Die Frequenz: Thriller (German Edition)
erklang.
Luftverkehrskontrolle
Houston Intercontinental Airport
27. November 2012
Ortszeit: 6.45 Uhr
Unternehmen Jesaja – dritter Tag
Ein Team von sechs Männern und Frauen umringte eines der vielen runden Überwachungspulte in der Houstoner Luftverkehrskontrolle. Der große Bildschirm wies sämtliche Flugbewegungen über den Vereinigten Staaten aus. Zahlreiche kleine, grüne Quadrate und dünne Linien mit Daten waren darauf zu sehen – Flugnummern, Flugzeugtypen, Zielflughafen –, die sich langsam in verschiedene Richtungen bewegten. Doch alle Augen achteten nur auf die Bewegung einer einzigen Maschine: die rot markierte Texas Air Saab 340.
»Das können keine Terroristen sein«, meinte ein Fluglotse. Er hatte vier Kugelschreiber in der Brusttasche. »Sie fliegen aufs offene Meer zu.«
»Wir sollten nichts ausschließen«, erwiderte der Chef der Flugverkehrskontrolle. Er war der Einzige, der einen Anzug trug.
»Die Fluggeschwindigkeit sinkt«, sagte einer der Flugkoordinatoren. »Er verliert an Höhe.«
»Da stimmt etwas nicht. Ich verliere ihn«, sagte ein anderer.
»Wenn er unter fünfhundert Fuß sinkt, haben wir ihn nicht mehr auf dem Radar.«
Der Fluglotse zeigte auf den Kenncode. »Da. Wir haben noch sein Transpondersignal. Keine Sorge. Er fliegt Nordnordost, aber Sie haben recht, er verliert beträchtlich an Höhe.«
Das rote Transpondersymbol verschwand plötzlich. Die Umstehenden blickten sich an. Das Flugzeug war verschwunden.
»Sie müssen abgestürzt sein!«, sagte jemand.
»Informieren Sie sofort die Küstenwache.« Der Chef der Luftverkehrskontrolle wischte sich nervös die Stirn. »Machen Sie schnell!«
Über dem Golf von Mexiko
Saab 340 Turboprop
27. November 2012
Ortszeit: 6.46 Uhr
Unternehmen Jesaja – dritter Tag
Wilson zog die Sicherung des Transponders ab und warf sie beiläufig über die Schulter. »Die brauchen wir nicht mehr.« Er zog den Steuerknüppel wieder zurück, und das Flugzeug flog waagerecht nach Südosten über das glasige Wasser. Wilson wusste, dass in dieser Höhe ihre Höchstgeschwindigkeit begrenzt und ihre Reichweite gefährdet war, aber das war der Preis dafür, dass sie vom Radar verschwunden waren.
Die Sonne stieg über den Horizont, und ein goldener Schein milderte das Licht nach allen Seiten. Wilson blickte Helena an, die gehörig schockiert war.
»Sie müssen mir einen Gefallen tun«, sagte er. »Ich möchte, dass Sie für einen Augenblick das Ruder übernehmen.« Dabei schaltete er den Autopiloten ein, damit das Flugzeug nicht unter hundert Fuß sank.
Helena blickte ihn empört an. »Das soll wohl ein Witz sein!«
»Halten Sie es nur ruhig. Wenn Sie meinen, dass Sie wo gegenfliegen, brauchen Sie den Knüppel nur zurückzuziehen. Ist ganz leicht.«
»Auf keinen Fall!«
»Ich bitte Sie nur um einen Gefallen.«
»Sie sind nicht in der Position, mich um irgendetwas zu bitten!« Wilson ließ den Steuerknüppel los, und das Flugzeug neigte sich langsam nach links. »Halten Sie ihn fest«, schrie Helena, doch Wilson lächelte bloß und rührte keinen Finger. Die Tragflächen neigten sich weiter. Da sie keine andere Wahl hatte, schob Helena ihren Revolver unter den linken Oberschenkel, fasste beide Griffe und richtete das Flugzeug aus.
»So ist’s besser, nicht wahr?«, sagte er.
»Steuern Sie!«, rief Helena.
»Nein.«
»Los! Wir stürzen sonst ab!«
»Sie machen das ganz prima.«
»Übernehmen Sie es wieder!«
Er schnallte sich ab und stand auf. »War ein schrecklicher Tag heute, finden Sie nicht?«
»Sie sind ein Arschloch!«
»Wenn Sie meinen.« Wilson erklärte ihr, was sie wissen musste, ohne auf den Autopiloten einzugehen; dann zeigte er auf den Höhenmesser. »Sorgen Sie dafür, dass wir unter dreihundert Fuß bleiben, sonst erscheinen wir auf irgendeinem Radar. Und Sie wissen ja – das wollen wir nicht.«
»Ich kenne mich doch gar nicht aus.«
»Sie fliegen die Kiste bereits«, meinte er ermunternd. »Nur Mut.«
Helena saß vor den Instrumenten einer Propellermaschine und flog mit 250 km/h über die Meeresoberfläche. In diesem Moment stieg ein leuchtender Ball über den Horizont und überflutete das Wasser mit hellem Gold. In gewisser Weise war Helena da, wo sie sein wollte, zum ersten Mal seit vielen Monaten. Ihre Suche war vorbei, und die Erklärung für alles war greifbar nahe.
Es war verrückt, aber sie lächelte.
Wilson zeigte durch die Windschutzscheibe. »Fliegen Sie weiter in die Sonne. Das bringt uns nach
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