Die freien Amazonen - 3
»Zwei Linien, Seite an Seite in Gleichheit.
Ich hoffe, sie werden euch an mich erinnern.«
»Verlasst Ihr uns?«, fragte Mhari betrübt.
»Ich muss.« Akiira kniete nieder. »Tretet ein bisschen zurück«, warnte sie, »aber zusehen könnt ihr. Es erfordert eine Menge Konzentration. Wer weiß, vielleicht lande ich nicht an dem Ort, von dem ich gestartet bin, sondern an einem völlig anderen Punkt in Raum und Zeit. Mag sein, dass ich überhaupt nicht mehr nach Hause finde. Wir sind immer noch im Experimentierstadium.« Sie lächelte.
»Ich möchte mich bei euch bedanken. Es ist unmöglich auszudrücken, wie froh ich darüber bin, euch kennen gelernt zu haben.«
» Vai domna …« , begann Mhari.
»Ich glaube, gleich werde ich anfangen zu weinen wie ein Mann …«
»Ja«, sagte Rafael, »wie ein Mann.« Sein Gedanke wurde laut: Nur ein echter Mann weint.
»Vielleicht treffen wir uns eines Tages alle wieder«, sagte Akiira.
»Entweder komme ich zurück, oder ihr lernt das Lichtreisen, und wir sehen uns irgendwo anders. Adelandeyo!«
Akiira Amara, Lord der Imaza-Provinz auf Al Faa, schloss die Augen und konzentrierte sich. Plötzlich verwandelte sich ihr Körper in einen Strahl reinen Lichts und verschwand.
Mhari sah Rafael an. »Haben wir das geträumt?«
Rafael hielt sein Medaillon in der Hand und betrachtete die parallelen Linien. »Ich glaube nicht«, murmelte er. »In Thendara habe ich vor dem Terranischen Raumhafen Dienst getan, und ich habe die Außenweltler gesehen. Manchmal blicke ich zu den Sternen auf …«
»Genauso habe ich es gemacht, wenn ich in Thendara gearbeitet habe!«, rief Mhari aus. »Mein Bruder, wir denken so außerordentlich ähnlich!«
»Und wenn wir es nicht täten«, sagte Rafael, »wenn du nicht fähig gewesen wärest, meine Botschaft zu empfangen, wenn du diese Begabung nicht hättest, die Vater so sehr verachtet, wenn du deiner Außenweltler-Freundin nicht begegnet wärest - « er erschauerte » -
dann wäre aus mir ein Handelsartikel auf dem Markt von Ardcarran geworden!«
»Rafe«, schlug Mhari vor, »ganz gleich, was der Wille unseres Vaters ist, wir müssen in Verbindung bleiben, wir müssen den Rapport aufrechterhalten.«
Rafael nickte. »Das müssen wir. Unser Vater kann Bruder und Schwester nicht voneinander getrennt halten.«
Mhari zog ein kleines Messer aus ihrer Jacke. »Bredu, willst du dein Messer mit mir tauschen?«
»Breda«, begann Rafael. Er vereinigte seine Gedanken mit ihr. Ganz gleich, wohin einer von uns geht, ganz gleich, wie weit wir voneinander getrennt sind, ganz gleich, was irgendjemand sagt, wir sind bredin. Er nahm sein kleines Messer und reichte es Mhari für das ihre.
»Bredu, wohin willst du?«, fragte Mhari.
»Nach Thendara, Mhari, breda, um mich bei der Garde zurückzumelden. Und du?«
»Hierhin und dahin, wie gewöhnlich, um nach Arbeit zu suchen«, antwortete sie.
»Komm doch mit mir nach Thendara«, forderte Rafael sie auf. »Dort wirst du Arbeit finden. Der Raumhafen wächst, und ebenso ist es mit all den Problemen, die damit zusammenhängen. Da sucht immer irgendwer Schutz.«
»Und wenn nicht, kann ich immer Arbeit als Tellerwäscherin bekommen«, meinte Mhari.
»Auf jeden Fall brauche ich einen tüchtigen, starken Leibwächter, der mich auf meinem Weg begleitet«, sagte Rafael. »Denn es könnte ja noch jemand auf die Idee kommen, ich gäbe einen wertvollen Besitz ab.«
»Sieh mal!«, rief Mhari, »die Trockenstädter haben uns ein Geschenk dagelassen.« Sie zeigte auf zwei Pferde, die noch in der Nähe weideten. Kommt her, ihr Schönen, wir tun euch nichts. Sie bestieg eins der Tiere und führte das andere zu Rafael. Bald waren beide, Bruder und Schwester, unter dem mittäglichen Glanz der roten Sonne auf dem Weg nach Thendara.
Über Diana L Paxson und ›Eine Mutter auf der
Suche‹
Diana Paxson sagt oft, wenn man sie fragt, wie sie Schriftstellerin geworden sei, sie habe in die Schriftstellerei ›eingeheiratet‹. Tatsache ist, dass sie meinen Bruder Don geheiratet hat, und nachdem sie viele Jahre lang unter Berufsschriftstellern gelebt hatte, stieg eine begrabene Kreativität auf natürliche Weise an die Oberfläche. Es zeichnet Diana aus, dass sie die einzige Person ist, die in jeder von mir herausgegebenen Anthologie erscheint. Aber das ist kein Nepotismus, ich mag ihre Arbeiten eben sehr. Sicher würden mir ihre Geschichten ebenso gut gefallen, wenn sie am anderen Ende des Landes lebte und wir uns nie von Angesicht
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