Die Füchsin
eine Pflichtsache für dich?« fragte er leise.
»Adam, das ist nicht fair.«
Er streichelte die andere, unversehrte Seite ihres Gesichts. »Oder bin ich mehr für dich als ein Hengst für eine Stute?« bohrte er weiter und beobachtete die verzweifelte Miene, als sie versuchte, ihm Widerstand zu leisten.
»Das weißt du doch!« schrie sie mit wütender Zurückhaltung.
»Weiß ich das?« Ihr Zorn schickte einen Schock durch seinen Körper. Er fragte sich, wie lange es dauern würde, um die Barriere zu durchbrechen, die sie um sich errichtet hatte mit Hilfe ihrer Erfahrungen bei Ralph.
Sie stieß einen Laut der Ungeduld aus und nahm seine Hand von ihrem Gesicht fort. »Als ich dich im Herbst auf Ravenstow gesehen habe, da habe ich dich begehrt«, sagte sie, und ihre Stimme klang tief und durchdringend. »Halb sah ich dich als den Jungen, den ich kannte, meinen Stiefbruder. Aber halb sah ich auch den Mann, der du geworden warst, und ich wußte nicht, welcher von den beiden nun der richtige war. Ich weiß es immer noch nicht, aber nun ist es zu spät für eine Wahl. Ich sitze in der Falle.« Sie drehte seine Hand um, so daß sie mit der Handfläche nach oben in der ihren lag.
Ralphs Hände waren feinknochig und beweglich gewesen wie der ganze Mann. Adams Hände waren die eines bildenden Künstlers – kräftig und viereckig mit spatelförmigen Fingern, die lächerlich ausgesehen hätten, wenn sie mit Ringen geschmückt gewesen wären. Ein Schrecken schoß ihr durch den Körper, als sie daran dachte, daß er in kurzer Zeit schon ein Schwert zwischen diesen Fingern halten – oder daß sie schlapp und leblos auf dem Boden liegen würden. Der Verlust von Fingern war keine seltene Verletzung bei einem Zweikampf mit Schwertern. Sie hielt den Atem an, und ihr Griff verstärkte sich.
»Ich habe mein ganzes Leben lang in dieser Falle gesessen«, murmelte er, »und es ist keineswegs zu spät. Nach heute – denn das ist erst der Anfang.« Er drehte seine Hand in der ihren, verschränkte ihre Finger mit den seinen, und dann fühlte er wieder, wie ihr Körper auf ihn zukam und sich an ihn schmiegte. Er neigte seinen Kopf und drückte seine Lippen auf die ihren, und das Verlangen schmolz jegliche Vernunft wie eine Flamme, die den Rest einer Kerze verbrennt und das Wachs flüssig werden läßt.
Unter der Tür stand Austin, daneben Sweyn, der sich räusperte. »Mylord, ich habe den Wetzstein für Euer Schwert besorgt, und Ihr müßt Euch aufwärmen für den Kampf.« Er warf Heulwen einen harten, unergründlichen Blick zu und neigte dann den Kopf.
Adam seufzte und versuchte, die nackte Realität in den Griff zu bekommen. Die Flamme in seinem Innern wurde ruhiger, verkleinerte sich zu einem Flackern, aber seine Augen waren voller Aufmerksamkeit, als sie sich ihr nach oben gekehrtes Gesicht einprägten. Und dann atmete er tief ein, brachte sich unter Kontrolle und ließ sie los. »Bete für mich«, sagte er mit einem traurigen Lächeln. »Wenn alles gut geht, feiern wir nachher zusammen. Wenn nicht –«, er zuckte mit den Schultern, »– dann haben wir wenigstens die Gelegenheit gehabt, uns zu verabschieden. Ich bin glücklich, daß du gekommen bist.«
Heulwen schluckte und konnte nicht sprechen, weil Tränen ihr die Kehle zuschnürten. Es war fast, als wäre sie ein zweites Mal Witwe, nur schlimmer. Ralphs Tod hatte sie wie ein Blitz im Sommer getroffen. Diesmal kam der Donner warnend vorher, bedrückend und drohend. Und wenn Adam durch Gottes Gnade überlebte, würde immerhin Warrin sterben, und selbst wenn er schuldig sein sollte, fühlte sie keine Genugtuung angesichts seines Todes, nur erschöpfte Trauer.
»Gott schütze dich«, brachte sie zuletzt hervor. Dann zog sie sieh die Kapuze über den Kopf und rannte hinaus, bevor sie vor ihm zusammenbrechen würde.
***
Hugh de Mortimer sah zu, wie sein hochgewachsener, breit gebauter und einziger Sohn sich unter dem Zaun des abgetrennten Kampfbereichs im Hof des Towers hindurchduckte, und ballte die kriegsvernarbten Hände zu Fäusten.
»Er ist unschuldig«, sagte er mit einer rauen, metallischen Stimme, die so klang wie eine Schwertklinge auf einem trockenen Schleifstein.
Guyon stampfte mit den Füßen, um sie warmzuhalten, und überblickte die Arena, in der jetzt die zwei Männer waren. Adam bewegte sich ruhelos; er versuchte, seine Muskeln nicht steif werden zu lassen in der Kälte. »Ich fürchte, mein Stiefsohn ist da nicht deiner Meinung, und obwohl ich es
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