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Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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sie sich ohne die Gicht tief in dieses gottverlassene Dorf verbannt? Und trotz ihres guten Herzens verhielt sie sich zitternd und feindselig gegenüber den Anfallen ihres Mannes, erklärte sie sich selber für ungeschickt, unfähig, ihn zu pflegen.
    »Mein Gott! Wie ich leide!« stammelte der arme Mann. »Der Anfall wird schlimmer sein als der letzte, ich fühle es ... Bleib nicht hier, da dich das doch bloß ärgert, aber laß gleich Doktor Cazenove holen.«
    Von nun an stand das Haus kopf. Lazare war nach Arromanches gefahren, obgleich die Familie keine große Hoffnung mehr in die Ärzte setzte. Seit fünfzehn Jahren hatte Chanteau es mit allen erdenklichen Arzneien versucht, und bei jedem neuen Versuch wurde das Leiden schlimmer. Die zunächst schwachen und seltenen Anfälle waren bald öfter aufgetreten und hatten an Heftigkeit zugenommen; heute waren bereits beide Füße befallen, sogar ein Knie war bedroht. Dreimal schon hatte der Kranke erlebt, daß man die Behandlungsweise wechselte, sein trauriger Körper war schließlich zu einem Versuchsfeld geworden, auf dem sich die Reklamemittel Schlachten lieferten. Nachdem man ihn erst reichlich zur Ader gelassen, hatte man ihm dann ohne Vorsicht Abführmittel gegeben, und jetzt stopfte man ihn mit Kolchikum und Lithium voll. Daher auch wandelte sich durch die Erschöpfung des ausgelaugten Blutes und der geschwächten Organe seine akute Gicht nach und nach in eine chronische Gicht. Die örtlichen Behandlungen zeitigten kaum bessere Erfolge, nach dem Ansetzen der Blutegel waren seine Gelenke steif geblieben, das Opium verlängerte die Anfälle, die Zugpflaster führten zu Geschwüren. Wiesbaden und Karlsbad hatten nicht die geringste Wirkung, eine Kur in Vichy hätte ihn fast umgebracht.
    »Mein Gott! Wie ich leide!« wiederholte Chanteau. »Es ist, als ob Hunde mir den Fuß zerfleischten.«
    Und von ängstlicher Aufregung ergriffen, drehte er, in der Hoffnung, sich durch Veränderung seiner Lage Erleichterung zu verschaffen, das Bein hin und her. Doch der Anfall wurde immer schlimmer, jede Bewegung entriß ihm Klagelaute. Bald stieß er im äußersten Schmerz ein anhaltendes Gebrüll aus. Er hatte Schüttelfrost und Fieber, brennender Durst versengte ihn.
    Indessen war Pauline ins Zimmer geglitten. Sie stand vor dem Bett und betrachtete ihren Onkel mit ernster Miene, ohne zu weinen. Frau Chanteau, der das Schreien auf die Nerven ging, verlor den Kopf. Véronique hatte die Decke zurechtziehen wollen, deren Gewicht der Kranke nicht ertragen konnte; doch als sie näher gekommen war mit ihren Männerhänden, hatte er noch mehr geschrien und ihr verboten, ihn anzurühren. Sie versetzte ihn in Angst und Schrecken, er beschuldigte sie, daß sie ihn wie ein Bündel schmutziger Wäsche durchschüttele.
    »Dann rufen Sie mich nicht, Herr Chanteau«, sagte sie und ging wütend fort. »Wenn man die Leute zurückstößt, muß man sich eben allein pflegen.«
    Langsam war Pauline näher herangekommen; und mit ihren Kinderhänden hob sie leicht und geschickt die Decke an. Er empfand eine kurze Erleichterung, er nahm ihre Gefälligkeit an.
    »Danke, Kleine ... Sieh mal, da, diese Falte! Sie wiegt fünfhundert Zentner ... Oh! Nicht so schnell! Du hast mich erschreckt.«
    Im übrigen setzte der Schmerz wieder stärker ein. Als seine Frau sich in dem Zimmer zu schaffen machen wollte, die Fenstervorhänge aufzog, dann wieder eine Tasse auf den Nachttisch stellte, wurde er abermals ungehalten.
    »Ich bitte dich, geh nicht immerzu hin und her, du bringst alles zum Zittern ... Bei jedem deiner Schritte ist mir, als versetzte man mir einen Schlag mit dem Hammer.«
    Sie versuchte gar nicht einmal, sich zu entschuldigen und ihn zufriedenzustellen. Das endete immer so. Man ließ ihn allein leiden.
    »Komm, Pauline«, sagte sie nur. »Du siehst, daß dein Onkel uns nicht in seiner Nähe ertragen kann.«
    Doch Pauline blieb. Sie trat so leicht auf, daß ihre kleinen Füße kaum den Boden berührten. Und von diesem Augenblick an richtete sie sich bei dem Kranken ein, er ertrug sonst niemanden im Zimmer. Wie er sagte, hätte er am liebsten von einem Hauch gepflegt werden mögen. Mit klugem Einfühlungsvermögen erriet sie, was ihm weh tat, und verschaffte ihm Erleichterung, ahnte im voraus seine Wünsche, sorgte dafür, daß ihn das Tageslicht nicht störte, oder reichte ihm die Tassen mit Haferschleim, die Véronique bis an die Tür brachte. Vor allem beruhigte es den armen Mann, wenn er sie

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