Die Friesenrose
letzten Zusammentreffen auf San Jago?“ Cirk trank einen Schluck und stellte dann seine Schale zurück. „Hat Sie der Gouverneur eigentlich auch mit seinem Besuch beehrt?“
Kapitän Jacobs lachte laut auf. „Er kommt auf jedes Frachtschiff, ob man will oder nicht. Bei uns tauchte er tatsächlich am Weihnachtstag auf. Ich glaube, dieser alte Kerl sucht nur einen Grund, um mit den Kaufleuten und Kapitänen zechen zu können. Bot er nicht einen merkwürdigen Anblick?“
„Und ob.“ Cirk schlug sich auf die Knie. „Jean Francis Michel, unser flämischer Kaufmann an Bord, meinte, er sehe mit dem großen alten Hut, den weiten Hosen, seinem Mantel und dem Kruzifix um den Hals aus wie ein reumütiger Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela. Aber der Rum, den er mitbrachte, war so klar wie Wasser und hatte es in sich.“
Kapitän Jacobs nickte. „Die Mannschaft bekam ja leider nichts davon ab, und am nächsten Tag hätte ich gerne mit ihr getauscht.“ Er fasste sich demonstrativ an den Kopf. „War Ihre Besatzung auch so begeistert von den kleinen Booten, voll beladen mit Kokosnüssen, Bananen, Melonenund Orangen, die das Schiff umschwärmten wie Motten das Licht?“
„Ja. Meine Leute haben mit den Einheimischen Tabak, Pfeifen und selbst alte Kleider und Strümpfe gegen Früchte eingetauscht. Ich fürchtete schon um alles Bewegliche an Bord.“ Cirk nahm einen Schluck Tee „Danach sind wir weiter Kurs Südwest gesegelt, um vor der Küste Südafrikas die starken Passatwinde nutzen zu können. Anfang März sahen wir dann den Tafelberg am Kap der Guten Hoffnung vor uns. Vor einer kleinen Insel haben wir noch einmal geankert und uns mit Früchten eingedeckt. Nur wenige Tage vor der Maisje erreichten wir die Mündung des Perlenflusses und gingen in Wampou vor Anker.“
Wieder führte Cirk die Schale zum Mund und warf dann einen anerkennenden Blick auf die rotbraune Flüssigkeit. „Die Chinesen verstehen es wirklich, einen guten Tee zuzubereiten.“
„Ja.“ Der Kapitän schloss die Augen und genoss das Getränk. „Tee“, sagte er schließlich, „damit sind wir dann beim Thema. Hauptsächlich seinetwegen sind wir nach China gekommen.“
Sie schwiegen beide einen Augenblick.
„Tja.“ Kapitän Jacobs blickte Cirk an. „Und eigentlich sollten wir verhasste Konkurrenten sein.“ Er zog demonstrativ fragend die Augenbrauen hoch.
„Nur dem Willen unserer Auftraggeber nach“, ergänzte Cirk. „Stattdessen begegnen wir einander als Freunde.“
„So ist es“, nickte der Kapitän. „Oder legen Sie großen Wert auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Heimreise?“
„Nein, im Gegenteil.“ Cirk blickte seinem Gegenüber prüfend ins Gesicht. „Ich würde es stattdessen begrüßen, wenn wir gemeinsam, im Zweierverbund reisen. Das könnte uns,bei allen unliebsamen Begebenheiten, die uns auf der Rückreise begegnen, eine große Hilfe sein. Außerdem, Kapitän Jacobs, habe ich diesbezüglich noch einen Angriff auf Sie vor!“
„Nicht doch“, wehrte dieser ab. „Mir reicht immer noch der Angriff der Piraten Mitte Dezember. Habe ich Ihnen davon schon erzählt? Nicht? Also, wir waren gerade an den Kanareninseln La Palma und Teneriffa vorbeigesegelt, als uns ein Schiff auflauerte. Es war ein kleineres Fahrzeug, aber gut bestückt mit Waffen. Die Seeräuber ließen uns wissen, dass sie die Herausgabe unseres Silbers verlangten.“ Kapitän Jacobs seufzte schwer bei der Erinnerung. „Mir blieb nichts anderes übrig, als ihnen mit Beschuss zu drohen, sollten sie ihren Kurs nicht unverzüglich ändern.“
„Und, taten sie es?“ Neugierig beugte sich Cirk vor.
„Nachdem ich demonstrativ Gewehre, Säbel und Pistolen, Schießpulver und Kugeln an die Mannschaft hatte verteilen lassen und die Kanonen geladen wurden, haben die Kerle wohl erkannt, dass wir ihnen überlegen waren, und sind schnellstens verschwunden. Aber meine Meinung, dass man ein Kriegsschiff braucht, um sicher bis nach China zu segeln, ist damit wieder bestätigt worden.“
„Tja, wenn ich noch ein Schmuggler und Seeräuber wäre, hätte mich der Schatz im Inneren der Burg vielleicht auch locken können.“ Cirk drehte seine Hand abwägend hin und her. „Aber eine solche Torheit habe ich nicht im Sinn. Mir liegt nichts an Ihrem Schatz, Kapitän Jacobs, mir liegt etwas anderes auf der Seele. Ich habe Ihnen doch erzählt, dass ich diese Reise eigentlich aus einem Zwang heraus, einer Verpflichtung einem Freund gegenüber, angetreten habe. Mir
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