Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Friesenrose

Die Friesenrose

Titel: Die Friesenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
Vom Netzwerk:
das sind doch keine richtigen Männer. Bist du sicher, Focke, dass diese Kerle nicht doch spezielle Neigungen haben? Du weiß schon, was ich meine, dass sie vom anderen Ufer sind oder so. Die sehen doch wie die aufgetakelten Weiber in den einschlägigen Kneipen bei uns aus.“
    „Na, so ein Weib würdest du aber nicht von der Bettkante stoßen, oder?“, frotzelte sein Nebenmann.
    „Gut, dass die euch nicht verstehen können“, hatte sich Cirk lachend in ihr Gespräch gemischt. „Und glaubt nur ja nicht, dass euch irgendeine Frau diesen Männern vorziehen würde.“ Er hatte demonstrativ auf die längen Bärte der Seeleute und ihre zerlumpte Kleidung gezeigt. Die Monate auf See waren nicht spurlos an der Besatzung vorbeigegangen. „Ich werde diesen Männern“ – er hatte das Wort Männer besonders betont – „jetzt erst einmal den letzten in Spanien gekauften Wein als Begrüßungstrunk anbieten. Wir wollen uns ja gut mit ihnen stellen, nicht wahr.“
    Die Chinesen waren dem Wein nicht abgeneigt gewesen, und mittels eines Dolmetschers hatte es auch mit der Verständigung keine Probleme gegeben.
    „Diese edlen Herren“ – der Dolmetscher hatte sich vor den Beamten verneigt – „haben für die ehrwürdigen Kaufleute und den Kapitän ein Wohnhaus mit Lagerräumen am Hafen für die Dauer des Aufenthalts in Kanton vorbereiten lassen. Dort werden die Kaufleute dann auch die chinesischen Tee-, Seiden- und Porzellanhändler empfangen. Die Gesandten des Kaisers wären überaus glücklich, die Kaufleute und den Kapitänder Burg von Emden als Gäste in der bescheidenen Behausung begrüßen zu dürfen.“
    Noch am selben Tag waren sie aufgebrochen. Die Behausung hatte sich als Palast erwiesen, und der Empfang durch die Bediensteten war warmherzig und freundlich gewesen. Allerdings hatte Cirk gestern Abend weder von den Räumlichkeiten noch von der Einrichtung des Hauses etwas wahrgenommen. Nachdem seine wenigen Habseligkeiten verstaut waren, hatte er ein schnelles Bad genommen, sich den Bart gestutzt und war danach sofort in einen tiefen Schlaf gefallen.
    Heute jedoch fühlte er sich erfrischt und bereit für den neuen Tag. Gleich nach dem Frühstück wollte er sich mit dem Kapitän der Maisje treffen, dem er im Dezember vergangenen Jahres auf der Kapverdischen Insel San Jago begegnet war, wo ihre Frachtschiffe nebeneinander auf Reede gelegen hatten. Cirk wusste, dass er den Kapitän der Maisje eigentlich als Konkurrenten hätte betrachten müssen. Doch stattdessen hatte er den alten Haudegen schätzen gelernt und herausgefunden, dass dieser ein verdammt guter Schachspieler war. Außerdem sah er keine Veranlassung, dem Kapitän der Maisje mit Ablehnung zu begegnen, nur weil Reemt Neehus dies vielleicht erwartete. „Im Gegenteil“, ging es ihm durch den Kopf, und er hatte dabei etwas im Sinn, mit dem Reemt Neehus noch weniger einverstanden sein würde! Mal sehen, wie seine Idee dem Kapitän der Maisje schmecken würde.
    In der Küche traf Cirk nicht nur auf Hong, den Koch, sondern auch auf einen der drei Kaufleute an Bord der Burg von Emden . Es war der Flame Jean Frangois Michel, den Cirk besonders mochte. Die Männer begrüßten sich höflich. Der Kaufmann schien äußerst begierig auf alles Neue zu sein, und man sah ihn nie ohne seinen Schreibblock. Immer notierte ermit der Zunge zwischen den Zähnen etwas in sein Büchlein und versah seine Notizen danach mit ansprechenden Bildern.
    Michel saß am Tisch, der reichlich mit allem, was ein europäisches Herz begehrte, gedeckt war. Neben ihm stand Hong und gab mit gerunzelter Stirn Auskunft auf seine Fragen. Cirk achtete anfangs nicht auf ihr Gespräch, sondern stürzte sich auf den Tee, verschlang heißhungrig ein Ei und aß ein Brot mit Honig dazu. Als der erste Hunger jedoch gestillt war, konnte er nicht umhin, seine Ohren zu spitzen.
    „Also“, fasste der Flame gerade zusammen, „die Essstäbchen der einfachen Leute sind aus Bambus hergestellt. Höhergestellte Persönlichkeiten verwenden dagegen geschnitzte Stäbchen aus Jade oder Elfenbein. Das Essen wird in der Küche klein geschnitten, damit sich die mundgerechten Stücke gut mit den Stäbchen aufnehmen lassen. Man führt dabei die Schale mit der linken Hand direkt an den Mund. Die Chinesen essen an niedrigen Tischchen und setzen sich dazu auf Bastmatten.“
    Hong nickte und neigte sein Ohr wieder dem Kaufmann zu.
    „Und nun erzählt mir noch einmal vom Markttreiben! Wir Kaufleute sind ja hier sozusagen

Weitere Kostenlose Bücher