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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
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einem Hörbuch gegriffen – entweder eine Biographie über Napoleon oder eine über Robert Moses. Elaine beendete ihren Gedanken laut. »Wenn Alec schwul wäre.«
    »Natürlich nicht.« Aber das war gelogen, und Elaine wusste es und verdrehte die Augen. Ich schob die Napoleon-CD in die Anlage und lauschte dem Vorspann. Wenn Alec schwul wäre, wenn mein Sohn schwul wäre – ich schauderte, versuchte, es zu stoppen, doch es fing wieder an. Wenn Alec schwul wäre – ja, gut, und dann? Ich wünschte mir für ihn ein Leben mit einem Beruf, der ihm Freude machte, mit einer Familie, materiellem Wohlstand – und trotz des Kloßes, den ich im Hals hatte, wusste ich, dass Schwulsein das alles nicht unbedingt ausschloss, es allerdings erschweren würde. Und er wäre in vielen Zusammenhängen ein Außenseiter. Im Beruf, in der Gesellschaft, in der Gemeinde. Wie stellten sich Juden zur Homosexualität? Gab es eine bestimmte Lehrmeinung? Waren wir, was das betraf, genauso schlimm wie die Katholiken?
    »Mich würde es auch nicht stören«, sagte Elaine, und ich hätte nicht zu sagen gewusst, ob sie das ernst meinte. »Vielleicht müsste man sich erst mal daran gewöhnen, aber es wäre okay.«
    »Das glaubst du doch nicht wirklich.«
    »Aber sicher«, sagte sie und machte einhändig einen Power-Bar-Riegel auf. »Wenn er glücklich ist, bin ich es auch.«
    »Du bist ein bisschen zu fix, nicht?«
    »Zu fix?«
    »Möchtest du keine Enkelkinder?«
    »Wir können trotzdem Enkel haben«, sagte sie. »Schwule haben Adoptionsrecht.«
    »Aber eigene Enkelkinder …«
    »Du meinst biologische?«
    »Ja. Biologische.« In der ganzen Zeit unserer Schwierigkeiten, ein Kind zu bekommen, hatten wir nie über Adoption gesprochen, für uns stand fest, dass wir ein eigenes Kind großziehen wollten, das unsere Gene weitertrug. Dass unser Stammbaum mit uns endete, stand gar nicht zur Debatte, wo wir doch soviel zu geben hatten.
    Elaine dachte noch weiter über das Thema nach. »Es stört mich wirklich nicht«, sagte sie schließlich. »Es gibt massenhaft Kinder auf der Welt, die ein gutes Zuhause brauchen. Sollte Alec eines Tages beschließen, eins zu adoptieren oder auch keine eigenen Kinder zu haben, es ist sein Leben, oder?«
    Ich konnte nicht glauben, dass Elaine keine Enkelkinder mit mir haben wollte. Wie war das möglich? Sie log. Sie wollte bloß widersprechen.
    »Ich möchte nur, dass Alec glücklich ist, mehr sage ich doch gar nicht. Wenn er schwul wäre, wäre das … eine interessante Erfahrung. Wenn es nach mir ginge, sähe ich ihn natürlich gern glücklich verheiratet und mit einer eigenen Familie. Das ist meine Vorstellung von Glück. Aber womöglich ist das nicht seine Vorstellung von Glück. Was soll ich sonst sagen?«
    »Du sollst sagen, dass du Enkel möchtest.«
    »Natürlich möchte ich Enkel«, sagte sie. »Hab ich das nicht schon gesagt?«
    »Nein.«
    »Okay, schön. Ich möchte Enkel. Aber ich habe keinenEinfluss darauf, ob ich welche bekomme, deshalb mache ich mir darüber keine Gedanken.«
    Ich stellte den Napoleon lauter. An einem glutheißen Tag im August 1769 fingen bei einer Mutter auf Korsika die Wehen an, während um uns Orchestermusik aufbrandete.
    »Was siehst du mich so an?«
    »Ich glaub, das ist Quatsch, Elaine. Ich glaub, wenn wir heute in zwanzig Jahren keine Enkel haben, wird es dir dein Solange-er-nur-glücklich-ist-Herz brechen.«
    Sie zuckte mit den Achseln, blinkte, um auf die andere Spur zu wechseln – sie fing immer schon eine gute Minute, bevor sie wechselte, zu blinken an –, sah in den Rückspiegel und prüfte den toten Winkel im Seitenspiegel.
    »Pete, was wäre dir lieber: Alec heiratet deinetwegen und ist unglücklich oder er lässt es seinetwegen und ist glücklich?«
    »Heiraten und unglücklich«, sagte ich, »Hauptsache, es gibt Enkel.«
    »Du wirst vor meinen Augen zu einem verrückten alten Mann.«
    »Ich möchte Enkel. Und verrückt ist daran gar nichts. Alle Eltern wünschen sich Enkel. Da kannst du dich über mich lustig machen, soviel du willst, ich rücke trotzdem keinen Zentimeter von meiner Position ab.«
    »Ach, Pete«, sagte sie. Wir kamen gerade durch Hartford, der tristen Stadt mit den vielen halbleeren Wolkenkratzern, in der man nirgends etwas Anständiges zu essen bekam. Elaine kaute auf ihrem Riegel. »Du hast bestimmt recht.«
    »Gut.« Wenn ein Streit bei uns so ausging, war mir das natürlich am liebsten.
    »Eines musst du mir noch versprechen«, sagte sie. »Auch wenn Alec

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