Die Füchsin
Familienfehde beenden, aber vielleicht eine viel größere anzetteln, die Heulwens Vater sich nicht leisten konnte.
Henrys Augen waren undurchdringlich und grau wie Schiefer, als der Alte um das Leben seines Sohnes bettelte, aber seine rechte Hand bewegte sich, als wollte sie einen Befehl geben. Adam wartete nicht, denn was es auch war, er würde gehorchen müssen. Er ging rasch hinweg von seinem gefallenen, stöhnenden Gegner und begab sich unsicheren Schrittes zum Podium des Königs.
»Meine Klage ist bewiesen«, keuchte er. »Lass ihn in seiner Unehre leben.« Dabei steckte er das Schwert in die Scheide.
Henry schürzte die Lippen und schaute Adam kurz und berechnend an, bevor er den Kopf ein ganz klein wenig senkte und sich an den Mann neben sich wandte: »Lord Hugh, Euer Sohn hat eine Gnadenfrist von sieben Tagen, um mein Land zu verlassen. Danach ist er vogelfrei.« Er schaute noch einmal auf Adam und sagte in einem Ton, der so frostig war wie das Wetter: »Adam de Lacey, Euer Fall ist geklärt. Gott hat zu Euren Gunsten entschieden. Ihr könnt gehen und Euch um Eure Wunden kümmern.«
Adam öffnete den Mund, um die übliche, formelle Antwort zu geben, aber seine Zunge versagte ihm den Dienst, als es vor seinen Augen schwarz wurde. Das letzte, was er mitbekam, waren der köstliche Duft von Geißblatt und Heulwens bestürzter Aufschrei aus weiter Ferne …
V IERZEHNTES K APITEL
»Es ist nicht mehr weit jetzt.« Heulwen legte ihre Hand auf Adams Ärmel, und ihr Blick war besorgt, denn sie konnte an der schiefen Art, wie er im Sattel saß, erkennen, daß ihm seine Verletzungen Schmerzen bereiteten.
»Es geht mir gut.« Er zeigte ihr das blasse Abbild eines Lächelns. »Ich bin erschöpft und müde. Nichts, was die Gastfreundschaft von Thorneyford nicht heilen könnte.«
»Du hättest nicht so früh losreiten dürfen«, tadelte sie ihn und war ganz und gar nicht beruhigt, denn wenn seine Verletzungen auch nicht tödlich waren, konnte man sie dennoch nicht so nachlässig behandeln, wie er es tat. Der Wind war bitterkalt und stach in ihre Gesichter, der Himmel hatte die Farbe von Muschelschalen und drohte mit Regen, und Adam selbst hatte den Gang seines Pferdes beschleunigt. »Warrin hat man eine Frist von sieben Tagen gesetzt, das Land zu verlassen – nicht uns.«
»Ich habe dir erklärt, warum es notwendig war, Heulwen, also hör auf, daran herumzumeckern.« Er drückte seine Knie gegen die Flanken von Lyard. Sie biss sich auf die Zunge und warf einen drohenden Blick auf seinen Rücken. Ihrer Meinung nach sollten sie eigentlich noch in London sein, seinem Körper eine Heilungsperiode gönnen und warten, bis seine Kraft zurückkehrte. Aber Adam, stur wie immer und ein höchst ungeduldiger Patient, wie das sehr kräftige Menschen nicht selten waren, hatte erklärt, daß er die Stadt und den Zirkus des Hoflebens satt habe und daß in den Marken für ihn Töpfe am Kochen seien, die er nicht überlaufen lassen dürfe – zum einen sein walisischer Gefangener, zum anderen dessen Bruder und zum dritten die Ländereien seiner neuen Frau –, und nichts, was seine neue Frau sagen oder tun mochte, hatte seinen Entschluß ändern können.
Sie überquerten den Fluss an der Furt und klapperten durch das Dorf, dessen Häuser sich unter dem tiefhängenden Himmel aneinanderkuschelten. Ein kleiner Junge mit einer Schleuder am Gürtel nahm einen Stein und machte Unsinn damit, ehe man es bemerkte und sein entsetzter Vater, dessen Rücken gebeugt war unter der Last von Feuerholz, ihm die Ohren lang zog. Sie kamen an einem Transportunternehmer mit seinem Zug von Packponys vorbei, die mit einer Übernachtung in Owestry nach Shrewsbury unterwegs waren, und grüßten den Führer auf seinem kräftigen, schwarzen Ponyhengst, der bei ihrem Anblick von seinem Reittier geglitten war. Die Nachricht war mit ihrem Boten vorausgeeilt, und man beglückwünschte sie zu ihrer Hochzeit.
Heulwen lächelte und dankte den Männern, deren Blicke offene Neugier zeigten. Adam sagte nichts, neigte steif den Kopf und hielt die Augen versteckt. Sie ritten weiter den niedrigen Hügel hinauf, und sie betrachtete ihn immer noch besorgt, während sie zurückdachte an ihre Hochzeit vor vier Tagen an dem Morgen, als sie Windsor verlassen hatten. Wie bei allen ihren Beziehungen zu Adam hatte man auch diesmal die Konventionen, das Übliche, in den Wind geschlagen. Sie hatten ihr Ehegelübde abgelegt im Kloster von St. Anne's-in-the-Field, dessen
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