Die Frucht des Bösen
nicht darum, Ihre innere Zicke zu finden, Sergeant Warren. Vielleicht ist der Schlüssel zu Ihrem Glück die Begegnung mit Ihrem inneren Engel.»
Er lehnte sich wieder zurück. D. D. schaute ihm unverwandt ins Gesicht und versteckte die Hände, die sie zu Fäusten geballt hatte. Schwester Danielle hatte recht. Ein arrogantes Arschloch. Und trotzdem … trotzdem.
«Würde es Sie überraschen zu erfahren, dass mein Vater bei der Polizei war?», fragte er unvermittelt. «Kein Großstadt-Detective wie Sie. Nur ein unbedeutender Cop in einer Kleinstadt. Ich war der ehrgeizige, aufstrebende Sohn, der es nicht erwarten konnte, die Großstadt kennenzulernen. Nach meiner ersten Begegnung mit der Wahrsagerin habe ich meinen Vater angerufen. Er bestätigte mir, dass Schamanenblut in meinen Adern fließt, scheute sich aber, unserem Erbe allzu viel Bedeutung beizumessen. Jedenfalls hatte er ausgeprägte Instinkte und die Fähigkeit, anderen hinter die Stirn zu blicken. Er wusste, wann ihn jemand belog. Er wusste, welche Männer ihre Frauen schlugen und welche Frauen ihre Kinder vernachlässigten. Und er spürte, wenn Unheil in der Luft lag. Er konnte es fühlen, diese Negativität, die sich wie elektrische Ladung auflädt. Er nahm dann die üblichen Verdächtigen fest, doch damit war es nicht getan.
Mein Vater traute seinen Fähigkeiten nicht. Sie verblüfften ihn vielleicht, aber er glaubte nicht an sie. Kann der Umstand, dass wir in einer friedlichen Kleinstadt lebten, bedeuten, dass seine Heilkräfte unterentwickelt waren? Oder lebten wir in einer friedlichen Kleinstadt,
weil
er über so große Heilkräfte verfügte? Willkommen in der Welt des Woo-woo.»
«Arbeiten Sie auch mit Kindern?», fragte D. D.
«Ich arbeite mit Patienten aller Altersstufen.»
«Beschränken wir uns auf die Kinder», insistierte sie.
Er breitete die Arme aus. «Was wollen Sie wissen, Sergeantin?»
«Behandeln Sie auch geistige Störungen, verhaltensauffällige Kinder und dergleichen?»
«Ich habe mich schon um eine Reihe von Kindern gekümmert, die gemeinhin als emotional instabil bezeichnet werden.»
«Und als was bezeichnen Sie solche Kinder?»
«Als alte Seelen. Als unglaublich weise und empfindsame Wesen, die sich dem heimtückischen Angriff negativer Kräfte ausgesetzt sehen. Diese negativen Kräfte werden vom Licht angezogen, insbesondere von alten Seelen, und geben sich erst zufrieden, wenn sie diese zerstört haben.»
D. D. dachte darüber nach. «Sind wir wieder bei der Schlacht zwischen Licht und Dunkel? Kommt mir vor wie bei
Star Wars
.»
«Eher wie beim
Herrn der Ringe
», meinte Lightfoot und lächelte wieder. «Sie sind eine alte Seele», stellte er wie nebenbei fest.
«Das liegt an der Schwüle.»
«Sie glauben mir nicht.»
«Nicht die Bohne. Mir fällt allerdings auf, dass Leute wie Sie Ihrem leichtgläubigen Publikum immer weismachen wollen, dass sie etwas Besonderes sind. Eine alte Seele. Die Wiedergeburt der Königin von Saba. Von der Wahrsagerin bekommt man nie zu hören, man sei vor tausend Jahren ein armer Tagelöhner gewesen, obwohl das die meisten damals waren. Und auch ein Schamane behauptet nie, man sei nur ein Staubkörnchen im Kosmos des Lebens.»
«Sie müssen die Wahrheit in sich selbst finden.»
«Was Sie nicht sagen.»
Lightfoot lachte entspannt. D. D. blickte in ihren Kaffeebecher und fummelte an der Serviette herum. Sie fühlte sich von Alex beobachtet und fürchtete, dass er mehr sah, als sie wollte.
«Kleine Kinder, alte Seelen», murrte sie. «Worüber reden wir hier eigentlich?»
Lightfoot legte wieder im professoralen Gestus die Fingerspitzen aneinander.
«Ich muss Sie enttäuschen. Ich glaube nicht an vorherige Leben, sondern daran, dass alles im Jetzt passiert, allerdings auf unendlich vielen Ebenen gleichzeitig. Ihre Seele sucht eine dieser Ebenen auf, um zu erfahren, was auf ihr zu erfahren ist. Freude, Schmerz, Liebe, Hass und so weiter. Manchmal kommt eine alte Seele im Körper eines Säuglings auf eine dieser Ebenen, und als alte Seele hat sie so viel Kraft, dass sie eine Vielzahl von Ebenen durchdringt und dunkle Energien anzieht. Jede Ursache hat eine Wirkung. Und alles Positive fordert Negatives heraus. Leider können sich kleine Kinder vor negativen Kräften nicht schützen. In ihrer Überempfindlichkeit machen sie sich alles zu eigen, sei es den Stress der Mutter, die kein Geld zum Einkaufen hat, oder die Angst des Nachbarkindes, von anderen schikaniert zu werden. Sie stehen
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