Die Frequenz: Thriller (German Edition)
von der Stirn, und eine nässende, fleischige Wunde kam zum Vorschein. Er wollte keinen Verband im Gesicht – er sah damit schwach aus, fand er. Der Gipsarm war schon genug.
Visblats Blicke blieben auf den dichten Wald gerichtet, der am Fenster vorbeihuschte. Das Brummen der Turbine erfüllte die Kabine. Im Geiste ging der Commander verschiedene Szenarien durch. Wenn alles gut ging, würde Wilson Dowling jeden Moment gefasst werden. Visblat war zappelig und tat sein Bestes, seine hämische Freude zu unterdrücken. Sein Puls stieg mit der Erwartung. Bald würde er Gelegenheit haben, allen zu zeigen, wie klug er gehandelt hatte.
Er blickte auf die Uhr. »Sie sagten, es ist nur zwanzig Minuten entfernt!«, polterte er los. »Das war vor einer halben Stunde!«
Der Navigator rückte sein Headset zurecht und sah den Piloten an; dann drehte er sich nach hinten. »Wir nähern uns jetzt Chichén Itzá. Es gab eine Reihe von Gewittern, die wir nicht durchfliegen konnten.«
Sie waren Amerikaner, die Visblat in San Antonio beauftragt hatte. Sie waren nervös, denn sie hatten ohne Erlaubnis in den mexikanischen Luftraum eindringen müssen, und alles war inoffiziell einschließlich der Bezahlung.
»Ich habe gesagt, Sie sollen auf direktem Weg hinfliegen!«, schnauzte Visblat in sein Mikrofon. »Keine Kursabweichungen. Ich hab’s eilig.« Seine Worte kamen knackend und knisternd bei den Piloten an.
»Es ging nicht anders«, erwiderte der Navigator. »Das Unwetter war zu heftig.«
Ohne die Verbindung abzuschalten, stieß Visblat laute Flüche aus. Er griff nach seinem Mobiltelefon, als wollte er es an die Wand werfen, bezwang sich dann aber und legte es behutsam auf den Sitz. Es war nicht nötig, sich aufzuregen. Mr. Dowling würde gleich in seiner Obhut sein.
»Chichén Itzá kommt in Sicht«, meldete der Navigator.
Visblat richtete sich auf und schaute über die Ruinenstadt. Die große Pyramide war mit Hunderten schwarzer Brandflecken übersät, und der Platz lag unter einer schimmernden Wasserfläche. An einem Ende stand eine schwer beschädigte Saab 340. Visblats stechende blaue Augen suchten die Ruinen nach Wilson ab. Schließlich blickte er zu dem alten Observatorium. Dort standen Leute auf dem Plateau. Er lächelte zufrieden. Das war der Augenblick des Sieges. Doch als der Helikopter zu den Ruinen hinabflog, erstarb Visblats Lächeln.
Der Pilot sprach in sein Mikrofon. »Sehen Sie sich das an!« Die rätselhaften schwarzen Flecke an der Pyramide waren ihm unerklärlich.
Visblat zeigte zum Boden. »Bringen Sie uns runter. Da drüben.«
»Wir können nicht im Wasser landen«, sagte der Pilot.
»Wenn Sie Ihr Geld wollen, werden Sie landen«, blaffte Visblat. »Also tun Sie’s.« Er schleuderte sein Headset auf den Sitz. »Landen!«, brüllte er.
Besorgt blickte der Pilot seinen Navigator an, aber der sagte: »Tu, was er verlangt.«
Der Pilot senkte die Maschine so sacht wie möglich, und sie landeten in einer Gischtwolke. Visblat trat ins Nasse und blickte durch die gebogene Windschutzscheibe. »Warten Sie hier!«
Der Pilot schaltete die Sprechanlage ab. »Der Auftrag war deine Idee.«
Der Navigator verzog keine Miene. »Sei still und konzentriere dich auf deinen Job. Wir wollen nicht in den Schlamm einsinken.«
Mit hängenden Schultern stapfte ein entmutigter Visblat durch das knöcheltiefe Wasser und den Nieselregen auf die Männer zu, die auf den Stufen zu der Turmruine auf ihn warteten. Die Rangers hatten versagt, wie Visblat jetzt sah. Lieutenant Diaz blutete am Hals. Der Mann neben ihm presste die Hand augenscheinlich auf eine Schusswunde. Dem dritten lief das Blut übers Gesicht.
Visblat schüttelte das Wasser von seinen Lederschuhen und stieg die Steinstufen hinauf, während er es darauf anlegte, Blickkontakt herzustellen.
»Was ist passiert?«, fragte er.
»Die Frau«, antwortete Diaz, »sie hat zwei meiner Leute niedergeschossen, das ist passiert!«
Visblat musterte den vierten Soldaten, der auf dem Rücken lag, die Augen glasig vor Schmerzen. Er hatte eine Kugel in die Hüfte bekommen.
»Es war ein Hinterhalt. Wir hatten keine Möglichkeit, uns zu verteidigen.«
»Das haben Sie nun von Ihrem überzogenen Selbstvertrauen«, brummte Visblat und starrte Diaz durchdringend in die Augen, bis dieser den Blick senkte. »Ich habe Sie davor gewarnt.«
»Wir sind nur Ihretwegen hierhergekommen!« Diaz war in Mexiko auf Urlaub gewesen, als Visblat ihn angerufen und ihm den lukrativen Auftrag angeboten
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