartig vor. Vor diesem Tag hatte sie selbst nur halb daran geglaubt, sie sei Dom Elrics Tochter. Jetzt hatte sie Leute ihrer eigenen Art, ihres eigenen Blutes gefunden oder war vielmehr von ihnen gefunden worden. Ein Platz würde für sie geschaffen werden, sie würde dazugehören. Ihre ›Krankheit‹ war merkwürdigerweise nicht länger ein Fluch, sondern eine Gabe.
Warum war sie dann nicht glücklicher? Vielleicht würde sie glücklich sein, wenn sie sich an die Idee gewöhnt hatte, wenn der Traum für sie Wirklichkeit geworden war.
Eine Weile schlief sie. Zwei Stunden später wurde sie von neuem aus dem Schlaf gerüttelt. Dom Elric und Domna Calinda standen beide an ihrem Bett. »Steh auf, Kind«, sagte der Lord. »Lerrys hat wieder innere Blutungen - wir brauchen dich.«
Auch diesmal, als Gwennis sich aufsetzte, drehte sich das ganze Zimmer um sie, schlimmer als zuvor. Sie hatte das Gefühl, es könne in jedem Augenblick anfangen, so schnell zu kreisen, dass es sich von dem Haus losreißen und durch die Nacht davonfliegen werde.
Domna Calinda sagte: »Du brauchst nicht zu kommen, Mädchen.
Elric, man kann nicht von ihr erwarten, dass sie so bald schon wieder arbeitet.«
»Hör auf, dich einzumischen!«, fuhr er sie an. »Ich habe dir bereits gesagt, wir haben keine Wahl.«
Gegenstand eines Streits zu sein beunruhigte Gwennis noch mehr als die Übelkeit erregende Desorientierung. Sie umklammerte den Bettpfosten und versuchte aufzustehen. »Ich werde kommen …« Das Wirbeln verstärkte sich. Sie wurde mit Gewalt aus ihrem Körper geworfen. Sofort sah und hörte sie mit blendender Klarheit, während alle anderen körperlichen Empfindungen gnädigerweise ausgelöscht waren. Irgendwo unter der Decke hängend, sah sie auf Dom Elric und Domna Calinda nieder, die sich vor ihrem schlaffen Körper stritten.
»Siehst du?«, sagte die Lady. »Wenn du so weitermachst, wirst du sie umbringen, ohne dass dein Sohn einen Nutzen davon hätte. Ich bin keine leronis, aber ich weiß recht gut, was die Schwellenkrankheit anrichten kann. Und es heißt, je stärker das laran, desto größer die Gefahr.«
»Ihre Kraft ist das, was Lerrys in diesem Augenblick braucht«, sagte Dom Elric. »Und für ihn werde ich alles riskieren.«
»Einschließlich des Lebens dieses Kindes, das zu unwissend ist, um auch nur zu ahnen, was du von ihm verlangst? Und wenn sie stirbt, was wird dann aus deiner Hoffnung auf einen Erben?«
»In dieser Notlage bin ich nur, weil du nicht den schicklichen Begriff von der Loyalität gegenüber deiner Familie hast. Wenn du deine Pflicht getan und wieder geheiratet hättest …«
»Ich habe meine ›Pflicht‹ einmal auf dein Gebot hin getan - einen Mann geheiratet, den ich kaum kannte, und eine Totgeburt gehabt, die mich beinahe das eigene Leben gekostet hätte. Als Lorills Tod mir die Freiheit gab, sah ich darin eine zweite Chance aus der Hand der Göttin.«
»Und verschleudertest sie an diese Amazonen. Unnatürliche Weiber
- es müsste gesetzlich verboten werden, dass sie Frauen lehren, selbstsüchtige Wünsche über die Belange des eigenen Blutes und Clans zu setzen.«
Irgendwann während dieser Diskussion sah Gwennis, dass ihr Körper auf das Bett gehoben wurde, und spürte, wie ihr Bewusstsein in ihn einsank. Trotzdem war ihr, als höre sie die beiden Stimmen immer noch, während die Sprecher die Korridore entlanggingen, und sehe sie durch Wände, die vor ihren Blicken zu Transparenz zerschmolzen.
»Selbstsüchtig?«, gab Domna Calinda zurück. »Ist es bei einer Frau Selbstsucht, wenn sie das Recht auf die freie Wahl ihres eigenen Schicksals verlangt, ein Recht, das allen Männern von Geburt an zusteht?«
»Was heißt hier freie Wahl? Meinst du, ich habe rein zum Vergnügen vier Frauen genommen? Aber ich weiß, wie wichtig es ist, einen Erben meines eigenen Blutes zu haben, auch wenn du es nicht weißt.«
»Dann bist du ein Tor, Bruder. Und dieses Mädchen wird deiner Torheit geopfert werden, so wie ich beinahe geopfert worden bin. Das arme Ding, wahrscheinlich wird sie es für eine große Ehre halten, dass sie verheiratet wird, um dir einen Enkel zu
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