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Die Frucht des Bösen

Die Frucht des Bösen

Titel: Die Frucht des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Gaspedal noch weiter durch, sehr zum Missfallen der anderen Verkehrsteilnehmer, die sich hupend beschwerten. Wenn sie den Blick aufs Meer genießen wollen, dachte sie, sollen sie gefälligst den Wagen stehen lassen und zu Fuß gehen.
    «Einverstanden», sagte Alex.
    Zehn Minuten später hatte sie das Café gefunden, in dem sie vor rund fünf Jahren schon einmal gewesen war, als sie ein Date in Rockport gehabt hatte. Es dauerte noch eine Weile, bis sie einen Parkplatz gefunden hatte, der ungefähr so groß war wie ihr Auto lang. Alex kniff die Brauen zusammen. Für D. D. war das eine Sache der Ehre, gleich auf den ersten Versuch den Wagen parallel zur Bordsteinkante einzuparken.
    «Innerer Engel, so ein Quatsch!», knurrte sie ein zweites Mal, stieß die Tür auf und marschierte auf das Café zu. Sie bestellte an der Theke ein Käsesandwich, Eistee und anderthalb Kilo Fudge. «Fürs Team», erklärte sie, als Alex über ihre Bestellung den Kopf schüttelte. «Wer schwer arbeitet, soll auch essen.»
    Er selbst begnügte sich mit einem halben Pfund Schoko-Pralinen-Fudge. Kein Sandwich. Anscheinend aß er nur einmal am Tag deftig. Weichei.
    Sie nahmen am einzigen noch freien Tisch Platz, der gerade groß genug war für zwei Personen, vorausgesetzt, man rückte ganz eng zusammen. Alex wickelte seinen Fudge aus und aß langsam und mit sichtlichem Genuss. Sie beugte sich über ihr Sandwich.
    «Unser Schamane hat Sie schwer beeindruckt, was?», fragte Alex und grinste.
    «Ach, und das sagt mir ausgerechnet ein Mann, der sich von einem Köter mit Zungenkuss verabschiedet.»
    «Sie hat angefangen», entgegnete Alex und fuhr verlegen mit der Hand über seinen Mund. «Außerdem steht Tibbie nicht unter Mordverdacht.»
    «Auch ihr Herrchen weist jeden Verdacht von sich.»
    «Und was halten Sie von ihm?»
    «Er ist ein Spinner», grummelte D. D. Sie schob den Sandwichrest beiseite, um sich über ihren Fudge hermachen zu können. Schokolade mit einer hübschen Verzierung aus Erdnussbutter darauf. «Woo-woo, wenn ich das schon höre!»
    «Sie halten sich eher selten in höheren Sphären auf, oder?»
    D. D. blitzte ihn finster an. Immerhin war es ihr mit ihrem Frontalangriff gelungen, dem geschockten Wunderheiler ein paar Details über die Harringtons zu entlocken. Er hatte zugegeben, vor knapp einem Jahr mit Ozzies Behandlung begonnen und ihm nach einer ersten Phase des Kennenlernens im häuslichen Umfeld ein paar einfache Meditationsübungen beigebracht zu haben, mit dem Ziel, dass er lernte, sich auf sein inneres Licht zu konzentrieren und negative Energien abzuwehren.
    Am effektivsten, so Lightfoot, habe er nachts arbeiten können, und zwar im Haus der Harringtons, wo er sich in einen Zustand meditativer Trance versetzt und mit Erlaubnis der Eltern die einzelnen Familienmitglieder auf «Zwischenebenen» besucht habe, um direkt mit ihren Seelen kommunizieren zu können. Schon beim ersten dieser Ausflüge habe er erfahren, dass Ozzie das Ergebnis einer Vergewaltigung war und von Anfang an die Wut seiner Zeugung in sich trug. Er habe daraufhin ein Treffen zwischen der Seele Ozzies und der seines gewalttätigen Erzeugers arrangiert, um den «Heilungsprozess einzuleiten». Weil Ozzie außerdem den Todesschmerz seiner Mutter in sich trug, führte Lightfoot schließlich dessen Seele auch mit der seiner Mutter zusammen, damit diese von jener erfahren konnte, dass sie, die Mutter, ihn herzlich liebte und nie und nimmer in Stich lassen wollte.
    Nach vier Wochen Nachtarbeit sei Ozzie merklich ruhiger geworden. Sie hätten die Sitzungen dann auf den Tag verlegt, mit Erfolg. Innerhalb von zwei Monaten habe der Junge die Kunst der Tiefenatmung erlernt und sich in siebenfacher Umarmung von sieben Engeln gewähnt. Nach weiteren drei Monaten habe er von sich aus Schutzbarrieren aufbauen können, sodass mit Zustimmung der Eltern und des Hausarztes damit begonnen werden konnte, die Medikamente abzusetzen.
    «Eine beeindruckend starke Seele», hatte Lightfoot bewundernd gesagt. «Es ist großartig mitzuerleben, wie eine solche Seele wieder zu sich selbst findet.»
    D. D. hatte daraufhin auf Ozzies Tierquälereien angespielt.
    «Niemand gesundet über Nacht», war Lightfoots Erklärung dafür gewesen. «Man muss auch vereinzelte Rückschläge in Kauf nehmen.»
    Seine Bonmots kamen bestimmt gut an, dachte D. D. und zweifelte keinen Augenblick daran, dass leidgeprüfte, überarbeitete Mütter seine Köder samt Haken und Schwimmer

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