Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die freien Amazonen - 3

Die freien Amazonen - 3

Titel: Die freien Amazonen - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
geben!«
    Gwennis folgte ihnen mit ihrem merkwürdig erweiterten Sehvermögen in Lerrys’ Zimmer, wo Mhari am Bett des Jungen weinte. Gwennis spürte die Verletzung des Kindes als ein fernes, dumpf-rotes Pulsieren. Es war, als strecke sie Phantom-Fühler aus und streichele das wehe Glied, bis das Rot zu kühler Klarheit verblasste.
    Dann war sie zurück in dem Bett mit den Vorhängen, fest eingeschlossen in ihrem Körper, und ziellose Empfindungen fluteten wie Wellen über sie hin. Sie sehnte sich, wieder in diesen körperlosen Zustand zu entfliehen, doch sie konnte den Weg nicht finden und fühlte sich gefangen. Lautlos schrie sie ihre Qual hinaus, für wie lange, wusste sie nicht. Endlich fasste eine Hand die ihre.

    Als ihr Kopf sich klärte, war es immer noch dunkel. Domna Calinda, deren Umriss eine einzige Kerze erhellte, saß wieder am Bett.
    »Ich - ich glaube, ich habe Euch gerufen, meine Lady.«
    Domna Calinda nickte. »Ich habe dich gehört, obwohl mein eigenes laran nicht der Rede wert ist.«
    »Es tut mir Leid, dass ich eine solche Plage bin.«
    »Plage?«, schnaubte die Dame. »Mein Bruder hält dich für ein Geschenk vom Herrn des Lichts.«
    »Wie geht es dem kleinen Jungen?«
    »Gut, zumindest im Augenblick.«
    Die Augen niederschlagend, zwang Gwennis sich, ihre neuen Zweifel auszusprechen. » Vai domna , ich bin mir nicht sicher, ob ich einen Edelmann heiraten möchte oder - oder was der vai dom sonst für mich plant.«
    Domna Calindas scharfer Blick verriet Gwennis, die Lady wusste, dass sie den Streit von vorhin belauscht hatte. »Und was möchtest du stattdessen tun, mein Mädchen?«
    »Ich hörte Euch von den Freien Amazonen sprechen - dass sie die Frauen ihr Geschick wählen lassen.«
    »Dann möchtest du zu den Entsagenden gehen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Gwennis. »Als Kriegerin zu leben - und den Männern für immer zu entsagen …« Obwohl, dachte Gwennis, ihre bisherigen Erfahrungen mit Männern in ihr keine große Sehnsucht geweckt hatten, sie besser kennen zu lernen.
    Die Lady sagte mit einem dünnen Lächeln: »Komme ich dir wie eine Schwertfrau vor? Wir üben alle ehrenhaften Berufe aus. Unser ganzes Glaubensbekenntnis besteht darin, dass alle Frauen unterschiedlich sind, ebenso wie die Männer. Du, zum Beispiel, bist vielleicht für die Heilkunst bestimmt.«
    Dieser Gedanke traf Gwennis wie eine Offenbarung; sie hatte sich nie irgendeine besondere Fähigkeit zugetraut. »Meint Ihr, das könnte ich?«

    »Mag sein - wer weiß? Man braucht dazu mehr als nur laran . Was nun die Abwendung von allen Männern betrifft, so ist das auch ein Missverständnis. Viele Entsagende gehen Freipartner-Ehen ein. Wir schwören nur, niemals das Eigentum eines Mannes zu werden oder Kinder für den Stolz eines Hauses oder Clans zu gebären.«
    Gwennis dachte kurz daran, dass Dom Elric, obwohl er es zweifellos gut meinte, sie nur ihres neu entdeckten laran wegen wollte. An ihr selbst war er ebenso wenig interessiert wie ihr Pflegevater. Hier war eine Chance, zu lernen, was dieses Selbst wirklich war. »Ja - ich möchte gern zu ihnen gehen.«
    »Wenn das dein aufrichtiger Wunsch ist, kann ich dir den Weg zum Gildenhaus von Serrais beschreiben. Bringst du es fertig, einen Tag lang allein durch die Gegend zu wandern? Du musst vor Sonnenaufgang gehen, ohne jede Begleitung, sogar ohne ein Reittier, wenn Elric nichts merken soll. Er wird außer sich sein vor Wut, wenn er feststellt, dass du verschwunden bist.«
    Gwennis erkannte die Warnungen als erste Prüfung ihrer Entschlossenheit, ihrer Bereitschaft, ohne den Schutz zu leben, den eine ›schwache Frau‹ normalerweise beanspruchen konnte. (Sie nahm einen kurz aufblitzenden, unausgesprochenen Zweifel wahr: »Dieses Mädchen benimmt sich wie ein Rabbithorn in den Klauen eines Banshees. Das Gildenhaus ist kein Asyl für Unfähigkeit.«) »Ich werde tun, was ich muss, meine Lady. Aber - aber Lerrys. Wenn ich jetzt gehe …«
    »Dann ist er nicht schlimmer dran als in der Zeit, ehe du kamst. Ich bin nicht die Bewahrerin deines Gewissens, Gwennis, aber zweifellos weißt du nicht, wie gefährlich ein unausgebildeter Telepath sein kann. Später magst du in einer Verfassung sein, in der du ihm besser helfen kannst.«
    Zum ersten Mal hatte die Lady sie mit ihrem Eigennamen angeredet. Gwennis warf die Decke zurück und stand auf. Diesmal wurde sie nicht von Schwindel erfasst. »Dann will ich ins Gildenhaus gehen. Und ich werde zurückkommen, falls Dom Elric mich

Weitere Kostenlose Bücher