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Die Frucht des Bösen

Die Frucht des Bösen

Titel: Die Frucht des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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wahrscheinlich. Wir sprechen hier über Angriffe auf ganze Familien, im Fall der Harringtons dazu noch am helllichten Tag. Ein Killer ohne Plan hat vielleicht den Impuls für eine solche Tat, aber keinen methodischen Ansatz. Organisierte Killer hingegen lassen sich Zeit, um das Terrain sondieren und mögliche Risiken einschätzen zu können.»
    «Eines der ersten Verbrechen von BTK war der Angriff auf eine Familie, die gerade am Frühstückstisch saß», sagte D. D., womit sie auf den sogenannten Blind-Torture-Kill-Mörder anspielte, der vor Jahrzehnten in Kansas sein Unwesen getrieben hatte. «Er verschaffte sich unter irgendeinem Vorwand Einlass und bedrohte mit seiner Waffe so lange die Kinder, bis die Eltern sich einverstanden erklärten, sich von ihm fesseln zu lassen. Von dem Moment an ging er strikt nach Plan vor.»
    «An unseren Tatorten fehlen Hinweise darauf, dass die Opfer gefesselt wurden», bemerkte Phil.
    «Außerdem hat BTK seinen Opfern zuerst nachgestellt», entgegnete Alex. «Er hat monatelang ihr Umfeld ausgekundschaftet. Wir ermitteln hier allerdings in Fällen, die nur sechsunddreißig Stunden auseinanderliegen. Wo wäre da die Zeit geblieben, um einzelne Familienmitglieder zu observieren oder einen Plan zu entwickeln, geschweige denn um herauszufinden, dass in beiden Haushalten praktischerweise eine Pistole herumliegt?»
    «Noch etwas», ergänzte Alex. «Wenn wir es mit einem Serienfall zu tun hätten, müsste es eine Auszeit geben. Die meisten Killer legen nach ihrer Tat eine Pause ein, um ihren Erfolg auszukosten.»
    «Das ist plausibel», sagte sie genervt, weil sie Alex recht geben musste. Was wiederum bedeutete, dass sie selbst falschlag. Scharf auf ihn zu sein war schlimm genug, scharf und sich dabei noch dumm zu fühlen, schlichtweg unerträglich.
    «Wie dem auch sei», fuhr Alex fort. «Dass ein Killer innerhalb von nur sechsunddreißig Stunden über zwei Familien herfällt, halte ich für sehr unwahrscheinlich. So viel Blutdurst, kombiniert mit einem derart hohen Grad an Kontrolle …» Er war immer leiser geworden und stockte. «Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.»
    «Aber wie wahrscheinlich ist es, dass zwei Väter unabhängig voneinander Frauen und Kinder umbringen, jeweils auf dieselbe Art und Weise, und das in einem so kurzen zeitlichen Abstand?»
    «Zufälle soll’s geben.»
    «Das ist kein Zufall!»
    «Was dann?»
    «Wir brauchen weitere Informationen. Ich hab da eine Idee: Wir ermitteln ein bisschen. Was meint ihr?»
    Alex verdrehte die Augen. D. D. ließ sich ihren Zitronenkuchen schmecken.
    «Ich finde, wir sollten unsere Aureolen putzen», verkündete sie.
    «Hey», protestierte Phil. «Ich habe Familie …»
    «Dann kannst du dich ja beim Jugendamt über Oswald Harrington und die Laraquettes erkundigen. Alex, Sie kommen mit mir.»
    «Aber ich habe heute Morgen schon geduscht.»
    «So war das nicht gemeint. Wir werden uns um unsere innere Schönheit kümmern.»
    «Im Heilbad?»
    «Nein. Wir besuchen den Lieblingsschamanen von Denise Harrington. Andrew Lightfoot.»

[zur Inhaltsübersicht]
    15 . Kapitel
    Victoria
     
    Um 4 : 14  Uhr kam Evan zu mir und wollte in den Park gehen. Er wiederholte seine Bitte um 4 : 33 , 4 : 39 , 4 : 43 , 4 : 58 , 5 : 05 und 5 : 12 .
    Jetzt ist es halb sechs, und wir gehen in den Park.
    Ein wunderschöner Morgen. Der Regen in der Nacht hat die Schwüle abklingen lassen. Die Luft ist warm, angenehm, wie ein Kuss auf die Wangen. Wir spazieren die Straße entlang, haben unser Frühstück in der Hand und sehen am Horizont die ersten Sonnenstrahlen. Massachusetts liegt am Ostrand der Zeitzone, weshalb die Sonne besonders früh aufgeht. Mir gefällt die Vorstellung, dass uns der frühe Tagesbeginn für andere Mängel entschädigt. In anderen Staaten wird sauberer gesprochen. Bei uns wird es eher hell.
    «Purpur», sagt Evan freundlich. Er läuft um mich herum und zeigt auf den Horizont. «Und gelb und orange und fussig.»
    «Fussig» ist eins seiner Lieblingswörter. Ich habe keine Ahnung, warum.
    Der Park kommt in Sicht. Man sollte annehmen, zu dieser frühen Stunde wäre der Spielplatz leer. Aber da ist ein kleiner Junge, der um ein beeindruckendes Klettergerüst herumtapst, beobachtet von seiner Mutter, die auf einer Bank in der Nähe sitzt.
    Ich zögere. Evan rennt los. «Ein Freund! Mommy, Mommy, ein neuer Freund!»
    Als ich den Spielplatz erreiche, hat Evan bereits ein halbes Dutzend Runden um den kleinen Knirps gedreht. Der weiß

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