Die Frequenz: Thriller (German Edition)
der Behauptung deutlich machen sollte.
»Ja. Ich glaube, dass Sie es vielleicht sind.«
Es war das Vielleicht, das bei Wilson hängenblieb. Nacheinander ging er seine Optionen durch. Eins: Barton war total verrückt. Zwei: Enterprise Corporation war doch hinter der Omega-Programmierung her – aber das hielt er für eher unwahrscheinlich. Drei: Professor Author hatte ihm das Gehirn püriert, und er bildete sich das alles nur ein. Und schließlich vier: Barton sagte die Wahrheit. Wilson dachte einen Moment nach. Das erschreckendste Szenario war Option vier.
»Verhandeln wir noch einmal neu«, verlangte Wilson. Es war Zeit, die Hürde höher zu legen, um zu sehen, wie Barton reagierte. »Erinnern Sie sich an den Rembrandt in Etage drei? Das schlafende Baby mit seiner Mutter? Das Gemälde lege ich auf die Bezahlung drauf.«
Über dem Golf von Mexiko
Saab 340 Turboprop
27. November 2012
Ortszeit: 7.55 Uhr
Unternehmen Jesaja – dritter Tag
Ein plötzlicher Ruck riss Wilson in die Wirklichkeit zurück.
Er setzte die Sonnenbrille auf, trat aus dem Waschraum und ging zurück ins Cockpit. Die Turbulenzen schienen stärker zu werden, und er musste sich gegen die Bewegungen des Flugzeugs stemmen. Er tätschelte Esther den Kopf, als er an die schmale Türöffnung kam. Der Hund wirkte unter den gegebenen Umständen recht zufrieden und völlig unbeeindruckt von dem, was vorging.
Die Morgensonne war vom Horizont verschwunden, stattdessen türmten sich Wolkenberge auf. Das Wetter war rasch umgeschlagen. Helenas Fingerknöchel waren weiß vor Anspannung, während sie die Turboprop einem Sturm entgegensteuerte. Sie hatte Mühe, die Fassung zu wahren.
Wilson glitt an ihr vorbei und sprang in den Pilotensitz.
»Das wurde aber auch Zeit!«, fuhr sie ihn an.
Wilson schnallte sich an. »Das sieht nach einem Höllenspaß aus.« Das Flugzeug hüpfte und sackte mitunter hundert Fuß ab.
»Ich dachte, Sie kommen gar nicht wieder!«
Manchmal flogen sie so tief, dass Wilson den Schaum auf den Wellen sehen konnte. »Vielleicht sollte ich jetzt das Ruder übernehmen«, sagte er trocken. »Wo Sie gar keinen Pilotenschein haben.«
Helena schoss ihm einen funkelnden Blick zu. »Der Sturm war plötzlich da! Es war unmöglich, das Flugzeug ruhig zu halten. Und dann kommen Sie und machen Witze.«
»Sie haben Esther zu Tode erschreckt. Sehen Sie nur, das arme Tier ist völlig durcheinander.« Wilson zog den Steuerknüppel sanft zurück, und die Saab 340 gewann rasch an Höhe.
Helena verstand nicht, was Wilson tat. Sie war vierzig Minuten lang unter dreihundert Fuß geblieben. »Was ist mit dem Radar? Wir müssen doch unter dem Radar bleiben.«
»Wir sind jetzt von allem meilenweit weg.« Wilson schaute über die Armaturen. »Hier draußen gibt es keinen Radar, das versichere ich Ihnen.«
»Wissen Sie, wie stressig es ist, so tief zu fliegen?«
»Sie haben das großartig gemacht.«
Helena nahm ihre Waffe und drückte sie Wilson an die Schläfe. »Es ist Zeit, dass Sie mir meine Fragen beantworten!« Sie zwang seinen Kopf zur Seite.
»Glauben Sie nicht, dass es bessere Mittel gibt?«, erwiderte er.
»Von jetzt an stelle ich die Fragen, und Sie geben Antwort! Also, wer sind Sie eigentlich? Und was tun wir hier?«
Wilson deutete auf die wogende Wolkenformation. »Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist: Der Sturm ist gefährlich, sehr gefährlich. Solches Wetter kann gewaltige Abwinde erzeugen.« Wie aufs Stichwort schlug ein Blitz ins Wasser ein, und das grelle Licht zuckte durch die Kabine. »Ich werde uns von hier wegbringen, okay?«
»Wechseln Sie nicht das Thema!«
Die Mündung an der Schläfe, lenkte Wilson das Flugzeug nach rechts, nach Westen, einem klareren Himmel zu, und die Turbulenzen ließen langsam nach. Natürlich war ihm klar, dass die Kursänderung die Treibstoffsituation kritischer machte.
»Hören Sie, ich weiß, wie Sie sich fühlen«, sagte er.
»Ich will eine Antwort! Zwingen Sie mich nicht, etwas Dummes zu tun!«
»Nur damit ich es richtig verstehe – Sie halten es nicht für dumm, mir eine Waffe an den Kopf zu drücken?« Wilson hatte schon genug Schwierigkeiten. Er war mehr als tausend Kilometer von seinem Ziel entfernt und hatte ein Treibstoffproblem, und er hatte noch nicht herausgefunden, wie der Navigationscomputer zu bedienen war. In Houston war die Polizei aus unerfindlichen Gründen hinter ihm her, und er hatte vor zwei Tagen knapp einen Auffahrunfall überlebt. Es reichte ihm jetzt.
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