Die Frucht des Bösen
das heißen, du lässt ihn vom Haken? Vielleicht sollte ich demnächst auch knappe T-Shirts tragen und eine Oktave tiefer sprechen.»
D. D. verdrehte die Augen. «Versteh mich nicht falsch. Der Sportlehrer ist für mich nach wie vor die Nummer eins. Lightfoot war in der Nacht von Lucys Tod nicht da. Außerdem galt ihm der Giftanschlag.»
Alex nickte. «Erstaunlich», sagte er, als sie die fünfte Etage erreicht hatten. «Zuerst konnten wir die Familien nicht in Beziehung zueinander bringen, jetzt aber haben wir jede Menge Überschneidungen: die Station, einen MC mit heimlichem Nebenjob und einen Wunderheiler. Würde mich nicht wundern, wenn es noch mehr gibt. Die Welt der psychisch kranken Kinder scheint gut vernetzt zu sein.»
«Wird Zeit, dass wir mal nachfragen, was Phil und Neil in Erfahrung gebracht haben. Phil wollte Hintergrundrecherchen vornehmen, und Neil erstellt eine Liste aller Angestellten, die regelmäßig die Station besuchen.»
«Na dann bin ich mal gespannt.»
Sie hatten noch vier Stockwerke zurückzulegen. D. D. fischte ihr Handy aus der Tasche.
Phil antwortete schon nach dem ersten Rufton. Er klang müde und hungrig. Offenbar war den Kollegen in der Zentrale keine Pizza vorbeigebracht worden. Aber sie hatten es ja auch nicht mit einer Horde Kinder zu tun, die einem die Augen auszukratzen versuchten.
Phil hatte sich bei diversen Behörden und einschlägigen Datenbanken erkundigt und die Personalien der Stationsmitarbeiter überprüft, die jedoch alle sauber zu sein schienen. Ed, der stämmige MC , war mehrere Male mit überhöhter Geschwindigkeit geblitzt worden, und bei Danielle standen noch ein paar unbezahlte Parkknöllchen aus. Greg schien eine völlig weiße Weste zu haben. Von D. D. auf dessen traurige Familiengeschichte hingewiesen, versprach Phil, der Vergangenheit von Greg und seiner Schwester auf den Grund zu gehen.
«Wenn die Schwester zur Tatzeit noch nicht strafmündig war, werde ich in unserem System wahrscheinlich nichts finden», schränkte er gleich ein.
«Fürs Erste sollte es reichen zu prüfen, ob die Eltern tatsächlich mit Strychnin vergiftet wurden und Sally in einem Heim untergebracht ist, das ihren Bruder zwanzig Riesen im Jahr kostet.»
«Wird gemacht.» D. D. glaubte hören zu können, wie Phil am anderen Ende der Leitung die Fingerknöchelchen knacken ließ. Er liebte solche Recherchen.
«Hast du von Neil gehört? Hat er was über die anderen Angestellten in Erfahrung bringen können?»
«Er hat mir soeben eine vorläufige Liste der Hausmeister, des Küchenpersonals und Lieferanten vorgelegt. Er arbeitet noch daran. Aber ein Name springt sofort ins Auge: Andrew Lightfoot, der Wunderheiler. Scheint nicht sein richtiger Name zu sein. Jedenfalls taucht er in unserem System nicht auf.»
D. D. schaute Alex an und erinnerte sich. «Er erwähnte während unseres ersten Gesprächs, einen alten Familiennamen angenommen zu haben, weil er besser fürs Geschäft ist.»
«Dann werde ich der Sache wohl mal nachgehen müssen.»
«Mach das.» D. D. klappte ihr Handy zu und wandte sich an Alex. «Lightfoot stellt uns vor weitere Fragen», berichtete sie. «Zum Beispiel die nach seinem richtigen Namen.»
D. D. nahm sich vor, Lightfoot gleich als Erstes danach zu fragen, doch als sie und Alex die Intensivstation erreichten, mussten sie sich sagen lassen, dass der Patient spurlos verschwunden sei.
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37 . Kapitel
Danielle
«Warum hast du mir das verschwiegen?», fragte ich Greg.
«Warum hast du mich nie danach gefragt?», entgegnete er.
Wir saßen im Klassenzimmer, wo man uns vernommen hatte. Die Sergeantin stand neben der Tür, aß ein Stück Pizza und las in einer Akte. Mit uns am Tisch saß allerdings noch der andere Detective, der wahrscheinlich jedes Wort, das wir wechselten, mitverfolgte.
«Ich hätte Verständnis dafür gehabt», sagte ich, ein wenig erstaunt darüber, wie gereizt meine Stimme klang. Gregs Geheimnisse machten mich wütend. Schließlich war ich diejenige mit dem schweren Schicksal, während er doch eigentlich ein offenes Buch hätte sein sollen. Und jetzt sah ich mich mit der Tatsache konfrontiert, dass er ebenfalls eine tragische Vergangenheit hatte, aber sehr viel besser damit umzugehen schien als ich mit meiner.
Greg musterte mich nachdenklich. «Wirklich?»
«Da fragst du noch? Deine Familiengeschichte, meine Familiengeschichte. Warum hast du mir noch nie etwas von deiner Schwester erzählt?»
«Wieso hätte
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