Die freien Amazonen - 3
Licht des Mondes ein, als sei er von ihm abgesplittert. Dann legte Kiera ihn auf ihre Handfläche, und er glühte mit seinem eigenen wirbelnden Feuer.
Die Waldläuferfrauen zwitscherten und wichen zurück. Kieras Finger schlossen sich um den Stein. Sie atmete rasch.
»Es ist jetzt stärker …«, sagte sie. »Sie haben schon von Sternensteinen gehört. Sie glauben, ich sei eins von den chieri …«
Und so Unrecht hatten sie damit gar nicht, dachte Caitrin, der die Legenden über die Comyn einfielen. »Kannst du ihnen deine Gedanken zusenden?«, flüsterte sie. »Versuche es! Sag ihnen, dass wir fähig sind, uns zu verteidigen, aber ihnen nichts Böses wollen.«
Kiera konzentrierte sich stirnrunzelnd. »Sie wollen wissen, warum wir gekommen sind.«
Stelle war aufgestanden und zu ihnen getreten. »Wir sind gekommen, um zu heilen …«
Caitrin hinkte nach vorn und wiegte pantomimisch ein Kind in ihren Armen. »Wir sind gekommen, um mein Kind zu holen!«
Wie zur Antwort wich der Kreis vor ihr zurück. Die Waldläuferfrauen sahen zum Wasserfall hin. Caitrin folgte der Richtung ihrer Blicke und entdeckte, dass dahinter eine Höhle war, und in dieser Dunkelheit regte sich etwas.
Die Waldläuferfrauen begannen einen langsamen, summenden Gesang. Etwas kam den Weg vom Wasserfall herunter, etwas, das glühte.
Caitrin spürte, wie sich die Haare auf ihrem Kopf und ihren Armen aufrichteten. Sie strengte ihre Augen an, und allmählich erkannte sie eine Waldläuferfrau, die sich mit der vorsichtigen Würde des Alters bewegte und in einem Mantel aus Vogelfedern herrlich anzusehen war. Das Licht kam von dem Feuertopf, den sie in den Armen hielt.
»Feuer …«, flüsterte Kiera. »Sie ist die Bewahrerin des heiligen Feuers. Sie benutzen es, aber sie fürchten es immer noch und lassen es nur hier brennen, in der Nähe des Wassers und mit der ältesten Frau des Stammes als Hüterin.«
Die Priesterin stieg langsam den Pfad hinunter und blieb am Rand des Lichtscheins stehen, den das Lagerfeuer warf. Sie hob die Hand, und der Gesang verstummte abrupt. Das nun folgende Schweigen wurde von einer stakkato gesprochenen Rede gebrochen, die eine Frage enthielt.
»Sag ihr, dass auch wir Priesterinnen des Feuers sind und dass wir unser Kind haben wollen«, bat Caitrin. Kiera nickte und konzentrierte sich auf ihren Kristall. Eine Sekunde lang verfing sich Caitrins Blick in seinem wirbelnden Feuer, dann wandte sie benommen den Kopf ab.
Am liebsten hätte sie diese nichtmenschlichen Gesichter angebrüllt, hätte ihnen gedroht, dass sie den Wald anstecken würde, wenn sie ihr ihren Sohn nicht zurückgaben - aber dieser Ort machte ein solches Sakrileg unmöglich. Sie trat vor die alte Priesterin und streckte beide Arme aus.
»Alte Mutter …«, rief sie, »wer unter euch trauerte nicht, wenn ihr Kind in weiter Ferne gefangen gehalten würde? Gib mir meinen Jungen, ich bitte dich inständig - gib mir mein Kind!«
Wieder wurde gezwitschert, dann war al es stil . Nach einer Weile berührte Kiera ihren Arm. »Sie sagen, der Junge müsse entscheiden …«
Caitrin drehte sich auf die Seite und öffnete die Augen. Das letzte Mal, als sie das getan hatte, war nichts als die formlose Gräue der Stunde vor dem Sonnenaufgang zu sehen gewesen, aber jetzt hatte das rosige Licht des Morgens sie ersetzt. Im Norden schlugen die ersten Strahlen der roten Sonne Feuer aus den Schneefeldern des Walles um die Welt. Die malvenfarbene Idriel stand dicht über dem Horizont, und im Wald stimmten die Vögel sich für ihren Morgengesang ein.
Es ist Morgen … dachte Caitrin, den Blick zu dem heller werdenden Himmel erhoben. Bald werden sie Donal bringen. Sie setzte sich hoch und gab dabei auf ihren verbundenen Fuß Acht, obwohl Stelles Behandlung ihm bereits geholfen zu haben schien. Stelle und Kiera lagen noch immer im Schlaf der Erschöpfung zusammengerollt neben ihr. Aber sie selbst war trotz ihrer Müdigkeit nicht im Stande gewesen, richtig zu schlafen, und jetzt war es ihr ganz unmöglich.
Ein rosiger Schimmer versteckte die Dunkelheit des Teiches. Die aufgehende Sonne verkupferte die Baumwipfel, und dann fielen ihre ersten Strahlen auf die Farne, die die Strecke zwischen dem Wald und dem Teich bedeckten, und auf die Schlingpflanzen mit ihren kleinen weißen Blüten.
Jetzt erkannte Caitrin, dass ein Weg durch das Farnkraut führte.
Zwei helle Gestalten saßen daneben - ihre Wächterinnen. Gerade standen sie auf, und Caitrin fragte sich, ob sie sie durch
Weitere Kostenlose Bücher