Die Füchsin
Äbtissin ihres Vaters verwitwete Halbschwester Emma war und damit Heulwens Tante. Die Zeremonie, die John vornahm, wurde in Anwesenheit der Familie und der dreißig Nonnen begangen. Nach einem hastig organisierten, kurzen Hochzeitsmahl, wenn man es überhaupt so nennen konnte, setzte sich Adams sture Beharrlichkeit durch, und sie machten sich auf den Nachhauseweg.
Sie hatten vier Nächte hinter sich, und ihre Ehe mußte erst noch vollzogen werden. Adam war zu schwer verwundet und sattelmüde, um sich um seinen veränderten Personenstand kümmern zu können, und außerdem hatten sie auf ihren Übernachtungen unterwegs keine Ruhe und Privatsphäre gefunden. Sie hatten in den großen Hallen der Burgen und Herrenhäuser geschlafen, wo man ihnen Quartier gegeben hatte, zwischen Adams Männern, und sich um den offenen Kamin in ihre Umhänge gewickelt, um nicht zu frieren.
Heulwen hatte einen Hauch von Verkrampftheit bei ihm gespürt, als hätte er sich wieder einmal hinter die schützende Barriere seiner Jungenhaftigkeit begeben. Kaum daß er ein Wort an sie richtete, und wenn sich ihre Blicke begegneten, dann nur für wenige, kurze Sekunden. Wäre sie nicht so um sein körperliches Wohlergehen besorgt gewesen, hätte sie ihn wohl mit ihrer bekannten, spitzen Zunge traktiert. Aber so, wie es war, behielt sie diese besondere Waffe in ihrem Köcher und tat ihr bestes, um unterwürfig und sanft zu sein, sklavenhafte Aufmerksamkeit zu zeigen und die perfekte Ehefrau zu spielen, zwar nicht immer mit Erfolg, aber gut genug, um ihre Seele zu erleichtern und die von Adam zu zerreißen.
Hätte Heulwen ihrem ersten Impuls nachgegeben und ein paar satte Flüche gegen ihn geschleudert, hätte sie sich viel von ihrer häufig geäußerten Sorge ersparen können. Adam, noch beeinträchtigt von den Schmerzen seiner Wunden und seiner körperlichen Schwäche, war eine leichte Beute für Zweifel. Er sagte sich selbst, daß Heulwen diese Heirat schließlich nicht gewollt hatte und zur Kapitulation gezwungen worden war. Die hektische, ängstliche Sorge, die offenbar das einzige war, was sie ihm gegenüber zeigen konnte, war ihm unerträglich. Der Rest einer vulkanischen Hitze hatte sich zu festem, erduldendem Gestein abgekühlt, und sein Gewicht schien ihn nachgerade zu erdrücken.
Er fühlte, daß sie ihn auch jetzt beobachtete, wußte aber, wenn er sich herumdrehte, würde sie den Blick in die Leere zwischen den Ohren ihrer Stute richten und nicht mehr heben, bis er woandershin schaute. Um seiner Frustration Ausdruck zu verleihen, stieß er Lyard heftiger, als klug gewesen wäre, sobald sie die Torstube erreicht hatten, und als Folge davon machte das Tier einen Satz, der ihm den Atem durch die zusammengebissenen Zähne pfeifen ließ.
Die Wachen grüßten ihn, und ein Pferdeknecht rannte herbei, um ihm Lyards Zügel abzunehmen. Adam umklammerte den Sattelknauf so fest, daß sich das Eichenblattmuster darauf in seine Handfläche eindrückte. Bevor jemand kam, um ihm aus dem Sattel zu helfen, war Heulwen schon unten und lief zu ihrem Ehemann hin. Der Schmerz verminderte sich zu einem leichten, erträglichen Pochen. Er schmeckte Blut von seiner aufgebissenen Lippe und öffnete die Lider, um auf Heulwen hinunterzuschauen.
»Ich weiß, wir hätten noch eine Nacht in Shrewsbury rasten sollen«, rief sie in heftiger Selbstanklage. »Schau, du hast Blut auf der Tunika.«
»Still, Heulwen.« Er schaute sich in dem belebten Hof um. »Oder möchtest du, daß meine Leute fürchten, ich hätte eine zänkische Xanthippe mitgebracht, die sie in Zukunft maßregeln wird?«
»Adam, das ist doch keine Sache zum Scherzen«, erwiderte sie, und Tränen füllten ihre Augen. »Du hast bisher sehr viel Glück gehabt. Du kannst immer noch Wundfieber bekommen oder den Starrkrampf oder ganz einfach sterben, weil du dir zuviel zugemutet hast! Du hast es verdient, ausgescholten zu werden.«
Ein wenig von der Spannung löste sich bei ihm, und etwas natürliche Farbe kehrte zurück und wärmte sein Gesicht. »Aber lieber privat und nicht in aller Öffentlichkeit«, schwächte er ab. »Ich gebe zu, daß ich ein verrückter Hund bin, doch das braucht man nicht öffentlich zu verbreiten.« Er berührte ihre Wange und sah, wie auch bei ihr die Farbe allmählich zurückkehrte, und ihre Augen begannen grün zu leuchten, ein Farbton, in den er sich hätte werfen und ertrinken können. Abrupt sagte er: »Dein Großvater wartet dort drüben«, und zog dann die Hand
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