Die Frequenz: Thriller (German Edition)
hat.«
»Er ist besessen«, meinte Helena. »Man sieht es ihm an den Augen an.«
»Visblat brauchte mich für irgendetwas. Das weiß ich. Sonst hätte er nicht so viel Ärger auf sich genommen, um mich zu schnappen. Ich verstehe das nicht.«
»Er wollte mich erschießen«, erklärte Helena und fuhr sich frustriert durch die Haare. »Ich konnte einfach nicht abdrücken.« Visblats furchterregender Blick trat ihr wieder vor Augen, und ihr brach der kalte Schweiß aus. »Ich weiß nicht, wie das passiert ist.« Ihr Atem ging flacher, als sie das Gesicht ihrer Mutter vor sich sah. »Ich war wie gelähmt«, murmelte sie.
Wilson hockte sich auf die Knie. »Sie können nichts dafür. Seine Augen wurden modifiziert. Sie hätten ihn nicht erschießen können, selbst wenn Sie gewollt hätten.«
»Er ist nur ein Mensch!«, erwiderte Helena zornig. »Ich hätte Sie doch beschützen können müssen.« Jeder Muskel ihres Körpers war angespannt. »Ich wusste, dass er schießen würde, aber ich konnte nichts tun!« Sie spürte noch den Abzug am Finger, die Kälte des Stahls. Das war genau die Situation, die sie nie wieder hatte zulassen wollen.
Wilson tat sein Bestes, um die Sache mit Visblats optischen Trakenoiden zu erklären und was beim Militär getan worden war, um das Verfahren zu verfeinern. »Sie hätten gar nichts tun können«, versicherte er noch einmal, doch sie ließ sich nicht beruhigen.
»Das spielt alles keine Rolle. Ich hätte es nicht geschehen lassen dürfen.« Ihr Ton wurde plötzlich vorwurfsvoll. »Visblat aus der Zukunft, und Sie behaupten, Sie hätten ihn noch nie gesehen! Er schien Sie zu kennen! Wie viele Zeitreisende sind eigentlich hier?«
»Offenbar einige«, antwortete Wilson sarkastisch. »Und ich bin übrigens ziemlich sicher, dass ich mich an diesen Burschen erinnern würde … Schließlich ist er nicht gerade eine Schönheit.«
Wilsons Blick fiel auf die Grundmauer der Pyramide hinter ihnen. »Haben Sie das gesehen?«, fragte er. Eine glatte schwarze Scheibe aus einer Art Keramik war in Brusthöhe freigelegt worden. Während der folgenden Minuten untersuchte er minutiös die umliegenden Steinquader, um nichts zu übersehen.
Helena nährte derweil ihren Zorn. »Wie hieß denn das Codewort«, fragte sie, »das Barton Ihnen genannt hat?«
»Das habe ich erfunden.«
Sie sah ihn verwirrt an. »Erfunden?«
»Ja.«
»Es gibt gar kein Codewort?«
»Richtig.«
»Woher wussten Sie dann, dass Visblat log?«
»Ich kann Ihnen eines garantieren: Barton hat ihn bestimmt nicht hergeschickt. Wenn er das getan hätte, hätte Visblat gewusst, dass der Zufall ein Wegweiser des Schicksals ist. Diese dumme Bemerkung habe ich zwei Wochen lang zehnmal am Tag zu hören bekommen. Wie auch immer … Visblat behauptete, Bartons Leben würde davon abhängen, dass das zweite Portal offen bleibt. Das leuchtete mir nicht ein … auch jetzt noch nicht.«
Wie Helena ihn dort stehen sah, verspürte sie plötzlich das Verlangen, sich zu kneifen. Er war am Leben, direkt vor ihr, mit offenem Hemd und so großspurig, als wäre nichts geschehen. Seine Hose war an der linken Seite blutverkrustet, aber sonst sah er gut aus. Das war bemerkenswert.
»Mal sehen, was passiert, hm?« Furchtlos stieß Wilson gegen die schwarze Keramikscheibe. Ein lautes Knirschen war zu hören, als würden Felsen aufeinandermahlen.
»Warum haben Sie das getan?«, fragte Helena aufgeregt und blickte nach rechts und links. »Immer wenn Sie etwas anfassen, gibt es ein Erdbeben!« Sie sah zu den zackigen Rändern der Höhlendecke und wartete, dass etwas Schreckliches passierte.
Doch es rieselte nur harmlos aussehender weißer Sand aus zwei schrägen, zwei Meter langen Spalten im Mauerwerk. Innerhalb weniger Augenblicke bekam der Steinblock dazwischen Risse und zerbröckelte, bis ein dreieckiger Durchgang freigelegt war, aus dem ein kalter Luftzug wehte.
»Sie machen sich zu viele Sorgen«, meinte Wilson.
»Versprechen Sie mir nur, dass Sie nichts mehr anfassen, bitte.« Leise zischend entzündete sich eine weitere Reihe von Lampen und beleuchtete eine steile, schmale Treppe, die aufwärts in die Pyramide führte.
»Dann sollte ich Ihnen wahrscheinlich nicht von der Portalkammer erzählen«, sagte er. Ohne auf eine Reaktion zu warten, nahm er Helena an der Hand und zog sie den V-förmigen Treppenaufgang hinauf. Sie gingen mindestens hundert Stufen; dann bog der Gang nach links ab, wo ihnen ein grell weißes Licht entgegenschien.
Als sie bei
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