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Die Friesenrose

Die Friesenrose

Titel: Die Friesenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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resigniert den Kopf. „Ein Versprechen gegeben zu haben, das sich nicht erfüllen lässt, nagt schlimmer an einem als die Trauer.“
    Sumi verzog das Gesicht zu einem gequälten Lächeln.
    „Ist diese Frau nicht ein selten jammervolles Geschöpf? Was ist das für eine Gastfreundschaft, die keinen Tee, sondern nur Tränen reicht?“
    Sie schien über sich selbst entsetzt zu sein und zog Inken energisch aus dem Raum.
    „Jetzt wollen wir Tee trinken und aller Trübsal für eine Weile entfliehen. Das Alltägliche verliert sich in einer Tasse Tee!“
    Sie ging Inken voran, und die beiden Frauen stiegen eine schmale Treppe nach oben, wo Inken mit großen Augen eine andere Welt betrat. Im oberen Stockwerk erinnerte nichts mehr an den Verkaufsladen. „Hier wohnt und lebt Sumi“, dachte Inken, und so war es wohl.
    Bunte Fische schwammen in großen Glasbehältern. An den Wänden hingen Seidentücher mit Fabeltieren und Drachen bestickt. Rot war die beherrschende Farbe des Raumes, Rot und Gold. Weiche Kissen luden im Wohnbereich überall zum Sitzen ein. Windspiele verbreiteten eine allgegenwärtige sanfte Musik, und ein feiner frischer Duft hing im Raum. Alle Möbel standen weit von den beiden schmalen Fenstern entfernt, selbst das Bett.
    „Etwas dicht ans Fenster zu stellen bedeutet, sein Glück zu verspielen. Während des Schlafes könnten alle Hoffnungen und Träume in die Gasse fließen. Dafür, dass keine bösen Träume das Leben beschweren, sorgt ein Gefäß mit Wasser.“ Sumi wies unter das Bett.
    Inken war etwas verwirrt, doch dann blinzelte sie Sumi verschmitzt zu. „Nutzt es etwas?“
    „Natürlich.“ Sumi blieb ganz ernst. „Die bösen Träume ertrinken darin. Aber dieses Haus lädt nicht zu bösen Träumen ein. Es hat ein gutes Qi . Hier oben kann es ungehindert fließen.Unten, im Laden, wird das Qi ein wenig durch die vielen Waren behindert.
    Dieses wählerische Geschöpf suchte lange nach einem Haus wie diesem. Es hat vier gleich lange Seiten und liegt zu ebener Erde – so kann das Glück nicht davonrollen. Außerdem scheint die Morgensonne schon früh ungehindert durchs Fenster. Auch das ist gut. Die rote Eingangstür, die aufgehängten Windspiele, die gutes Qi einfangen und wieder ausstrahlen, und der rote Drache über dem Tresen – all das bietet Schutz vor bösen Geistern.“
    In Sumis Sprachsingsang klang immer ein rollender Laut mit, der Inken schmunzeln ließ. Ihre Aussprache hatte etwas zauberhaft Leichtes, etwas ganz Eigenes, Kindliches. Doch ihren Worten selbst haftete nichts Kindliches an. In ihnen lag, ganz im Gegenteil, eine Weisheit und Tiefe, die Inken fremd war.
    So fremd wie die Einrichtung, die Inken zum Staunen brachte. Mit großen Augen starrte sie an die Decke, wo ein Spiegel in einem Bronzerahmen über dem Bett hing.
    „Er dient dazu, die bösen Geister durch ihr eigenes Spiegelbild zu erschrecken.“ Sumi nickte bestätigend. „Hier braucht sich das Mädchen mit dem Feuerhaar nicht vor bösen Mächten zu fürchten. Hier kann man getrost ausruhen.“
    Sie wies auf eines der Kissen. Zögernd und ein wenig verwirrt ließ Inken sich darauf nieder. Sumi ging nach unten und kam kurze Zeit später mit einem Tablett zurück, auf dem ein wunderschönes, mit Päonien bemaltes Teegeschirr stand. Sumi stellte die henkellosen Tassen auf den niedrigen Tisch, und Inken fuhr sacht mit einem Finger über die feinen Malereien.
    „Ein chinesisches Motiv.“ Sumi nickte Inken zu. „Die Päonie steht für das Erwachen. So wie der Frühling das Leben erwachenlässt, soll der Tee die Lebensgeister neu entfachen.“ Mit anmutigen Bewegungen, die Teil einer Zeremonie zu sein schienen, ließ die Chinesin zunächst kristallartige Gebilde in die Tasse gleiten. Aufmerksam verfolgte Inken ihr Tun. Als Sumi schließlich den heißen Tee eingoss, erklangen leise Knistergeräusche, als würden Äste im Feuer verbrennen.
    „Gibst du keinen Zucker in den Tee?“
    „Doch.“ Die Chinesin lächelte. „Eine besondere Art von Zucker, kristallisierter Zucker. Der verehrte Mann dieser Chinesin liebte es, seinen Tee mit dieser besonderen Beigabe zu süßen. Er nannte es Khand , was wohl auch so viel wie ,süß’ bedeuten kann. Es ist nichts Geheimnisvolles daran.“
    Während Inken ihr mit großen Augen lauschte, erzählte Sumi von der Herstellung des Khand . Dann wandte sie sich wieder dem Tee zu und goss mit einer kleinen Schöpfkelle eine winzige Menge Milch hinein. Danach setzte sie sich Inken gegenüber und

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