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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
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Einkaufswagen warf, um mich weiter abzulenken: Miniatur-Blinis, französische rote Bete. Er war an der New School angenommen worden. Und ich hatte kein einziges Mal über das Schulgeld gespöttelt, hatte nicht geraunt: Hoffentlich vertrödelt er seine Zeit dort nicht. Er war angenommen worden, ich hatte meinem Patienten aus dem Vorstand der New School eine Flasche sehr guten Cabernet geschickt, hatte die Daumen gedrückt und den Mund gehalten, weil ich wusste, schon einen Monat später saß er wieder im Unterricht, und bloß zwei Jahre später (so lange lebten wir wohl noch) standen seine Mutter und ich bei der Abschlussfeier auf und jubelten, wenn er seinen Hut in die Luft warf.
    »Du hast eingekauft?«, sagte Elaine, als ich die Fairway-Tüten auf der Küchentheke abstellte. »Ich dachte, wir lassen uns was vom Chinesen kommen. Was ist das – geräucherter Stör?«
    »Wir lassen uns was kommen?«
    Elaine sah mich verdutzt an. »Es ist Sonntag«, sagte sie. Nach ihrer Krebserkrankung hatte Elaine es sich vor Jahrenangewöhnt, uns am Wochenende regelmäßig etwas von China Lou’s liefern zu lassen und die Glückskekse dann Mitte der folgenden Woche aufzumachen. Sie begutachtete das Glas eingelegter Radieschen, das ich mitgebracht hatte. »Was sollen wir denn damit machen?«
    »Essen?« Ich konnte mich nicht mal mehr erinnern, dass ich die Radieschen in den Wagen gelegt hatte. »Zum Martini?«
    »Wir machen uns keine Martinis«, sagte Elaine.
    »Könnten wir das nicht?«
    Sie seufzte, streckte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich auf die Wange. »Glaub schon.« Ich wollte etwas zu ihr sagen, die scheußlichen Geräusche aus Alecs Zimmer erwähnen. Ich wusste aber nicht, wie ich davon anfangen sollte, ohne eine Debatte darüber auszulösen, ob ich wie ein Diktator über die Freizeit meines Sohnes bestimmten wollte – und nach Streit stand mir gar nicht der Sinn. Was sagen? Wie anfangen? Während ich noch überlegte, ging Elaine hinaus. Ich setzte mich auf einen Hocker an die Küchentheke und begutachtete das, was ich über die Marmorplatte verteilt hatte. Kratzte mir die Stoppeln auf der Wange. Eingelegte Radieschen. Schottische Butterkekse.
    »Ah, Sie waren einkaufen.« Ich drehte mich um, überrascht – und nicht gerade wenig –, Laura Stern in meiner Küche vorzufinden. Sie hatte Jeans an und eins von Alecs schlabbrigen und mit Farbe beklecksten T-Shirts. Offenbar war sie schon den ganzen Tag bei uns im Haus.
    »Was machst du hier?«
    Sie stöberte in meinen Einkäufen herum. »Interessantes Zeug, das Sie da mitgebracht haben.«
    »Bist du schon den ganzen Tag hier?« Sie nahm das Päckchen rote Bete, sah mich an. Wurde von mir erwartet, dass ich sie jetzt auch noch verköstige?
    »Ich war bei Alec im Atelier«, sagte sie. »Zum Lesen. Beimeinem Eltern zu Hause ist es nicht so einfach, ein stilles Eckchen zu finden.«
    »Wohnst du nicht in der Stadt?«
    »Ich bin die halbe Zeit hier«, sagte sie. »Alec ist gerade los, in den Red Barn, ich soll Ihnen sagen, dass es bei ihm heute Abend spät wird. Er gibt einen Abendkurs.«
    »Warum bist du die halbe Zeit hier, wenn du doch in der Stadt wohnst?«
    »Meine Familie ist ja hier.« Sie legte die rote Bete wieder auf den Tisch. »Warum?«
    »Ich … na ja, wenn ich eine richtige Wohnung in der Stadt hätte, würde ich wohl dort bleiben.«
    Sie sah mich mit schiefem Lächeln an, setzte sich auf den Hocker neben mich. Mir wurde kalt. »Ist doch nett, mal was anderes zu sehen«, sagte sie. »Ich bin gern unterwegs. Ich mag die Stille in Round Hill. So richtig würdigen kann ich das allerdings erst, wenn ich wieder wegfahre.«
    »Vielleicht solltest du … öfters wieder wegfahren?«
    Sie lächelte, als ob ich etwas Komisches gesagt hätte. Entweder sie oder Alec hatten den Halsausschnitt des T-Shirts vergrößert, das sie anhatte, so dass ich, hier neben ihr sitzend, ihr schmales Schlüsselbein und um den Hals das dünne zweireihige Kettchen, das gleiche, das auch ihre Mutter trug, sah. Sie roch aufdringlich nach Seife. Wir hatten beide die Ellbogen auf die Theke gestützt, und ich überlegte, was ich als Nächstes sagen oder tun sollte. Vielleicht, dachte ich mir, räumst du die Lebensmittel weg.
    »Was ist das?«, sagte Laura und zeigte auf einen kleinen gelblichen Fleck an der Innenseite meines Unterarms.
    »Ein blauer Fleck.«
    »Wo haben Sie den her?«
    »Weiß ich nicht mehr.«
    »Warum wissen Sie das nicht mehr?« Sie legte ihren schmalenZeigefinger, beiger

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