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Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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ihm zu dienen, suchte sie mit ihren Augen die seinen.
    Um diese Zeit wunderte sich Frau Chanteau über Paulines Frömmigkeit. Zweimal sah sie sie zur Beichte gehen. Dann schien das junge Mädchen plötzlich Abbé Horteur zu meiden; sie weigerte sich sogar an drei Sonntagen, zur Messe zu gehen, und ging nur wieder dorthin, um ihrer Tante keinen Kummer zu bereiten. Im übrigen sprach sie sich nicht aus, sie war wohl verletzt worden durch die Fragen und Bemerkungen des Pfarrers mit seiner plumpen Ausdrucksweise. Und jetzt erriet Frau Chanteau mit dem Spürsinn einer leidenschaftlichen Mutter Paulines wachsende Liebe. Sie schwieg jedoch und sprach nicht einmal zu ihrem Mann darüber. Dieses verhängnisvolle Ereignis überraschte sie, denn bis dahin war eine mögliche Liebe, vielleicht gar eine Heirat, nicht in ihren Plänen vorgesehen. Wie Lazare hatte auch sie ihr Mündel immer weiter als kleines Mädchen behandelt, und sie wollte nachdenken, sie nahm sich vor, ein Auge auf die beiden zu haben, tat jedoch nichts dergleichen, denn sie scherte sich im Grunde wenig um das, was nicht das Vergnügen ihres Sohnes ausmachte.
    Die heißen Augusttage waren gekommen, der junge Mann bestimmte eines Abends, daß man am folgenden Tage auf dem Wege zur Fabrik baden würde. Von ihren Vorstellungen über die Schicklichkeit gequält, begleitete die Mutter sie trotz der glühenden Nachmittagssonne. Sie setzte sich neben Mathieu auf die brennendheißen Kiesel, suchte Schutz unter ihrem Sonnenschirm, unter den auch der Hund seinen Kopf stecken wollte.
    »Na, wohin geht sie denn?« fragte Lazare, als er Pauline halb hinter einem Felsen verschwinden sah.
    »Sie will sich ausziehen, du liebe Güte!« sagte Frau Chanteau. »Dreh dich um, du bringst sie in Verlegenheit, das schickt sich nicht.«
    Er blieb sehr verwundert stehen, sah noch einmal zum Felsen hin, wo ein weißer Hemdzipfel flatterte, blickte wieder auf seine Mutter, drehte sich dann endlich um und zog sich selber ganz schnell aus, ohne noch ein Wort hinzuzufügen.
    »Sind wir soweit?« rief er schließlich. »Was sollen diese Umstände! Machst du dich denn besonders schön?«
    Leichtfüßig kam Pauline herbeigelaufen, mit einem allzu fröhlichen Lachen, aus dem man ein wenig Verlegenheit heraushörte. Seit Lazares Rückkehr hatten sie nicht zusammen gebadet. Sie trug einen aus einem Stück gefertigten Badeanzug, der in der Taille von einem Gürtel zusammengehalten wurde und die Hüften hervortreten ließ. Mit den geschmeidigen Lenden, der hohen Büste wirkte sie schlanker und glich einer florentinischen Marmorstatue. Ihre nackten Arme und Beine, ihre kleinen Füße in den Sandalen waren kindlich weiß geblieben.
    »Na?« begann Lazare wieder. »Schwimmen wir bis zu den Picochets?«
    »Sicher, bis zu den Picochets«, erwiderte sie.
    Frau Chanteau rief:
    »Entfernt euch nicht zu weit ... Ihr macht mir immer angst!«
    Doch sie waren schon im Wasser. Die Picochets, eine Gruppe von Felsen, von denen einige auch bei Flut aus den Wogen ragten, waren etwa einen Kilometer entfernt. Und sie schwammen beide nebeneinander, ohne Hast, wie zwei Freunde, die zu einem Spaziergang auf einem schönen, ganz geraden Weg aufgebrochen sind. Zunächst war Mathieu ihnen gefolgt; als er sie dann immer weiter schwimmen sah, war er umgekehrt, hatte sich geschüttelt und Frau Chanteau bespritzt. Unnütze Heldentaten waren seiner Faulheit zuwider.
    »Du bist vernünftig«, sagte die alte Dame. »Darf man denn, weiß Gott, sein Leben so aufs Spiel setzen?«
    Sie unterschied kaum Lazares und Paulines Köpfe, die wie Seegrasbüschel auf den Wellen dahintrieben. Das Meer hatte eine ziemlich starke Dünung; von weichen Wellenbewegungen gewiegt, kamen sie voran, sie sprachen ruhig über die Algen, die in der Durchsichtigkeit des Wassers unter ihnen dahinglitten. Pauline, die müde war, ließ sich auf dem Rücken treiben, das Gesicht zum Himmel gewandt, tief in all diesem Blau verloren. Diese See, die sie wiegte, war ihre große Freundin geblieben. Sie liebte ihren herben Odem, ihre eisige, keusche Flut, sie überließ sich ihr, war glücklich, ihr unendliches Fließen an ihrem eigenen Fleisch zu spüren, und genoß die Freude an dieser ungestümen Bewegung, die die Schläge ihres Herzens regelte.
    Doch sie stieß einen leisen Schrei aus.
    »Was hast du denn?« fragte Lazare besorgt.
    »Ich glaube, mein Mieder ist gerissen ... Ich habe den linken Arm zu straff ausgestreckt.«
    Und beide scherzten, Pauline hatte

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