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Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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indessen bekundete ihre Freude, gerettet zu sein, nicht so laut. Aber sie war durchdrungen von der Süße zu leben, nachdem sie den Mut aufgebracht hatte, sich an den Tod zu gewöhnen. Rührung malte sich auf ihrem schmerzerfüllten Antlitz, sie hatte Lazare die Hand gedrückt und mit einem Lächeln gemurmelt:
    »Siehst du, mein Freund, du kommst nicht drum herum; ich werde deine Frau.«
    Endlich setzte die Genesung ein mit ausgiebigem Schlaf. Pauline schlief ganze Tage lang sehr ruhig, mit sanftem Atem, in einem Heilung bringenden Ausgelöschtsein. Minouche, die man in den aufgeregten Stunden der Krankheit aus dem Zimmer verjagt hatte, nutzte diesen Frieden aus, um wieder hineinzuschlüpfen; sie sprang leichtfüßig auf das Bett, rollte sich rasch an der Seite ihrer Herrin zusammen, verbrachte dort ebenfalls die Tage damit, die laue Wärme der Bettücher zu genießen; zuweilen putzte sie sich dort unendlich lange, indem sie sich mit der Zunge über das Fell fuhr, doch mit einer so geschmeidigen Bewegung, daß die Kranke nicht einmal spürte, wie sie sich regte. Mathieu, der gleichfalls im Zimmer zugelassen war und quer auf dem Bettvorleger lag, schnarchte währenddessen wie ein Mensch.
    Eine der ersten Launen Paulines war es, am folgenden Sonnabend ihre kleinen Freunde aus dem Dorf heraufkommen zu lassen. Nach der strengen Diät, die sie drei Wochen lang eingehalten hatte, erlaubte man ihr jetzt weichgekochte Eier. Sie konnte die Kinder im Sitzen empfangen, war aber immer noch sehr schwach. Lazare hatte wiederum in der Kommode wühlen müssen, um ihr Hundertsousstücke einzuhändigen. Aber als sie ihre Armen ausgefragt und eigensinnig darauf bestanden hatte, mit ihnen zu regeln, was sie ihre rückständigen Rechnungen nannte, empfand sie eine solche Erschöpfung, daß man sie bewußtlos wieder hinlegen mußte. Sie bewies auch für die Schutzbuhne und für die Pfahlwerke Interesse, fragte jeden Tag, ob sie standhielten. Einige Balken hatten bereits nachgegeben; ihr Cousin belog sie, wenn er nur von zwei oder drei Bohlen sprach, die sich gelöst hätten. Als sie eines Morgens allein war, schlüpfte sie aus dem Bett und wollte sehen, wie die Flut in der Ferne an das Balkenwerk brandete; doch auch dieses Mal ließen ihre wiedererstehenden Kräfte sie im Stich, sie wäre gefallen, wäre nicht Véronique zur rechten Zeit hereingekommen, um sie in ihren Armen aufzufangen.
    »Nimm dich in acht! Ich binde dich an, wenn du nicht vernünftig bist«, sagte Lazare immer wieder scherzend.
    Er bestand noch immer darauf, bei ihr zu wachen; doch von Müdigkeit zerschlagen, schlief er in seinem Sessel ein. Zunächst hatte er lebhafte Freude empfunden, ihr zuzusehen, wie sie ihre ersten Fleischbrühen trank. Die Gesundheit, die in diesen jungen Körper zurückkehrte, war etwas Köstliches, eine Erneuerung des Daseins, bei der er selber auflebte. Dann war die Gesundheit für ihn wieder zur Gewohnheit geworden, er hörte auf, sich darüber wie über eine unerwartete Wohltat zu freuen, seit der Schmerz gewichen war. Und es blieb nur eine Stumpfheit in ihm zurück, eine nervöse Entspannung nach dem Kampf, die verworrene Vorstellung, daß die allgemeine Leere wieder begänne.
    Eines Nachts schlief Lazare tief, als Pauline hörte, wie er mit einem angstvollen Seufzer wach wurde. Sie sah ihn beim schwachen Licht der Nachtlampe mit entsetztem Antlitz, die Augen vor Grauen geweitet, die Hände in einer flehenden Gebärde gefaltet. Er stammelte zusammenhanglose Worte.
    »Mein Gott! Mein Gott!«
    Besorgt hatte sie sich rasch zu ihm hinübergebeugt.
    »Was hast du denn, Lazare, tut dir etwas weh?«
    Diese Stimme ließ ihn zusammenfahren. Sie hatte ihn also gesehen? Er war peinlich berührt, fand schließlich nur eine ungeschickte Lüge.
    »Ach was, ich habe nichts ... Du selber hast gejammert.«
    Die Angst vor dem Tode war in seinem Schlafe wieder aufgetaucht, eine grundlose, gleichsam aus dem Nichts hervorgegangene Angst, eine Angst, deren eisiger Hauch ihn mit einem gewaltigen Schauer geweckt hatte. Mein Gott! Eines Tages würde er sterben müssen! Das stieg in ihm auf, erstickte ihn, während Pauline, die den Kopf wieder auf das Kissen gelegt hatte, ihn mit ihrem Ausdruck mütterlichen Mitleids anschaute.
     

Kapitel V
    Jeden Abend, wenn Véronique das Tischtuch abgenommen hatte, begann im Eßzimmer die gleiche Unterhaltung zwischen Frau Chanteau und Louise, während Herr Chanteau völlig in die Lektüre seiner Zeitung versunken war und sich

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