Die Frequenz: Thriller (German Edition)
Offenbar war seine Entscheidung, noch einmal über die Stadt zu fliegen, schlecht gewesen.
Die Fluggeschwindigkeit nahm rapide ab, und Wilson drückte den Steuerknüppel nach vorn. Ihm blieb nichts anderes übrig, als den Anflug steiler zu machen. Sie näherten sich den Baumwipfeln. Alles ging rasend schnell. Der Platz geriet hinter den Bäumen außer Sicht.
»Schrecklich, Wilson. Einfach schrecklich!«, rief Helena aus.
Der Regen prasselte heftig gegen die Scheibe.
Der Wind pfiff über die Tragflächen.
Mit groteskem, blechernem Kratzen tauchte das Flugzeug in das obere Laubwerk der Bäume ein und rasierte die Wipfel ab. Äste schlugen gegen den Rumpf. Dann stieß der Bug ins Freie, gefolgt vom Fahrgestell, das den letzten Baum mit beträchtlicher Wucht traf. Wilson und Helena wurden gegen ihre Gurte geschleudert, als die Maschine durch krachende Äste und wirbelnde Blätter ins Freie brach.
Indem er die Fußpedale durchtrat, versuchte Wilson das Flugzeug auf Kurs zu halten, das mit wahnsinniger Geschwindigkeit über das klitschnasse Gras schleuderte. Sie sausten an der großen Pyramide und dem Kriegertempel vorbei.
Sie waren viel zu schnell!
Am Ende des Platzes ragte eine dicke Steinmauer auf.
»Nicht gut«, wiederholte Helena in einem fort, doch sie flüsterte nur noch. Zu allem Überfluss schob sich, in roten Dunst getaucht, ein Blick durch Wilsons Augen vor ihr Gesichtsfeld.
Die Kabine ratterte und hüpfte über den Platz.
Wilson brüllte: »Komm schon!«, als forderte er einen unsichtbaren Gegner heraus.
Die Saab 340 traf einen Bewässerungsgraben, der halb voll Wasser stand, und verlor das Bugrad, als die Spitze in den aufgeweichten Boden tauchte. Glas splitterte. Schlamm spritzte über die Windschutzscheibe. Eine gewaltige Erschütterung durchlief den beschädigten oberen Rumpf.
Wilson, jetzt nur noch Passagier, sah die Mauer auf sich zukommen. Sie bestand aus dicken Steinblöcken.
Das Flugzeug wurde langsamer – aber würde es rechtzeitig zum Stehen kommen?
Es drückte eine immer tiefere Furche in den Boden. Braunes Wasser spritzte unaufhörlich gegen die Scheibe. Die Maschine prallte gegen eine zweite Böschung; die Kabine kreischte und buckelte. Dann, es fehlten nur Zentimeter, blieb sie liegen, mit der Windschutzscheibe vor der Mauer.
Alles war still.
Zu seiner Mitreisenden gewandt, setzte Wilson ein breites Grinsen auf. »Perfekt, was?«
Helena schlug die Hände vors Gesicht. »O Gott!«
»Na gut, fast perfekt.«
Die vordere Tür des verstümmelten Flugzeugs schwang auf, und Wilson streckte den Kopf ins Freie. »Ich hab ja gesagt, es geht gut.« Ein feiner Regenschleier sprühte ihm auf die Haut.
»Eigentlich müssten wir jetzt tot sein«, stellte Helena fest. Sie war überhaupt nicht beeindruckt – zumindest wollte sie Wilson das glauben lassen. »Sie sind wahnsinnig. Sie müssen wahnsinnig sein.« Ihre telepathische Verbindung war wieder abgerissen, die – wie Helena nun erkannte – offenbar durch lebensbedrohliche Situationen ausgelöst wurde, von denen Wilson in letzter Zeit mehr als genug erlebt hatte.
Eine begeisterte Esther sprang ins nasse Gras. Der Hund war entzückt, festen Boden unter den Pfoten zu haben, als wüsste auch er, welches Glück sie gehabt hatten.
»Wir leben noch, oder?«, hielt Wilson ihr entgegen.
»Sie sind wahnsinnig!«
»Wer ein Omelett braten will, muss ein paar Eier zerbrechen.« Das war ein französisches Sprichwort, das Professor Author zitierte, wenn er etwas kaputt gemacht hatte. Wilson hatte es oft gehört.
»Das hier ist mehr als ein paar aufgeschlagene Eier.«
Wilson sah zum dunklen Himmel auf; dann blickte er zu den Ruinen hinüber. »Hoffentlich hält das miese Wetter die Touristen fern.« Es war keine Menschenseele zu sehen. Ungewöhnlich für diese Jahreszeit, so kurz vor der Hauptsaison. Wilson nahm eine Stablampe von der Wand und reichte sie Helena. »Halten Sie mal bitte.« Er kramte in der Bordküche und stopfte sich dabei die Taschen mit Keksen voll. Endlich fand er, was er gesucht hatte: eine armlange Eisenstange, mit der die Trolleys gesichert wurden. Sie war ziemlich schwer.
Helena gab ihm die Stablampe zurück. »Ich komme nicht mit.«
Wilson überlegte kurz. »Soll mir recht sein«, sagte er und sprang durch die Tür ins Gras.
»Himmel, Wilson! Was tun wir hier? Sagen Sie es mir!«, verlangte Helena. Da keine Antwort kam, folgte sie ihm widerwillig nach draußen. Der Geruch des Dschungels stieg ihr in die Nase, und sie
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