Die Fünf Tore 1 - Todeskreis
Hier würde also alles enden.
Richard brüllte die Dorfbewohner an. »Lasst ihn in Ruhe! Warum wollt ihr ihn umbringen? Er ist doch nur ein Kind! Lasst ihn gehen …«
Sir Michael brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Matthew ist nicht irgendein Kind«, erwiderte er. »Er ist ein ganz besonderes Kind. Ein Kind, das wir schon sein halbes Leben lang beobachten.«
Mrs Deverill drängte sich vor. Sie trug dieselben Kleider, die sie in London angehabt hatte, auch die Eidechsenbrosche, und ihre Augen glühten vor Hass. »Ich will diejenige sein, die ihm die Kehle durchschneidet!«, verlangte sie.
»Sie werden tun, was man Ihnen sagt«, entgegnete Sir Michael kalt. »Ich muss sagen, Jayne, Sie haben mich enttäuscht. Er wäre Ihnen beinahe entkommen. Zum zweiten Mal!«
»Wir hätten ihn von Anfang an einsperren sollen!«, antwortete Mrs Deverill.
»Sie sind diejenigen, die eingesperrt werden sollten«, schrie Richard. »Sie sind ja völlig verrückt …«
»Wir sind nicht verrückt.« Sir Michael sah ihn an. »Sie wissen gar nichts. Sie leben in ihrer gemütlichen, mittelmäßigen Welt und haben keinen Blick für die größeren Dinge, die um Sie herum geschehen, genau wie so viele Ihrer Art. Aber das wird sich bald ändern. Ich habe mein ganzes Leben diesem Augenblick geweiht. Allein die Vorbereitungen haben mehr als zwanzig Jahre gedauert, und ich habe Tag und Nacht daran gearbeitet. Hat Professor Dravid Ihnen von uns erzählt? Hat er Ihnen von den Alten erzählt?« Sir Michael machte eine Pause, aber Richard sagte nichts. »Ich gehe davon aus, dass er es getan hat, und vermutlich haben Sie auch ihn für verrückt gehalten. Ich kann Ihnen versichern, dass es die Alten wirklich gibt. Sie waren die erste große Macht des Bösen. Einst haben sie die Welt beherrscht, bis sie durch einen Trick besiegt und verbannt wurden. Seit jener Zeit warten sie auf ihre Rückkehr, und das ist es, was Sie gleich erleben werden. Ihr Freund Matthew ist exakt über der Öffnung von Raven’s Gate festgebunden.« Sir Michael breitete die Arme aus. »Und das Tor wird sich bald öffnen.«
Die Dorfbewohner erschauderten in freudiger Erregung. Sogar Mrs Deverill rang sich ein dünnes Lächeln ab.
»Die Mächte, die Raven’s Gate errichtet haben, wussten, was sie taten«, fuhr Sir Michael fort. »Das Tor ist unzerstörbar. Es kann nicht geöffnet werden. Zumindest sah es jahrhundertelang so aus. Unsere Vorfahren haben es seit dem Mittelalter versucht. Über Hunderte von Jahren haben sie ihr gesammeltes Wissen, ihre Beschwörungsformeln und Rituale weitergegeben. Aber nichts von all dem hat funktioniert. Bis jetzt. Wir sind die auserwählte Generation. Weil wir im einundzwanzigsten Jahrhundert leben. Wir verfügen über neue Technologien. Und es gibt eine Kraft, die wir uns zunutze machen können. Dieselbe Kraft, die auch die Welt erschaffen hat. Wir beherrschen sie erst seit Kurzem. Die Atomkraft.«
Er ging hinüber zu Matt, der an seinen Fesseln zerrte. Seine Schultern hoben sich vom Opfertisch, doch es half nichts. Als Sir Michael auf ihn zukam, ließ er sich zurückfallen.
»Finden Sie es wirklich so verrückt, die Kraft einer Atombombe mit der Kraft der schwarzen Magie zu vergleichen?«, fragte Sir Michael Richard. »Glauben Sie, dass eine Waffe, die ganze Städte zerstören und Millionen von Menschen in wenigen Sekunden töten kann, sich so sehr von Teufelswerk unterscheidet? Für mich war es offensichtlich, dass diese beiden Kräfte vereint werden können und dass wir mit ihnen etwas erreichen werden, das bisher niemandem gelungen ist.
Als Omega Eins gebaut wurde, habe ich meinen Einfluss dafür benutzt, dass man es hier errichtet, genau an der Stelle, an der einst der Steinkreis stand. Wäre er nicht niedergerissen worden, würde er genau hier stehen, wo sich jetzt der Reaktorraum befindet. Unter uns hat der Reaktor fast seinen kritischen Zustand erreicht. Es ist, als wäre im Herzen des Tores eine gigantische Bombe vergraben, die Raven’s Gate sprengen und die Alten befreien wird.
Ich habe Omega Eins gebaut. Ich war auch für seine Schließung zuständig, als die Regierung beschloss, den Betrieb einzustellen. Ich konnte die Verantwortlichen davon abhalten, das Gebäude abzureißen, und als alle fort waren, habe ich mich still und leise an die Arbeit gemacht und alles wieder aufgebaut. Es hat mehr als zwanzig Jahre gedauert. Die Dorfbewohner, die Kindeskinder der Zauberer und Hexen, die seit Jahrhunderten in Lesser
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