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Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Titel: Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Nolte
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auseinander?“
    Er zuckte nur mit den Schultern.
„Ich weiß auch nicht.“
    „Du weißt auch nicht“, echote sie.
Ein nervöses Kribbeln lief ihr über den Nacken. Sie konnte Lazarus schockierte
Reaktion verstehen. Caravan hatte in diesen paar Minuten völlig anders
geklungen als sonst. Der zurückhaltende Matrose war verschwunden und hatte
einer neuen Persönlichkeit Platz gemacht: dominant, angriffslustig, politisch
kompetent. Gleichzeitig war ihr seine Sprechweise bekannt vorgekommen, und
seine Körpersprache … Er hatte zwischendurch eine ungewöhnliche Geste benutzt.
Mit Mittel-und Zeigefinger hatte er die geöffnete rechte Handfläche berührt,
was beim Reden Überlegenheit ausdrückte. Das Zeichen stammte von der Shogun-Gilde.
Randori selbst benutzte es häufig.
    Der Gedanke hallte in ihrem Kopf
nach, und plötzlich wurden ihre Augen weit. Ein Spiegel, dachte sie. Er hat
sich angepasst und mein Verhalten kopiert. Meine Gesten, meine Ausdrucksweise.
Fast schon meine Art zu denken. So etwas ist einfach nicht möglich. Man
kann nicht vierzig Jahre politischer Erfahrung in sich aufsaugen, nur indem man
jemanden ein paar Wochen lang beobachtet.
    Das Ausmaß seiner
Wandlungsfähigkeit beunruhigte sie zutiefst. Sie erinnerte sich an die zurückliegende
gemeinsame Zeit, fühlte im Geiste Caravans intensiven Blick auf sich, der ihr
folgte und sie analysierte, bei allem was sie tat. In diesem Augenblick
erschien Caravan ihr weniger menschlich als jemals zuvor. Was hatten die Bewohner
von Archensee aus ihm gemacht?
    Vielleicht wollte sie die Antwort
gar nicht wissen.
     

 
    „Was soll das heißen, du kommst nicht
mit?“
    „Keine Lust.“
    „Spielverderber.“
    „Bin ich nicht.“
    „Bist du wohl.“
    „Quatsch.“
    „Doch.“
    „Gar nicht.“
    Randori warf einen belustigten
Blick auf das Pärchen. Bei den täglichen Sandkastenkriegen klangen Serail und
Caravan, als würden sie gleich anfangen, sich mit Plastikschaufeln zu bewerfen.
    Die nervöse Scheu, die sie in
Caravans Gegenwart empfunden hatte, war schnell verflogen. Sie dachte daran,
wie er gestern versucht hatte, Spaghetti mit chinesischen Stäbchen zu essen.
Rote Soße war zu allen Seiten gespritzt, am Ende hatte er eine Nudel im Haar
und einen hilflosen Blick in den Augen. Für die Rolle als bedrohliches
Halb-Alien mit unbekannten Kräften fehlte ihm einfach das Talent.
    Sie legte ihren Füller beiseite.
„Erklärt mir jemand, worum es geht?“
    Serail drehte sich mit
Märtyrermine um. „Waterloo hat uns eine Einladung gestromt, für diesen Abend.
Sein neuer Mann gibt eine Party in der GreifBar. Wir müssen uns endlich wieder
bei den Crew blicken lassen, aber Caravan will nicht mit.“
    Sein Getrauter saß mit
überkreuzten Armen auf der Bambusmatte und sah wirklich nicht aus, als würde er
sich freiwillig vom Fleck rühren. „Ich kenne doch niemanden. Alle möglichen
Leute werden erwarten, dass ich mich an sie erinnere, und ich habe keine
Ahnung, wer sie sind. Das ist peinlich. “
    „Wir können uns nicht für den Rest
unseres Lebens in Randoris Wohnung verkriechen“, sagte Serail ungeduldig.
    „ Ich kann das schon.“
    „Himmel.“ Serail verdrehte die
Augen. „Dann gehe ich eben alleine. Oder noch besser –“, eine neue Idee ließ
seine Augen glitzern, „vielleicht will die verehrte Kapitänin mich begleiten?“
    Randori legte den Kopf zur Seite.
„Warum nicht?“
    „Tatsächlich? Alle auf der Party
werden vor Neid platzen!“
    Energisch winkte sie ab. „Mach dir
keine falschen Hoffnungen. Wenn ich ausgehe, dann inkognito.“
    Er zuckte gut gelaunt mit den
Schultern. „Na ja, das ist besser als nichts. Ich kann mich innerlich freuen,
während Waterloo versucht, die Kommandantin flachzulegen.“
    Randori neigte den Kopf zur Seite.
„Er mag Frauen?“
    Serail grinste breit. „Er mag
alles, was zwei Beine hat.“
     
    „Was ist denn heute mit den
Passagieren los?“, fragte Serail wenig später irritiert, als er sich neben
Randori durch einen Gang von 1.3 Lilienthal schob. Es lag eine ungewöhnliche
Spannung in der Luft, und die Leute machten dem jungen Crew nur widerwillig
Platz. Viele trugen ein ungewöhnliches Gildekostüm: ein schwarzer Frack mit
weißem Hemd, grauer Krawatte und hohem schwarzen Hut.
    Bevor Randori antworten konnte,
hatte Serail schon geblinzelt, um nach einer Erklärung zu stromern. Ihrer
Meinung nach benutzte er dieses Hilfsmittel zu häufig, so wie viele Schiffsgeborene.
Statt sein eigenes Gedächtnis

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