Die freien Amazonen - 3
der anderen Seite des Feuers her. »Mein Vater hat Reisen gemacht und versteht, dass beide ihren Wert haben, aber meine Mutter …« Sie brach ab. »So viele Leute glauben, wer von einem anderen Planeten kommt, müsse eine Art Ungeheuer sein …«
Stelle grinste. »Wahrscheinlich denken die Waldläufer so von uns.«
»Das sagt mein Onkel Lerrys immer«, erwiderte Kiera.
Caitrin beobachtete sie. Das flackernde Licht verwandelte ihr Kindergesicht zu dem einer erwachsenen Frau und wieder zurück.
Ich hätte sie nicht mitkommen lassen dürfen, dachte Caitrin.
Aber Kiera war ebenso hartnäckig gewesen wie Stelle. Caitrin grauste es im Gedanken daran, was Edric tun würde, wenn sie eines seiner legitimen Kinder bei dem Versuch verlor, sein Nedestro-Kind zu retten, auch wenn das ein Sohn war. Comyn -Blut war zu wertvoll, als dass man es aufs Spiel setzen durfte.
Aber das war genau der Grund, warum sie Kiera hatte mitnehmen müssen. Das Mädchen wusste nicht nur, was Lerrys Ridenow über seine eigenen Abenteuer in diesem Land erzählt hatte, einschließlich ein paar Wörter in der Sprache der Waldläufer, es war auch ihr Rapport mit Donal, der sie zu ihm führen würde.
»Und sogar meine Kinderfrau pflegte schreckliche Dinge über euch alle zu erzählen, aber als Ihr Donal in unser Haus brachtet, kamt Ihr mir gar nicht seltsam vor. Ich verstand damals nur nicht, wie Ihr es über Euch bringen konntet, auf Euer Kind zu verzichten.« Sie setzte hinzu: »Warum habt ihr euch entschieden, Freie Amazonen zu werden? Weil ihr nur auf diese Weise zusammenleben könnt?«
Caitrin wandte ihr Gesicht ab, um die aufquellenden Tränen zu verbergen. Verstehst du das, Kind?, fragte sie stumm. Ich nicht. Jetzt nicht mehr. Stelle drückte ihr tröstend den Arm und erzählte Kiera dann, wie sie sich gewünscht habe, Heilerin zu werden, und wie Caitrin gern als Bergführerin gearbeitet hätte, frei von der Verantwortung, die Mann und Familie einer Frau auferlegen. Sie hatten sich im Gildenhaus kennen gelernt, und dann war dieser Grund dazugekommen.
Kiera ist beinahe alt genug, um den Eid der Entsagenden abzulegen oder zu heiraten, dachte Caitrin. Hätte ich diesen Weg gewählt, wenn ich gewusst hätte, welchen Preis ich dafür würde bezahlen müssen? Hätte ich nicht lieber auf meine Freiheit - und sogar auf Stelle verzichtet?
Caitrin sah zu der Plattform aus geflochtenen Zweigen hoch, die durch die dichten Blätter kaum zu erkennen war. Das Flechtwerk schwankte und zitterte, als bewege sich da oben etwas. Schwach klangen Stimmen herunter, die wie Vogelgezwitscher waren. Caitrin rückte ein bisschen näher an einen der gewaltigen Baumstämme heran, die die Plattform stützten, und zuckte zusammen, als sie das Gewicht auf den linken Fuß verlagerte. Sie hätte Stelle bitten sollen, sich die Wunde noch einmal anzusehen. Aber das hatte Zeit bis später. Wenn sie Donal zurückhatten.
Es hatte sie eine Woche gekostet, diesen Ort zu finden, wobei sie Kieras Instinkt und einer ungenauen Karte gefolgt waren, die Stelle aus dem terranischen Archiv kopiert hatte.
In einem langen Seufzer stieß Caitrin den Atem aus. »Kiera«, fragte sie leise, »bist du sicher, dass Donal hier ist?«
Das Comyn-Mädchen fasste in den Ausschnitt seiner Jacke und zog den blauen Kristall aus seinem seidenen Beutel. Sie blickte hinein, schüttelte den Kopf ein wenig, als wolle sie ihre Gedanken klären, und sah wieder hinein.
»Ja …«, sagte sie langsam. »Es ist sehr stark. Donal ist aufgeregt - sie wollen, dass er etwas isst, und er findet es eklig. Er weint - jetzt haben sie es ihm auf die Lippen geschmiert, und er leckt sie ab - oh! Es schmeckt gut!« Sie lachte, und Caitrin lachte auch.
Wie von dem Laut erschreckt, holte Kiera rasch Atem, blinzelte und ließ den Sternenstein in den Beutel zurückgleiten.
»Schön«, meinte die praktische Stelle, »und was tun wir jetzt?«
Die Zweige über ihnen zitterten, und Caitrin sah leuchtende rote Augen durch die Blätter lugen. »Kiera - einer von ihnen ist da oben …
Kannst du ihn begrüßen? Sag ihm, dass wir Freunde sind. Vielleicht ist jemand da, der casta spricht.«
Kiera nickte, räusperte sich und trillerte ein paar Töne. Es hörte sich hübsch an, und offenbar war es richtig. Die Augen verschwanden, einer der Waldläufer schwang sich bald darauf durch die Äste und machte ein paar Fuß über ihren Köpfen Halt.
Caitrin starrte ihn an und ermahnte sich, dass dieser kindergroße Körper, wie der eines
Weitere Kostenlose Bücher