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Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)

Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)

Titel: Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Vagner
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Und sie fühlt etwas, das ihr ein wenig Angst macht: Der Pfarrer wird sich
in sie verlieben! Und wäre ihre Aufgabe hier schon beendet, sie würde
wahrscheinlich ihre Sachen packen und weiterziehen. Doch noch ist es nicht
soweit. Noch ist völlig offen, auf welche Weise sich ihr Auftrag hier erfüllen
wird.
    Der Pfarrer war unsicher und
verlegen. Er muss sich, so fühlt Miriam, auf eine Seite stellen, die er im
Innersten vielleicht gar nicht vertritt. Wahrscheinlich nicht wenige junge
Geistliche der Katholischen Kirche denken und fühlen heute zum Teil anders, als
sie, den Überlieferungen zufolge, handeln müssen. Gerade junge Geistliche, die
heute via Internet und anderer Medien jederzeit über ihre Glaubensgrenzen
hinausblicken können, erkennen vielleicht, dass es viel mehr Wahrheiten gibt,
als man ihnen in den Priesterseminaren eingepaukt hat. Das gilt natürlich in
keinem geringeren Maße auch für alle anderen Konfessionen und Religionen, und
letzthin auch für Miriam selbst. Alle begehen wir den Fehler, denkt sie, dass
wir meinen, den einzigen und wahren Glauben gefunden zu haben, und sei es auch
nur der Glaube an die Wissenschaft, den Angnostizismus oder den Atheismus. Bis
zu einem gewissen Grad ist das ja in Ordnung so, um nicht in Beliebigkeit zu
verfallen, doch sollten wir uns alle eine Ecke in unserem Bewusstsein
reservieren für das Andere, für das, was uns überrascht, was unbekannterweise
an uns herantritt und Einlass begehrt. In dieser Ecke unseres Bewusstseins
sollten wir offen unsere Gäste empfangen, ihnen zuhören, und versuchen, ein
neues Stück von der Wahrheit entgegen zu nehmen und zu integrieren. Satprem hat
einmal in einer Sri-Aurobindo-Biografie geschrieben: „Die Wahrheit hat Beine“.
Sobald wir meinen, sie erwischt zu haben, läuft sie auch schon wieder ein Stück
voraus, und wir müssen uns erneut bemühen, sie wieder zu erhaschen. Und das ist
eines der Kardinalprobleme so großer Organisationen wie der Katholischen oder
der Evangelischen Kirche. Die Tradition ist ein wichtiger Faktor, der hilft,
solche Organisationen am Leben zu erhalten. Andererseits: Dieselbe abgelebte
und kaum je aufgefrischte Tradition führt dazu, dass Gott von vielen Menschen
gar nicht mehr erkannt und gespürt wird. Sie beten vielleicht ein Buch oder ein
Kreuz oder irgend ein Symbol an. Doch spüren sie auch alle, wer oder was
dahinter steht? Spüren sie es wirklich? Nicht nur angelernter oder anerzogener
Weise? Und ist es nicht das Allerwichtigste, zu spüren, woran man glaubt, und
nicht nur Gebote zu befolgen, die einem den Platz in irgend einem Himmel
verheißen?
    Der schwarzweiße Igor springt
Miriam in den Schoß und rollt sich schnurrend zusammen.
    Der naive Glaube an einen Gott
irgendwo im Himmel, mit langem, weißem Bart und so weiter, lässt sich,
zumindest in unsern Breiten und Zeiten ohnehin nicht mehr vermitteln. Doch wie
schwer wohl ist es erst zu vermitteln, dass sich die Götter mit der Zeit und
mit den Menschen ändern! Wie schwer ist es zu vermitteln, dass sich auch
Wahrheiten und Realitäten ändern! Was gestern noch der Wahrheit entsprach, kann
heute schon wieder ganz anders aussehen. Die Welt war einstmals eine andere. An
jedem Punkt unserer bisherigen Geschichte glaubten wir felsenfest, über ein
halbwegs gesichertes Bild unserer Welt zu verfügen. Die Sphärologie der Welt
hat sich indes schon tausende Male verändert. Heute stellen Wissenschaftler
längst in Zweifel, ob die Welt, wie wir sie wahrnehmen, überhaupt real
existiert! Wie wird unser Bild der Welt in hundert oder zweihundert Jahren
aussehen - und welche Bedeutung wird dann unser heutiges, so gesichertes
Weltbild haben? Werden künftige Menschen über all das lachen, was wir heute
stolz für die wesentlichen Erkenntnisse unserer Zeit halten? Ebenso, wie wir es
mit so manchen Erkenntnissen vergangener Jahrhunderte tun? Wenn sich die
Tendenz fortsetzt, ist das zu erwarten.
    Wir haben, so scheint es, trotz
der Erkenntnisse von Kant bis zur modernen Quantenphysik, noch immer nicht wirklich
begriffen, dass unser Bild von der Welt wandelbar ist und immer subjektiv
bleiben wird. Dass es eine enge Verbindung zwischen der Entwicklung unserer
Psyche und der Entwicklung des Universums gibt. Das Universum ist zwar uralt,
zugleich jedoch hat es sich wahrscheinlich auch immer wieder verändert. Wir
können heute, so sagen die Astronomen sehr stolz, viele Milliarden Jahre in die
Vergangenheit zurückblicken, indem wir den „Rand des

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