Die Frucht des Bösen
hat eine Stichverletzung am linken Oberarm. Gestorben ist sie allerdings an Sauerstoffunterversorgung. Sie wurde erwürgt, und das gebrochene Zungenbein lässt darauf schließen, dass der Täter über beträchtliche Kräfte verfügt.»
«Mehr als ein neunjähriger Junge?», fragte D. D.
Neil warf ihr einen irritierten Blick zu. «Allerdings.» Er schaute wieder auf seine Notizen. «Im Fall des Vaters Patrick Harrington ist unser Gerichtsmediziner noch nicht zu einem abschließenden Ergebnis gekommen. Fest steht nur, dass er an Schwellungen im Gehirn infolge eines Kopfschusses starb.»
«Okay. Drei tödliche Stichverletzungen, einmal Tod durch Ersticken, ein Kopfschuss. Wenn ich mich richtig erinnere, ist in vergleichbaren Fällen meist nur eine Todesart festgestellt worden», sagte D. D. mit Blick auf Alex.
Der nickte. «Bei solchen Familientragödien kommen in der Regel nur Schusswaffen, Gift oder Gas zum Einsatz. Wir hatten auch schon Fälle, in denen der Familienvater Frau und Kinder, vielleicht um ihnen Qualen zu ersparen, zuerst betäubt und dann erschossen hat. Wenn wir nach einem halbwüchsigen Täter suchen – dem missbrauchten Sohn, der aus Rache tötet –, kommen eher Totschlag und/oder Gift in Betracht. Von einem vergleichbaren Fall, bei dem ein Einzeltäter die Waffen wechselt, habe ich noch nie gehört.»
«Einzeltäter», griff D. D. als Stichwort auf. «Lassen wir doch mal für eine Weile die Annahme gelten, dass es sich um mehrere Täter gehandelt haben könnte. Sind uns Fälle bekannt, in denen ein heranwachsender Täter einen Komplizen hatte? Ich denke an eine Tochter und deren Freund, die Familienangehörige umbringen, um zusammenleben zu können. Gab es da nicht so was in der Art: Totschlag an Großeltern, begangen von der Enkelin und deren lesbischer Freundin?»
«Wenn ein Teenager seine Familie auslöscht, ist in der Tat meist ein Partner involviert», bestätigte Alex. «Aber in solchen Fällen versuchen die Täter ungeschoren davonzukommen. Mir ist kein Fall bekannt, in der nur einer der beiden geflohen wäre.»
«Und wenn sich der Komplize gegen den Anstifter wendet?»
«Warum?», fragte Alex.
«Was weiß ich?»
«Sehr unwahrscheinlich», sagte Alex. «Außerdem sieht es am Tatort der Harringtons nach einem methodischen Vorgehen aus. Zwei Teenager im Blutrausch hätten andere Spuren hinterlassen. Wir suchen nach einem Täter, der überdurchschnittlich kräftig und intelligent ist. Geduldig, kalkulierend und geübt. Zeigen Sie mir einen solchen Teenager, und Sie haben mich überzeugt.»
«Na schön», sagte D. D. «Was wissen wir über die Tatwaffe?»
«Das Messer gehört zu einem Set, das in der Küche im Gebrauch war.» Phil hatte seinen Donut gegessen und wischte sich die Krümel von seinem leicht gewölbten Bauch. «Der Griff war so verschmiert, dass keine Fingerabdrücke abgenommen werden konnten.»
«Und die Pistole?»
«Registriert auf den Namen Patrick Harrington. Darauf Teilabdrücke, die eindeutig ihm zugeordnet wurden.»
«Die Tatwaffen stammen also beide aus dem Haus?»
Phil nickte.
«Jetzt zum anderen Tatort, der Wohnung von Laraquette-Solis.»
Alex war wieder an der Reihe. Er nahm seine Notizen in die Hand und sagte: «Unterschiedliche Vorgehensweisen. Vier Schüsse – auf den Mann im Wohnzimmer, den Jungen im Flur und die beiden Mädchen im Schlafzimmer. Die erwachsene Frau, Audi Solis, wurde in der Küche niedergestochen, der Säugling in seiner Wiege erstickt, wahrscheinlich mit einem Kissen. In welcher Reihenfolge, wissen wir noch nicht. Es könnte sein, dass der Vater Frau und Kinder getötet, sich dann aufs Sofa gesetzt und erschossen hat. Oder er wurde zuerst getötet, dann die Familienangehörigen, worauf der Täter ihm, dem Vater, die Waffe unter die Hand gelegt hat, um Selbstmord vorzutäuschen.»
«Das Messer?», fragte D. D.
«Gehört zu dem Set, das in der Küche gefunden wurde», wiederholte Phil. «Griff ohne Abdrücke.»
«Die Pistole?»
«Nicht registriert. Seriennummer weggefeilt.»
«Gestohlen», sagte D. D. «Oder vom Schwarzmarkt.»
«Wahrscheinlich.»
«Heiße Waffe im Besitz eines Drogendealers», stellte D. D. fest. «Interessant sind die Gemeinsamkeiten: Kopfschuss, Messerstiche und Tod durch Ersticken. Und in beiden Fällen stammen die Tatwaffen aus dem eigenen Haushalt.»
«Das besagt noch nicht viel», meinte Alex.
«Nein, aber es ist interessant. Um mit Ihren Worten zu sprechen: Diese Art von Verbrechen
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