Die Frucht des Bösen
flüsternd aus seinem Lieblingsbuch.
Ich streichle seine Wange. «Ich liebe dich auch.»
«Ich will dir nicht wehtun», murmelt er wie im Traum, die blauen Augen geöffnet. «Aber ich tu’s.»
[zur Inhaltsübersicht]
Freitag
7 . Kapitel
D. D. schlief bis sieben, was verschwenderisch lange war, wenn ein wichtiger Fall anstand. Aber nach dem späten Ausflug ins Krankenhaus hatte sie die Extrastunden bitter nötig gehabt. Außerdem würde sie heute Freunde und Angehörige der Familie befragen, und die waren in der Regel nicht gerade begeistert, wenn die Polizei vor neun bei ihnen auf der Matte stand.
Sie duschte sich, kippte zwei Espressi und plante ihren Vormittag. Neil wollte in der Gerichtsmedizin bei der Autopsie zusehen. Also blieb ihr und Phil nichts anderes übrig, als in Harringtons Nachbarschaft Türklinken zu putzen.
Im Hauptquartier machte sie kurz halt, um die Berichte auf ihrem Schreibtisch durchzugehen, darunter die Protokolle der Gespräche mit den Nachbarn, die schon gestern Abend zu sprechen gewesen waren. Zwei Personen schienen von besonderem Interesse zu sein: eine Mrs Patricia Bruni und ein gewisser Dexter Harding. Beide behaupteten, die Harringtons gut zu kennen. Mrs Bruni war in derselben Kirchengemeinde tätig, und Mr Dexter hatte regelmäßig mit dem Vater und anderen Bekannten Poker gespielt.
Vielversprechend, dachte D. D. Sie steckte die Abschriften ein und machte sich auf den Weg nach Dorchester. Phil wollte vor dem versiegelten Haus der Harringtons auf sie warten.
Es war an diesem Morgen recht still in der Siedlung. Sie glaubte, eine geradezu düstere Stimmung auszumachen, aber das war wahrscheinlich bloß Einbildung. Sie fand es immer ein bisschen unheimlich, einen Tatort aufzusuchen, wenn das Blut, die Geräusche und Gerüche nur noch Erinnerungsasservate waren. Das Haus bildete bloß noch die Hülle von Gewesenem. Eine Familie hatte dort gewohnt, gelacht und sich geliebt. Vielleicht auch nicht. Aber auf jeden Fall war Leben darin gewesen. Und das war nun ausgelöscht.
D. D. parkte hinter einem Chevy Tahoe und sah Phil ein paar Schritte weiter auf dem Gehweg stehen, in Begleitung seines neuen Schattens, des Polizeiakademie-Professors Alex Wilson.
D. D. runzelte leicht angenervt die Stirn, obwohl sie nicht genau erklären konnte, warum. Als sie die Wagentür öffnete, schlug ihr ein Schwall heißer Augustluft entgegen, was ihre Laune nicht gerade verbesserte. Sie klemmte ihre Ausweise an den Gürtel und ärgerte sich, dass sie statt des blauen, ärmellosen Diensthemdes nicht ein Spaghettiträgertop anziehen durfte.
Phil und Alex standen in dunklen Anzügen einander gegenüber und schienen sich bereits angefreundet zu haben. Als er sie kommen sah, wischte sich Phil ein Lächeln vom Gesicht, und schon schöpfte sie Verdacht.
«Hey», grüßte sie schnippisch, und an Alex gewandt: «Wieder mit von der Partie?»
«Ich kann’s einfach nicht lassen», meinte er.
«Wir führen heute Befragungen durch, um uns ein Bild von den Opfern machen zu können. Das ist etwas anderes als Spurensicherung am Tatort.»
Der Professor zuckte mit den Achseln. «Man kann immer dazulernen.»
Sie blieb skeptisch. Alex trug ein schwarzes Jackett über einem blauen Hemd und eine dunkle Hose mit Bügelfalten. Darin müsste er bei diesem Wetter doch schwitzen wie ein Schwein, dachte sie. Aber davon war keine Spur, während ihr bereits die ersten Schweißperlen über den Rücken liefen.
«Okay», sagte sie kurz angebunden und schlug ihre Liste auf. «Zwei Nachbarn sind für uns von besonderem Interesse. Patricia Bruni und Dexter Harding. Ich übernehme Bruni, ihr stattet Harding einen Besuch ab. Irgendwelche Einwände?»
Phil schaute sie an. Alex richtete seinen Blick auf Phil.
«Ist was?»
«Wär’s nicht besser, wir blieben zusammen?», fragte Phil. «Zu dritt gewinnen wir dreimal mehr Eindrücke.»
«Und haben die Zeugen eingeschüchtert, ehe sie ein Wort herausbekommen.»
«Du stellst die Fragen, und wir halten uns im Hintergrund», schlug Phil vor.
«An Mutters Rockzipfel?»
«Genau.» Phil nahm ihr die Liste aus der Hand. «Patricia Bruni. Wohnt gleich dahinten. Gehen wir.»
Er setzte sich in Bewegung, bevor sie protestieren konnte. Alex wartete auf sie und folgte ihr auf gleicher Höhe. «Ich habe von Ihrer interessanten Nacht im Krankenhaus erfahren», sagte er.
«Von interessant kann keine Rede sein.»
«Ich habe mir das Spiel der Red Sox angesehen.»
«Baseball interessiert
Weitere Kostenlose Bücher