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Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Titel: Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Nolte
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Reaktion.“
    Caravan verzog das Gesicht zu
einem schiefen Lächeln. „Was du nicht sagst. Kann ich den Füller trotzdem bekommen?“
Sie reichte ihm die Schreibmappe, und er hockte sich mit überkreuzten Beinen
auf den Bambusteppich. Als er die Feder ansetzte, schaute Randori ihm neugierig
über die Schulter. Caravan fühlt sich irritiert und stellte nach kurzem
Nachdenken fest, dass sein ‘Höhlenmenschen-Alarm’ noch immer aktiv war.
„Könntest du bitte ein paar Schritte zurückgehen? Caravan mag es nicht, wenn du
ihm auf die Finger schaust.“
    „Ich habe mich nur gefragt, wo du
eigentlich Schreiben gelernt hast. Das ist keine sehr verbreitete Fähigkeit.“
Als Antwort setzte er schwungvoll die ersten Worte aufs Papier, und Randori
schnaubte. „Natürlich, ich hätte es mir denken können. Das ist meine
Handschrift! Was hast du dir in diesem Monat noch alles abgeschaut?“
    „Keine Ahnung. Ich werde es
herausfinden, wenn ich es brauche.“ Er ignorierte Randoris weitere Fragen und
begann konzentriert, seine Entschuldigung zu formulieren. Es war nicht so
einfach, wie er gedacht hatte. Gesprochene Worte verwandelten sich, wenn man
sie zu Papier brachte, schnell in klanglose, hölzerne Phrasen. Er zerriss acht
Briefe, bevor er halbwegs zufrieden war. „Vielleicht sollte ich es ihm doch ins
Gesicht sagen“, murmelte er hilflos. In diesem Moment klopfte es an der Tür.
    Serail trat ein, mit einem offenen,
neugierigen Lächeln auf dem Gesicht. „Hallo, Randori. Ich scheine das Abenteuer
überlebt zu haben. Der Kapitän meinte, ich solle Caravan fragen, wieso. Wo
steckt er denn?“
    Randori schaute sich suchend um.
„Wenn ich das wüsste. Caravan?“
    Er sah auf seine Hände herunter,
die tatsächlich nicht mehr da waren. Seine Hülle hatte sich so durchsichtig wie
möglich gemacht und imitierte zusätzlich die Farbe und Struktur der Wand in
seinem Rücken. Es war kein Wunder, dass sie ihn nicht sahen. Er versuchte, Caravans
Normalzustand wieder herzustellen, aber sein Körper weigerte sich.
    Randori schaute grimmig. „Ich soll
dir das hier geben.“ Sie überreichte Serail den Brief. „Und falls sich noch
jemand hier im Raum befindet, kann ich nur sagen, dass er sich benimmt wie ein
rückgratloser Stromer.“
    Serail sah sie verwirrt an, dann
begann er zu lesen. Caravan hatte das Gefühl, als würde sich jeder einzige
Muskel in seinem Körper verkrampfen. Randori schaute mit konzentriert zusammengekniffenen
Augen direkt in seine Richtung. Wahrscheinlich hatte sie gesehen, dass sich die
Bambusmatte unter ihm bewegte. „Caravan?“, wiederholte sie.
    „Nenn ihn nicht“, zischte Serail,
„bei diesem Namen!“
    Caravan zuckte zusammen und konnte
sich endlich dazu zwingen, aus seiner zusammengekauerten Stellung aufzustehen.
Seine Hautpigmente kehrten zurück, während er auf Serail zuging. Er musste
aussehen wie eine aus dem Nichts auftauchende Geistererscheinung, aber das
konnte er im Moment nicht ändern. „Es tut mir wirklich schrecklich leid“, sagte
er und merkte selbst, wie unzureichend das klang.
    Serail zitterte vor Wut. Als
Caravan die Hand ausstreckte, um ihn zu berühren, wich er zurück. „Fass mich
nicht an. Wie kannst du im Körper eines Toten herumlaufen, mir vormachen, du
wärest ein Mensch? Du bist eine monströse Missgeburt.“
    „Hör doch –“
    „Nein!“ Serail schlug ihm mit
voller Wucht ins Gesicht und rannte aus der Tür.
    Caravan sah ihm starr mit
brennenden Augen nach. „Ich kann weinen“, sagte er hoffnungslos, „ist das nicht
menschlich genug?“
     
    Randori hatte nicht vor, ihn in
Depressionen versinken zu lassen. Auch wenn ihm das im Augenblick sehr recht
gewesen wäre. Er wollte einfach nur allein sein, aber sie ließ ihn verdammt
noch mal nicht in Ruhe.
    „Er wird zurückkommen“, redete sie
auf ihn ein.
    „Ja, klar“, murmelte er.
    „Er hat deinen Brief mitgenommen,
das ist ein gutes Zeichen“, behauptete sie. „Komm schon, kein Grund für
Selbstmitleid. Bei Liebeskummer stürzt man sich am besten in Arbeit, das weiß
ich aus Erfahrung. Ich werde dich beschäftigen.“
    „Mmh“, gab Caravan zur Antwort.
    „Und mir kommt auch schon die perfekte
Idee!“, fuhr Randori fort und hüpfte hyperaktiv auf und ab.
    „Tatsächlich“, sagte Caravan müde.
    „Ich muss endlich herausfinden,
wer hinter den Attentaten steckt. Inzwischen gibt es fast dreißig tote Crew.“
    „Und was soll ich dabei tun?“
Caravan spürte wider Willen, dass sein Interesse

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