Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)
Pilotin im Cockpit und hoffte, dass sie die richtigen Schalter
umlegte. Zwar hatte sie Lazarus an Bord, aber er musste außer Sicht bleiben,
falls die Arche 16 sie kontaktete. Also hatte er ihr in einem Schnellkurs
beigebracht, wie man sein privates Shuttle steuerte. Bisher sah es nicht so
aus, als würde sie eine Bruchlandung hinlegen.
Lazarus Vorsichtsmaßnahme erwies
sich als sinnvoll, denn ind diesem Moment erschien der Sprecher des Regenten
auf dem Kontakbildschirm. „Fremdes Schiff“, sagte er mit seiner ausdruckslosen
Miene, „Sie dringen in das göttliche Hoheitsgebiet ein, wenn Sie sich dem
Planeten weiter nähern. Wir sehen darin einen potentiell feindlichen Akt.
Identifizieren Sie sich und nennen Sie den Grund für Ihren Flugkurs.“
„Oh, ich bin Kapitänspilotin
Dschinn“, antwortete der Gestaltwandler und strich mit einer mädchenhaft
gezierten Geste das Haar zurück. Hoffentlich würde der Beamte sie für harmlos
halten. „Wir wollten Sie nicht verärgern, ganz im Gegenteil. Ich habe von
meinem Herren Lazarus den Befehl erhalten, alle Bürger der Arche 32 aus dem
göttlichen Hoheitsgebiet zu entfernen. Wir evakuieren den Planeten als eine
Geste der Unterwerfung. Es befinden sich zurzeit neunzehn Menschen auf der
Oberfläche von Archensee. Habe ich die Erlaubnis, meinen Flug fortzusetzen?“
Der königliche Beamte ließ sich Zeit
mit seiner Antwort.
Dschinn wurde immer nervöser,
während der Mann Informationen von verschiedenen Monitoren abrief, Daten
verglich, auf seiner Tastatur tippte. Er murmelte etwas in ein Seitenmikrofon,
und kurz darauf erschien ein Diener mit einem Glas Wasser. Der Beamte lehnte
sich zurück und trank es in aller Gemütsruhe leer.
Erleichtert begriff Dschinn, dass
der Mann keinen echten Grund hatte, sie warten zu lassen. Er wollte sie nur
spüren lassen, dass sie seine Untergebene war. Sie geduldete sich, bis der
Beamte sie wieder beachtete. Endlich nickte er und sagte: „Erlaubnis erteilt.
In Zukunft wird von Ihrer Arche kein Shuttle starten, ohne dass man uns vorher
informiert.“
„Selbstverständlich, Sir.
Entschuldigen Sie mein ungebührliches Verhalten. Es wird nicht wieder
vorkommen.“
„Gut.“ Er verschwand vom Bildschirm.
Dschinn hörte erleichtertes Aufatmen
hinter sich. „Wie schön, dass mein Shuttle noch in einem Stück ist“, sagte
Lazarus. „Ein paar Minuten dachte ich, er würde uns in Atome zerpulvern. So,
jetzt übernehme ich die Kontrollen. Sonst drücken Sie aus Versehen auf den falschen
Knopf und zerlegen meinen Flieger doch noch.“
„Keine Sorge, ich lerne sehr
schnell“, sagte Dschinn fröhlich.
„Wenn es keinen Autopiloten gäbe,
hätte ich Sie nie auf diesen Stuhl gelassen.“ Er scheuchte sie mit einer
Handbewegung aus dem Kommandosessel. Nachdem er mit einem schnellen Blick die Instrumente
überprüft hatte, fuhr er fort: „Die erste kleine Krise ist also überstanden.
Wir sind auf dem Weg nach Archensee, und niemand hält uns auf. Ich nehme an,
Sie wollen mir immer noch nicht verraten, was Sie dort unten eigentlich vorhaben?“
„Es ist schwer zu erklären.“
„Ach so“, sagte Lazarus freundlich
und nicht überzeugt.
„Das ist keine Ausrede. Ich weiß
wirklich nicht, wie ich es mit Worten ausdrücken soll. Reicht es Ihnen nicht zu
wissen, dass ich meine Leute zur Hilfe holen will?“
Lazarus kreiselte auf dem
Drehstuhl zu ihr herum und sagte milde: „Noch vor wenigen Wochen haben Sie
behauptet, es gebe auf Ihrem Planeten nur Individuen ohne gemeinsame
Interessen. Jetzt reden Sie plötzlich von ‘Ihren Leuten’ und deuten an, dass
sie mit einem Hilferuf Ihr ganzes Volk mobilisieren können. Sie sehen
hoffentlich ein, dass ich verwirrt bin.“
Serail tauchte aus dem hinteren
Teil der Kabine auf. Er hielt eine Tasse beruhigenden Blautee in der Hand.
„Dschinn wird schon wissen, was sie tut“, stellte er fest. „Sie könnten ruhig
etwas mehr Vertrauen haben.“
„Vertrauen? Was ist denn das?“,
murmelte der Antique.
Dschinn war dankbar, dass sie
ihren Getrauten als Unterstützung an Bord hatte. Ein Gespräch mit Lazarus lief
immer auf ein Duell hinaus. Mit Randori als Vermittlerin wäre die Situation
einfacher gewesen. Leider war die Kapitänin auf der Arche geblieben, um sich
dort um die Propaganda zu kümmern.
Randori sah in dieser Krise eine
einmalige Gelegenheit, die Feindseligkeiten zwischen den Passagieren und der
Crew zu beenden. Tatsächlich hatte sich in den knapp vierundzwanzig Stunden,
die
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