Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
das später Millionen einbringen würde, nicht so einfach preisgeben.
    »Bleib nur ruhig«, sagte seine Mutter immer wieder, als sie sah, daß er vor Ungewißheit krank war. »So weit sind wir noch nicht, daß wir nicht wissen, wo wir ein paar Tausendfrancsscheine hernehmen sollen.«
    Frau Chanteau brütete einen Plan aus. Nachdem sie der Gedanke an eine Heirat zwischen Lazare und Pauline zunächst überrascht hatte, schien er ihr jetzt annehmbar. Sie waren schließlich nur neun Jahre auseinander, ein Altersunterschied, der jederzeit gebilligt wurde. Brachte das nicht die Dinge ins reine? Lazare würde hinfort für seine Frau arbeiten, er würde sich um seine Schulden keine Sorgen mehr machen, er würde sogar von Pauline die Summe leihen, die er brauchte. Verworren regten sich in Frau Chanteau sehr wohl Bedenken, die Furcht vor einer schließlichen Katastrophe, vor dem Ruin ihres Mündels. Allein sie schob den Gedanken an einen solchen Ausgang als unmöglich beiseite: War Lazare nicht genial? Er würde Pauline reich machen, sie machte dabei ein gutes Geschäft. Mochte ihr Sohn auch arm sein, er war ein Vermögen wert, wenn sie ihn hergab.
    Die Heirat wurde auf höchst einfache Weise beschlossen. Eines Morgens fragte die Mutter in seinem Zimmer das junge Mädchen, das sogleich mit lächelnder Ruhe sein Herz ausschüttete. Dann veranlaßte sie Pauline, ein wenig Müdigkeit vorzuschützen, und begleitete am Nachmittag ihren Sohn allein zur Fabrik. Als sie ihm auf dem Heimweg ihren Plan ausführlich auseinandersetzte, wie sehr die kleine Cousine ihn liebe, wie passend eine solche Heirat sei, wie vorteilhaft für jeden von ihnen, schien er zunächst verblüfft. Niemals hatte er daran gedacht, wie alt war denn das Kind eigentlich? Dann war er ganz bewegt. Gewiß, er hatte sie auch gern, er würde tun, was man von ihm verlangte.
    Als sie heimkamen, deckte Pauline, um sich zu beschäftigen, gerade den Tisch, während ihr Onkel eine Zeitung auf den Knien hielt und Minouche betrachtete, die sich behutsam den Bauch leckte.
    »Nun also, wie steht's, wir heiraten?« Lazare verbarg seine Bewegung hinter diesen lärmend heiteren Worten.
    Hochrot und unfähig, ein Wort zu sagen, war Pauline mit einem Teller in der Hand stehengeblieben.
    »Wer heiratet?« fragte der Onkel, als fahre er aus dem Schlaf auf.
    Seine Frau hatte ihn zwar am Morgen verständigt; doch die genießerische Art, in der die Katze sich mit der Zunge über das Fell fuhr, nahm ihn völlig in Anspruch. Er erinnerte sich aber sogleich.
    »Ach ja!« rief er.
    Und er sah die jungen Leute mit einem schalkhaften Blick an, während sich sein Mund bei einem schmerzhaften Stechen im rechten Fuß krampfhaft verzog. Pauline hatte vorsichtig den Teller hingestellt. Schließlich entgegnete sie Lazare:
    »Wenn du willst, ich, ich will schon.«
    »Nun denn, abgemacht, gebt euch einen Kuß«, sagte abschließend Frau Chanteau und hängte ihren Strohhut an den Haken.
    Das junge Mädchen ging mit ausgestreckten Händen auf Lazare zu. Immer noch lachend, nahm er sie in seine Arme und neckte sie.
    »Von deiner Puppe willst du wohl nichts mehr wissen? Deshalb bist du eine solche Geheimniskrämerin geworden, daß man dir nicht einmal mehr zusehen darf, wenn du dir die Fingerspitzen wäschst! Und ausgerechnet den armen Lazare hast du dir zum Opfer erwählt?«
    »Oh, Tante, sag ihm, er soll schweigen, oder ich laufe davon!« murmelte sie verwirrt und suchte sich loszumachen.
    Langsam zog er sie an sich, er spielte noch mit ihr wie zur Zeit ihrer Schuljungenkameradschaft; und unversehens drückte sie ihm einen schallenden Kuß auf die Wange, den er ihr auf gut Glück auf ein Ohr wiedergab. Dann schien ein uneingestandener Gedanke ihn trübe zu stimmen, er fügte mit trauriger Stimme hinzu:
    »Einen sonderbaren Handel schließt du da ab, mein armes Kind! Wenn du wüßtest, wie alt ich im Grunde bin! Immerhin, da du mich nun einmal haben willst!«
    Beim Abendessen ging es hoch her. Sie redeten alle zugleich, sie schmiedeten Zukunftspläne, als wären sie zum ersten Mal beisammen. Véronique, die mitten bei der Verlobungsszene hereingekommen war, schlug die Küchentür zu, ohne ein Wort zu sagen. Beim Nachtisch wurden endlich die ernsten Fragen erörtert. Die Mutter erklärte, daß die Hochzeit erst in zwei Jahren stattfinden könne: Sie wollte das gesetzliche Alter der Volljährigkeit abwarten, man sollte ihr nicht vorwerfen können, sie habe mit Hilfe ihres Sohnes einen Druck auf ein zu

Weitere Kostenlose Bücher