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Die Früchte der Unsterblichkeit

Die Früchte der Unsterblichkeit

Titel: Die Früchte der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Damals war ich drauf und dran, eine Meisterin der Schusswaffen zu werden.«
    Raphael nickte. »Das ist etwas ganz Besonderes, oder?«
    »Absolut. Ich hatte schon alle Sicherheitsunterweisungen hinter mir, alle Prüfungen bestanden. Im Prinzip ist die Ernennung nur noch eine Formsache. Aber Ted wird mich nie ernennen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er spürt, dass mit mir etwas nicht stimmt. Und so lange er den Finger nicht drauflegen kann, bin ich die einzige Ritterin ohne laufende Fälle. Ich habe noch nicht einmal ein eigenes Büro.«
    Raphael schob störrisch den Unterkiefer vor. Das hatte ich schon ein paarmal bei ihm gesehen und wusste, was es bedeutete. »Den Gesichtsausdruck kenne ich.«
    Er schenkte mir ein umwerfendes Lächeln. »Was für einen Gesichtsausdruck?«
    »Versprich mir, dass du Ted meinetwegen nicht schaden wirst, weder direkt noch indirekt. Ich meine es ernst, Raphael. Versprich es mir.«
    »Was er mit dir macht, ist total …«
    »Ich würde es an seiner Stelle genauso machen. Ich wusste, worauf ich mich einlasse, als ich dem Orden beigetreten bin. Der Orden hat sein Versprechen mir gegenüber nicht gebrochen. Die Schuld liegt ganz allein bei mir. Ich habe mich unter Vortäuschung falscher Tatsachen eingeschlichen und wenn ich auffliege, dann muss ich den Preis dafür zahlen. Damit habe ich mich abgefunden.«
    »Und was ist der Preis?«
    Angst überkam mich, schnürte mir einen Moment lang die Kehle zu. »Die befördern mich mit einem kräftigen Tritt in den Hintern auf die Straße.«
    »Ist das alles?«, fragte er. »Meinst du nicht, die schicken dir noch jemanden hinterher, der dafür sorgt, dass du nicht der Gegenseite beitrittst?«
    »Bestimmt nicht«, sagte ich. »Die konditionieren einen ziemlich gut. Selbst wenn sie mich vor die Tür setzen, bevor ich mich gegen den Orden stelle, müsste schon viel passieren. Versprich es mir.«
    »Na gut. Ich verspreche es dir.«
    Eine Weile fuhren wir schweigend weiter.
    Raphaels Blick verdüsterte sich. »Vielleicht sollten wir uns dann auch mit öffentlichen Liebesbekundungen zurückhalten.«
    Ich sah ihn direkt an. »Oh, nein. Ich glaube, du verstehst das noch nicht richtig. Du gehörst
mir
. Befindet sich eine attraktive Frau in der Nähe, dann wirst du mich mit Liebesbekundungen überschütten. Ansonsten muss ich deinen Verehrerinnen noch mit der Pistole zu Leibe rücken und ich vermute, die Gefährdung von Zivilpersonen, Flittchen eingeschlossen, ist ›einer Ritterin unangemessenes Verhalten‹.«
    Raphael grinste und ließ dabei die Spitzen seiner Zähne aufblitzen. »Und was wird Ted davon halten, wenn du mit einem Bouda zusammenziehst?«
    »Ted kann mir sehr gerne die Stelle in unseren Statuten zeigen, die mir das verbietet. Mit den Vorschriften kenne ich mich bestens aus. Ich kann ganze Passagen auswendig herbeten. Ich garantiere dir, dass ich sie viel besser kenne als Ted.«
    Es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, was ich da überhaupt von mir gegeben hatte und dass ich so einiges als selbstverständlich voraussetzte. Also sagte ich leise: »Zumindest hoffe ich, dass du dich in der Öffentlichkeit zu mir bekennst.«
    Raphael lachte leise, wie ein amüsierter Wolf. »Du hast gerade eine großartige Alpha-Tirade ruiniert.«
    Ich hatte Raphael kämpfen gesehen. Er war eine Vernichtungsmaschine. Um den Kopf eines Höllenhundes zu zerfetzen, brauchte man sowohl Geschick als auch eine Art wilder Besessenheit, deretwegen die Bouda im Kampf gefürchtet waren. Körperlich war er mir überlegen. Ich war keine eins sechzig groß, er hingegen eins achtzig und ein paar Zerquetschte. Er wog bestimmt vierzig Kilo mehr als ich, alles reine Muskelmasse. Zweifellos war er der beste Kämpfer des Bouda-Clans. Aber gleichzeitig war er auch ein Männchen, und Boudamännchen bevorzugten die Rolle des Beta. Ohne mir dessen bewusst zu sein, war ich instinktiv zum Alpha geworden.
    »Ich wollte nicht …«
    »Meinetwegen kannst du gerne bestimmen«, sagte er. »Aber wenn ich wirklich einmal auf etwas bestehe, dann musst du auch auf mich hören.«
    Ich atmete langsam aus. »Gebongt.«
    Das Casino, das Hauptquartier des Volkes, befand sich auf dem riesigen Gelände des früheren Georgia Domes. Der Architekt des Volkes hatte sich das Taj Mahal zum Vorbild genommen und den Grundriss des Originals noch verdoppelt. Bei Tag alabasterweiß schien das Casino über dem Asphalt zu schweben, ein Effekt, der wohl von den glitzernden Wasserfontänen der Springbrunnen rund um

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