Die Fünf Tore 1 - Todeskreis
Wissenschaftler.«
»Er hat sich bereit erklärt, sich um halb zwölf mit uns zu treffen. Und danach fahren wir nach Manchester.«
»Wozu?«
»Neulich in der Redaktion hast du mir von einem Buch erzählt, das du in der Bücherei entdeckt hast. Geschrieben von einer Elizabeth Ashwood. Sie ist ziemlich bekannt. Und das wird dir sicher gefallen – sie schreibt über schwarze Magie und Hexerei … solches Zeug eben. Wir haben eine Akte über sie in unserem Archiv, und ich habe eine unserer Mitarbeiterinnen angerufen, die mir ihre Adresse herausgesucht hat. Leider keine Telefonnummer. Aber wir können hinfahren und hören, was sie uns zu sagen hat.«
»Das ist super«, freute sich Matt. »Danke.«
»Dank mir nicht. Wenn ich dadurch zu einer Story komme, bin ich derjenige, der dir danken muss.«
»Und wenn nicht?«
Richard überlegte kurz. »Dann werfe ich dich zurück in den Sumpf.«
Sir Michael Marsh sah noch immer aus wie der Wissenschaftler im Auftrag der Regierung, der er einst gewesen war. Er war zwar schon weit über siebzig, aber seine Augen hatten nichts von ihrer Intelligenz verloren und schienen Respekt zu verlangen. Obwohl es Sonntagmorgen war, trug er einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd und eine blaue Seidenkrawatte. Seine Schuhe waren auf Hochglanz geputzt und seine Fingernägel manikürt. Sein Haar war sicher schon vor langer Zeit weiß geworden, aber es war immer noch dicht und akkurat geschnitten. Er saß mit übereinandergeschlagenen Beinen da, eine Hand auf dem Knie, und hörte sich an, was seine Besucher zu berichten hatten.
Richard übernahm das Reden. Er war ordentlicher gekleidet als sonst. Er hatte sich rasiert und ein sauberes Hemd und ein Jackett angezogen. Matt saß neben ihm. Sie befanden sich in einem gemütlichen Raum im ersten Stock, durch dessen große Fenster man einen schönen Blick auf den Fluss hatte. Das Haus war wirklich eindrucksvoll. Das Zimmer hatte mit dem polierten Tisch, den langen Reihen ledergebundener Bücher, dem Kamin aus Marmor und den antiken Stühlen fast etwas Bühnenhaftes an sich. Und Richard hatte recht gehabt, was die Streichholzschachteletiketten anging. Es waren Hunderte. Sie stammten aus allen Ländern der Erde, und sie hingen in schmalen Vitrinen an den Wänden.
Richard hatte eine Kurzfassung von Matts Geschichte erzählt. Er hatte Sir Michael nicht gesagt, wer Matt war oder wie er nach Lesser Malling gekommen war, sondern nur berichtet, was Matt bei Omega Eins beobachtet hatte. Matt war gespannt, wie Sir Michael reagieren würde.
»Sie sagen, dass im Kraftwerk elektrisches Licht gebrannt hat?«, vergewisserte er sich. »Und der Junge hat ein Summen gehört?«
»Das stimmt.«
»Er hat einen Lastwagen gesehen, aus dem irgendein Kasten ausgeladen wurde?«
»Ja.«
»Und welche Schlüsse ziehen Sie daraus, Mr Cole?«
»Matt konnte im Dunkeln nicht viel sehen. Aber er konnte erkennen, dass die Leute, die den Kasten schleppten, merkwürdige, unförmige Kleidung trugen. Ich frage mich, ob das Strahlenschutzanzüge gewesen sein können.«
»Sie glauben, dass jemand versucht, Omega Eins wieder in Betrieb zu nehmen?«
»Das wäre doch möglich.«
»Nein, ist es nicht.« Sir Michael sah Matt an. »Was weißt du über Kernenergie, junger Mann?«
»Nicht viel«, musste Matt zugeben.
»Dann werde ich dir kurz erklären, worum es dabei geht. Ich kann verstehen, dass du nicht an einer Physikstunde interessiert bist, aber du solltest zumindest wissen, wie ein Atomkraftwerk funktioniert.« Sir Michael überlegte kurz. »Lass uns mit der Atombombe anfangen. Du weißt natürlich, was das ist.«
»Ja.«
»Eine Atombombe hat eine ungeheure Kraft. Sie kann eine ganze Stadt zerstören, wie es im Zweiten Weltkrieg in Hiroshima geschehen ist. Bei Versuchen in der Wüste von Nevada hat eine kleine Atombombe einen so tiefen Krater hinterlassen, dass das größte Hochhaus der Welt darin verschwunden wäre. Die Kraft der Bombe besteht in der Energie, die bei der Explosion freigesetzt wird. Kannst du mir noch folgen?«
Matt nickte. Wäre dies eine Schulstunde gewesen, hätte er sicher längst abgeschaltet, aber hier war er fest entschlossen, aufmerksam zuzuhören.
»Ein Atomkraftwerk arbeitet ganz ähnlich. Es spaltet die Atome in einem Metall, das Uran heißt, aber dabei kommt es nicht zu einer Explosion, die unkontrollierbar ist, sondern die Energie wird allmählich in Form von Hitze abgegeben. Diese Hitze ist unglaublich. Sie verwandelt Wasser in Dampf, der
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