Die freien Amazonen - 3
zu Angesicht begegnet wären, aber ich empfinde es als Privileg, ihre Freundin und Schwester zu sein - und in gewissem Maß auch ihr Rollenmodell, wie sie selbst gesagt hat.
Im Augenblick gibt sie Förderunterricht im Lesen und beendet gleichzeitig ihren dritten Roman zu ihrer Fantasy-Serie Westria. Sie hat außerdem einen in der Gegenwart spielenden Fantasy-Roman mit dem Titel Brisingamen (Freyas Halsband) und eine Hand voll ausgezeichneter Kurzgeschichten geschrieben, von denen diese hier die neueste ist. Sie wohnt in meiner Nähe in Berkeley und hat zwei Söhne, den sechzehnjährigen Ian und den elfjährigen Robin.
MZB
Eine Mutter auf der Suche
von Diana L. Paxson
»Caitrin - bist du da drinnen? Du hast Besuch!«
Caitrin fuhr zusammen. Stumpfsinnig starrte sie auf die Ahle, die sie in der Hand hielt. Dann legte sie sie vorsichtig auf den ledernen Packsattel, den sie mit in ihr Zimmer genommen hatte, um ihn zu reparieren. Stelle würde sie schimpfen, dass sie ihrem Kummer so nachgab.
»Caitrin?«
»Ja - ich bin hier.« Mühsam riss sie sich zusammen. Ihre Schwestern im Gildenhaus machten sich bereits Sorgen um sie - sie durfte ihnen keine neue Ursache dazu geben. Nur fiel es ihr so schwer, sich zu konzentrieren, seit man ihr das über Donal gesagt hatte …
Caitrin schloss die Augen, als könne sie damit die letzte Erinnerung an ihn ausschließen. Tränen waren dem Vierjährigen über die runden Wangen gelaufen, und dann hatte sich die Tür seines Vaterhauses zwischen ihnen geschlossen. Mein Baby, dachte sie, ich hätte dich nicht gehen lassen dürfen!
»Wie ist es, kommst du jetzt herunter? Es ist eine Dame mit einer Menge Pelz auf dem Mantel und kupfernen Schnallen.« Tanis Stimme quietschte vor Aufregung. »Sie sagt, du kennst sie, aber sie wollte ihren Namen nicht nennen.«
Caitrin spürte, wie sich etwas in ihr zusammenzog. »Eine Ridenow?« Sie brachte das Wort kaum heraus.
»Könnte sein«, bestätigte Tani fröhlich. »Der Mann, der sie herbegleitet hat, trägt eine Livree in Grün und Gold, und sie hat ingwerfarbenes Haar.«
Caitrin holte tief Atem. »Sag ihr, ich komme gleich.« Sie hörte die Schritte des Mädchens sich den Flur hinunter entfernen. Es war noch ein Glück, dass Tani ihr die Botschaft gebracht hatte und nicht eine der älteren Frauen im Haus, die wussten, was es bedeutete, ein Kind zu verlieren. Caitrin fühlte sich nicht im Stande, ihnen gegenüberzutreten, nicht jetzt, wo sie eine Besucherin empfangen musste, die zu der adligen Verwandtschaft ihres Kindes gehörte.
Sie sah in den trüben Spiegel und versuchte, ihre sandfarbenen Locken zu glätten. Da war ein Fettfleck auf ihrem Hemd, und die weiten Hosen waren reif für die Lumpenkiste. Das war keine Kleidung, um darin Comyn-Damen zu begrüßen. Aber was kam es darauf an?
Caitrin richtete sich auf, band eine Nestel am Ärmel zu und öffnete die Tür. Worauf es ankam, war allein, dass sie hübsch genug gewesen war, um vor neun Jahren beim Festabend die Aufmerksamkeit von Lord Edric Ridenow auf sich zu ziehen und berauscht genug vom Tanz und vom Bergbier, um mit ihm zu schlafen. So war Donal geboren worden.
Und ich wünschte mir ein Kind, erinnerte sie sich mit bitterer Klarheit. Eine kleine Tochter, die Stelle und ich hätten aufziehen können.
Aber es war ein Junge geworden, und sie hatte ihn vor vier Jahren weggegeben, damit er in seines Vaters Haus aufwachsen konnte, und jetzt war er tot. Deshalb machte es kaum etwas aus, was ihre Besucherin von ihr dachte.
Caitrin stieg die Treppe hinunter. Sie fror, denn der Sommer war kühl, und sie überlegte, ob sie in ihr Zimmer zurückkehren und einen Schal holen solle. Aber dazu fehlte es ihr an Energie, und sie wusste, dass im Besucherraum ein Feuer brennen würde.
Ihre Besucherin saß an diesem Feuer und arbeitete mit großer Konzentration an einer Stickerei, die sie ihrer Tasche entnommen hatte. Caitrin ließ die Tür hinter sich zufallen und betrachtete die Fremde verwundert. Eine Comyn-Lady mochte sie ja sein, aber sie war noch ein Mädchen.
Das Schloss rastete mit scharfem Klicken ein. Das Mädchen fuhr herum, und Caitrin runzelte die Stirn. Dieses Kind war offensichtlich eine Ridenow, aber keine, die sie kannte …
»Domna?« Die Frage lag in Caitrins Ton.
Das Comyn-Mädchen stand auf. »Ihr erinnert Euch nicht an mich?
Nun, es ist auch schon vier Jahre her, und seit damals bin ich sehr gewachsen.«
Unwillkürlich machte Caitrin einen Schritt vorwärts. Sie
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