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Die Frucht des Bösen

Die Frucht des Bösen

Titel: Die Frucht des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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in den White Mountains.
    Als ich schwanger wurde, erschloss ich mir neue Gelegenheiten für zügellosen Konsum. Ich bestellte Kaschmirpullover bei Pea in the Pod, Säuglingsausstattung bei Burberry und natürlich einen englischen Kinderwagen, richtete das Kinderzimmer ein, nahm Yogastunden und stellte mich morgens von Kaffee auf entkoffeinierten grünen Tee um. Für unser Kind nur das Beste.
    Michael schenkte mir ein Brillantcollier, ein zweikarätiges Ding, das mich als seine elegante schwangere Frau etikettierte. Außerdem führte er mich jeden Samstagabend in ein anderes Bostoner Szene-Restaurant aus, wo wir nach allen Regeln der Kunst schlemmten und darüber scherzten, dass so was bald der Vergangenheit angehören würde. Er trank immer Gin Tonic, und ich nippte an meinem Cranberrysaft. Oft blieben wir bis zwei in der Nacht auf den Beinen, zum einen, weil wir es uns leisten konnten, zum anderen aber auch, weil wir gar nicht so unglücklich darüber waren, dass sich unser Leben bald verändern sollte.
    Wir liebten uns. Wirklich. Und wie viele junge Paare waren wir überzeugt davon, dass es nichts gab, was wir nicht würden meistern können, keine Herausforderung, der wir nicht gewachsen wären, und keine Hürde, die wir nicht überspringen könnten, solange wir einander hatten.
    Dann fing ich mir eine bakterielle Infektion ein, von der ich nichts merkte, denn nach außen hin war ich gesund und voller Leben. In meinem Bauch aber nahm mein ungeborenes Kind unwiderruflich Schaden.
    An die Fahrt ins Krankenhaus erinnere ich mich nur noch vage. Ich hatte starke Blutungen. Meine Nachbarin Tracey, die den Rettungsdienst alarmiert hatte, saß neben mir im Krankenwagen und hielt meine Hand, während ein Sanitäter meine Wildlederhose aufschnitt und Kommandos brüllte, die mir Angst machten, hatte ich doch beruhigende Worte erwartet.
Ihrem Kind geht’s gut, keine Sorge, Ma’am.
    Im Krankenhaus verlor ich das Bewusstsein. Michael war wenig später bei mir. Laut Auskunft meiner Nachbarin hielt er meine Hand so fest umklammert, dass die Ärzte ihn von mir abpflücken mussten, um mich auf die Entbindungsstation zu bringen.
    Dann, viel zu früh, kam Evan Michael Oliver zur Welt.
    Er wog keine drei Pfund, als ich ihn das erste Mal sah. Er war so klein wie ein Katzenbaby und lag in einem Glaskasten, an einem halben Dutzend Schläuchen angeschlossen. Der kleine, schrumpelige Körper war von feinem Flaum bedeckt und so durchscheinend, dass er bläulich schien, was von den Äderchen unter der Haut herrührte.
    Er brauchte den Inkubator, um nicht auszukühlen. Über ein Luftventil wurde ihm Sauerstoff zugeführt, und ein Schlauch versorgte ihn mit Nahrung. Blutdruck, Herz- und Lungenfunktionen wurden ständig kontrolliert. Und da waren noch eine Abführpumpe, ein Tropf und verschiedene andere Kanülen, die ihn am Leben hielten und ihm dabei helfen sollten, die Infektion zu bekämpfen.
    Er sah aus wie eine Porzellanpuppe im gläsernen Sarg. Wir durften ihn anschauen, aber nicht berühren, standen viele kurze Momente Schulter an Schulter vor diesem Kasten und spürten, dass da etwas ganz schwer im Argen lag. Darüber konnte uns auch alles gute Zureden vonseiten der Fachleute nicht hinwegtäuschen.
    Eine Sozialarbeiterin bot sich an, unsere Eltern zu informieren. «Sie brauchen das nicht allein zu bewältigen. Wenden Sie sich an die Gemeinde, an Eltern und Freunde. Es gibt Menschen, die für Sie da sein wollen.»
    Michael war wie versteinert und sagte dazu kein Wort. Die Sozialarbeiterin verstand den Hinweis und entfernte sich. Es war nicht ihre Schuld, dass wir keine Familie oder Freunde hatten, jedenfalls keine, von denen Unterstützung zu erwarten gewesen wäre. Meine Mutter hatte mir nie verziehen, dass ich schöner war als sie, und Michaels Geschwister verbrachten mehr Zeit im Knast als draußen. Wir hatten uns schon vor Jahren von unseren Leuten getrennt und waren überzeugt davon, dass wir aneinander genug hätten.
    An diesem ersten Tag hätte ich am liebsten laut geschrien. Ich durfte Evan immer nur für ein paar Minuten auf der Säuglingsintensivstation besuchen und musste dann in mein Krankenzimmer zurück, wo ich, um meinen verräterischen, ausgeleierten Bauch gekrümmt, auf der Seite lag. Krankenschwestern versorgten mich mit Medikamenten. Eine Hebamme brachte mir bei, wie die Milchpumpe zu handhaben war. Ich sollte schlafen und mich auf meine Genesung konzentrieren. Stattdessen aber ließ ich die vergangenen dreißig

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