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Die freien Amazonen - 3

Die freien Amazonen - 3

Titel: Die freien Amazonen - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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des Schmerzes.
    Anders als bei den ersten Wunden war die Blutung nicht übermäßig stark. Gwennis hätte sich ohne Schwierigkeiten davon befreien und sich zurückziehen können. Stattdessen musste sie hineintauchen. Mit einem langen, zittrigen Atemzug rückte sie in Gedanken näher heran, bis sie die Verletzung als eine sich träge in Spiralen bewegende Strömung in einem stagnierenden Teich sah, die sie anzuziehen, hinunterzuziehen, zu ertränken drohte. Gwennis brauchte alle Willenskraft, um nicht zu fliehen.
    Jetzt war auch sie körperlos, nichts als ein schwebender Funke Bewusstsein. Über die Oberfläche des dunklen Wassers dahingleitend, erkannte sie die Quelle von Schmerz und Blut als eine Lücke in dem Schlick auf dem Boden des Teiches, aus der ein Strom stinkenden Morasts gurgelte. Ihre Angst davor, verschlungen zu werden, konnte sie nur überwinden, indem sie freiwillig hineintauchte. Sie warf sich in die tiefe Mitte des Teiches und blockierte den Abfluss mit ihrem eigenen Sein - sie stellte es sich als einen Lichtpunkt vor, der ihr Ich enthielt. Obwohl das Gift sie beinahe erstickte, konzentrierte sie sich darauf, Licht auszugießen, um es zu neutralisieren. Einen Augenblick darauf versiegte der Strom. Das rhythmische Pochen des Schmerzes wurde langsamer und verschwand.
    Sie hatte gewonnen! In einem Ausbruch von Freude stieg sie nach oben. Doch statt sich in ihrem Körper wieder zu finden, schwebte sie über Lerrys’ Bett. Sie sah das Kind, Mhari, Dom Elric, Domna Calinda und sich selbst, zusammengesunken in einem Sessel. Sie bemerkte, dass ihre Augen glasig in Trance blickten und die Kinderfrau ihre Schultern stützte, als könne sie sich nicht allein aufrecht halten.
    Domna Calinda sagte: »Sieh nur, sie hat es geschafft! Ich habe noch nie so viel Kraft in einem so jungen Menschen gesehen - und sie hat nicht einmal eine Matrix.«
    Dom Elric fasste Gwennis’ Schulter. In ihren Körper zurückgeschleudert, war sie blind vor Schwindel, und der Raum drehte sich um sie. Durch das Summen in ihren Ohren hörte sie ihn sagen: »Kind, du hast mir einen großen Dienst erwiesen. Dank dir wird mein armer Junge, ganz gleich, wie oft dies passiert, so lange leben, wie die Götter es ihm erlauben - auch wenn er vielleicht nicht zum Mann heranwachsen wird. Du bist meine Nedestro -Tochter …«
    Die Lady unterbrach ihn. »Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um von diesen Dingen zu sprechen. Siehst du nicht, in welchem Zustand sie ist?«
    Er schüttelte sie ab. »Ich muss es sagen. Kind - Gwennis - du bist meine Tochter, und ich werde dich als solche anerkennen. Ich werde dafür sorgen, dass du eine gute Heirat machst, und dein Sohn wird mein Erbe sein.«
    Domna Calinda half Gwennis auf die Füße. »Genug davon. Komm, Mädchen, du musst schlafen.«
    Gehorsam machte Gwennis einen Schritt weg vom Bett. Sofort schwoll das Summen in ihrem Kopf zu einem Brüllen an, und Gräue hüllte sie ein.
    Als ihr Bewusstsein zurückkehrte, spürte sie sofort, dass die Bettwäsche an ihrer Haut nicht der grobe Stoff aus dem Schlafsaal der Dienstboten war. Sie zögerte, die Augen zu öffnen, denn sie hatte Angst, der Schwindel lauere auf sie. Deshalb lag sie ein paar Sekunden still und lauschte. Jemand, der neben dem Bett saß, wechselte mit raschelnden Röcken die Stellung. Gwennis wusste, bevor sie es sah, dass Domna Calinda da war. Sie befand sich in einem kleinen, aber gut möblierten Zimmer mit verblassten Teppichen an den Wänden und Vorhängen um das Bett, auf dem eine Daunensteppdecke lag. Die Dame sah sie an und hielt eine Tasse mit etwas Heißem.
    »Kannst du dich aufsetzen?«, fragte sie. »Du musst trinken und essen.« Automatisch gehorchte Gwennis ihrer Herrin. Das Zimmer machte einen Satz, und ihr Magen tat es ihm nach. Sie wandte den Kopf von der ihr hingehaltenen Tasse weg.

    »Du musst«, wiederholte die Lady. »Die Anwendung von laran entzieht dem Körper alle Kraft.«
    Das Mädchen nahm die Tasse mit dem dampfenden Rindentee und verzog das Gesicht, stellte aber schon beim ersten Schluck überrascht fest, dass seine Wärme beruhigte. Als sie die Tasse halb leer hatte, wurde ihr nicht mehr übel beim Anblick einer Schüssel Nussbrei mit viel Honig, die ihr als Nächstes angeboten wurde. »Ist es wirklich laran, meine Lady?«
    »Ja, und sehr starkes«, gab sie herb zurück. »Würden andernfalls all diese Umstände gemacht?«
    Langsam wurde Gwennis klar, warum sie in einem eigenen Zimmer lag und von der Dame des

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