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Die Frequenz: Thriller (German Edition)

Die Frequenz: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frequenz: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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begriff, dass sie Welten von dem Leben entfernt war, das sie kannte. Sie konnte sich nicht vorstellen, was Wilson an diesem fremden Ort wollte. Helena schaute zu den einsamen Ruinen hinüber, als ein Sonnenstrahl durch eine Wolkenlücke brach: ein Sonnenschauer. Für Helena bedeutete das Glück – ihre Mutter hatte fest daran geglaubt.
    Wilson drückte die Hand gegen ein verformtes Propellerblatt; zwei von den vier waren nach hinten gebogen. Die Unterseite des Rumpfes war schlammbespritzt, das Bugrad fehlte, an den Tragflächen waren einige Klappen abgerissen. Aus den Ansaugöffnungen der Triebwerke ragten Zweige und Blätter. Wilson krümmte sich innerlich – der Schaden war beträchtlich. Der Bug hatte eine tiefe Furche in den Rasenplatz gedrückt, als hätte sich eine Riesenschlange durch die Stadt gewälzt.
    »Texas Air wird sauer sein«, sagte er zu sich selbst.
    »Das können Sie laut sagen«, meinte Helena, die Hände in die Hüften gestemmt.
    »Sie wollen, dass ich es lauter sage?«
    »Ich dachte, George Washington sei der ärgerlichste Mensch, dem ich je begegnet bin. Bis ich Sie getroffen habe.«
    »Texas Air wird mächtig Schwierigkeiten haben, die Kiste von hier wegzubringen.«
    Helena fühlte, wie ihr der Regen in den Nacken rann. »Was tun wir hier, Wilson? Bitte, sagen Sie es mir.« Zur Abwechslung klang sie beinahe freundlich.
    »Ich gehe zu der Pyramide da drüben«, erklärte er. »Sie wird El Castillo genannt. Das ist spanisch und heißt Schloss.«
    Dichte Schichtwolken zogen über die Stadt, als Helena zu dem massigen Bauwerk blickte, auf dessen Spitze ein quadratisches Gebäude zu sehen war. »Und warum tun Sie das?«
    »Das ist ein bisschen schwierig zu erklären.«
    »Versuchen Sie’s.«
    »Kommen Sie mit, und sehen Sie selbst. Mehr kann ich Ihnen nicht anbieten.«
    »Wozu die Eisenstange?«
    »Ist auch schwierig zu erklären.«
    Helena schaute zu den unheimlich wirkenden Bauten ringsherum. Sie staunte, dass sie tatsächlich hier in Mexiko stand. Es kam ihr vor wie ein Traum. Und dass sie noch am Leben war, machte ihn zu einem ziemlich guten Traum.
    Wilson dachte an die detaillierten Informationen, die Barton ihm vor knapp zwei Wochen gegeben hatte: Die Maya hatten Chichén Itzá ohne Metallwerkzeuge, Lasttiere und sogar ohne Rad gebaut, und doch hatten sie alles mit unglaublicher Präzision und Kreativität zustande gebracht. Während in Europa noch dunkles Mittelalter herrschte, zeichneten die Maya Sternenkarten, entwickelten die einzige echte Schrift unter den Ureinwohnern des Kontinents und wurden Meister der Mathematik. Ihre Gesellschaft bestand aus vielen unabhängigen Staaten, jeder mit einer bäuerlichen Gemeinschaft und einer großen Stadt, die um eine zeremonielle Mitte erbaut war – im Allgemeinen eine Pyramide. In Chichén Itzá lebte ein König, der die Maya regierte, doch es gab noch andere solcher Städte: Tikal, Copán und Uxmal.
    Der oberste Gott war Kukulkan, eine gefiederte Schlange. Es hieß, er sei zweitausend Jahre zuvor aus dem Himmel gekommen, halb Mensch und halb Gott – der Vogel repräsentierte den Himmel, die Schlange die Erde. Weißhäutig und bärtig war er, der Gott des Lebens und der Weisheit.
    »Chichén Itzá heißt ›Mund des Brunnens der Itzá‹«, sagte Wilson. »Der Brunnen der Itzá ist eine Quelle am Nordende der Stadt.« Während sie an den Ruinen vorbeigingen, erklärte er kurz, welche Funktion sie für die Gesellschaft gehabt hatten: das Nonnenkloster, der Kriegertempel, die Halle der tausend Säulen … lauter staunenswerte Bauwerke, alle verschieden und sehr kunstvoll.
    Wilson zeigte auf den großen Ballspielplatz, eine weite Rasenfläche mit hohen Mauern an jeder Seite. »Da wurden Ballspiele ausgetragen, die Tage dauerten. Hunderte Männer auf beiden Seiten. Das Problem war: Das Verlierer-Team wurde den Göttern geopfert.« An den Mauern waren die Massaker am Ende des Spiels dargestellt. Ein kunstvolles Podest für die Sieger befand sich an einem Ende des Platzes, geschmückt mit Hunderten eingemeißelter Schädel. »Das nenne ich Motivation.«
    »Offenbar waren sie Barbaren«, meinte Helena.
    »Menschen mit seltsamen Bräuchen, ja, aber keine Barbaren.«
    Der Wind fuhr durch die Bäume, als Helena die Pyramide betrachtete. »Ist sie so alt wie die ägyptischen?«
    Wilson schüttelte den Kopf. »Die ägyptischen sind ein paar Tausend Jahre älter.« Er drehte sich einmal im Kreis. Es waren keine Touristen zu sehen. »Ich kann nicht glauben,

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