Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Fünf Tore 1 - Todeskreis

Titel: Die Fünf Tore 1 - Todeskreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
Vom Netzwerk:
ein altes Hexenritual. Sie sprachen das Vaterunser rückwärts.
    Matt versuchte, nicht zuzuhören. Er glaubte, die gewaltige Energie unter sich zu spüren, als der Reaktor die kritische Temperatur erreichte. Er wusste, dass er dies alles aus seinem Bewusstsein ausblenden musste, wenn er die Kraft finden wollte. Warum war es ihm nicht gelungen, die Vase in Richards Wohnung zu zerbrechen? Warum hatte er die Tür nicht öffnen können, als er in Mrs Deverills Bodenkammer festsaß? Was machte er falsch?
    Das Gemurmel der Dorfbewohner erfüllte den Raum und übertönte das Summen des Belüftungssystems. Sir Michael hielt das Messer mit beiden Händen umklammert und wartete auf den richtigen Moment, damit zuzustoßen. Trotz all seiner Bemühungen starrte Matt wie gebannt auf die Klinge. Diese ganze Sache hatte mit einem Messer begonnen – mit dem, das Kelvin benutzt hatte, um den Wachmann niederzustechen. Und nun sah es so aus, als würde sie auch mit einem Messer enden.
    Denk an das Messer. Konzentrier dich darauf. Halte es auf.
    Matt lag auf dem Rücken und versuchte, die Kraft freizusetzen, von der er wusste, dass sie irgendwo in ihm steckte. Aber es hatte keinen Sinn. Sir Michael hatte alles unter Kontrolle. Mit einem Lächeln flüsterte er die Beschwörungsformel. Matt konnte Schweißperlen auf seiner Oberlippe sehen. Sir Michael würde jede Sekunde genießen. Auf diesen Augenblick wartete er schon sein ganzes Leben.
     
    Tief unter der Erde fuhren die Brennstäbe langsam hoch. Als sie den Reaktorkern verließen, begannen die Neutronen, in ihm herumzusausen. Mit einer Geschwindigkeit von einigen Hundert Kilometern pro Sekunde prallten sie aufeinander und setzten eine unglaubliche Hitze frei.
    Und mit den Brennstäben hob sich auch das Tor.
    Richard hatte es geschafft, eine Hand freizubekommen, aber die andere war noch gefesselt, und er zerrte fieberhaft an dem Strick. Doch als er sah, was geschah, erstarrte er.
    Die riesigen Steine, die vor Jahrhunderten zerstört worden waren, wuchsen aus dem Boden wie monströse Pflanzen. Es waren achtzehn Brennstäbe. Und es waren achtzehn Steine. Jeder von ihnen glitt in die Position, die er ursprünglich innegehabt hatte. Sie waren nur die Geister der Steine, denn sie kamen aus dem Boden, ohne ihn zu berühren. Aber vor Richards Augen begannen sie zu schimmern und wurden mit zunehmender Größe immer massiver. Sie überragten bereits die Dorfbewohner, die einen neuen Kreis hinter ihnen bildeten.
    In wenigen Sekunden würden sie genauso dastehen wie in alten Zeiten. Und Richard wusste, dass das der Moment sein würde, in dem das Messer zustach. Die Alten würden befreit werden.
     
    Matt sah das alles und schloss die Augen. Je mehr ihn die Geschehnisse ablenkten, desto schlechter würde er sich konzentrieren können. Konnte er denn gar nichts tun? Er hatte den Wasserkrug zum Platzen gebracht. Das war kein Traum gewesen. Er hatte es getan. Aber wie? Verzweifelt versuchte er sich zu erinnern, was er dabei gefühlt hatte. Was machte ihn anders? Warum hatte es damals funktioniert?
    Das Gewisper wurde lauter. Und jetzt passierte etwas noch Unglaublicheres. Der Fußboden im Innern des Kreises veränderte seine Farbe. Das schwarz-weiße Karomuster erstrahlte jetzt in einem glühenden Rot, das von unten zu kommen schien. Das Rot wurde immer intensiver, die Farbe leuchtender, bis es schließlich aussah wie ein See aus Blut. Plötzlich entstand ein tiefer schwarzer Riss mitten im Zentrum der Reaktorkammer. Das Tor begann zu zerbrechen.
    Matt öffnete die Augen ein letztes Mal. Da war Richard, der außerhalb des Kreises immer noch mit seinen Fesseln kämpfte. Da waren Jayne und Claire Deverill, die ihn fasziniert anstarrten. Die Decke – grelle Neonlampen und silberne Röhren. Der Kontrollraum, in dem sich die Dorfbewohner ans Glas drückten, um besser sehen zu können. Die Flammen der schwarzen Kerzen, flackernd und wabernd. Und der Fußboden …
    In dem Rot des Bodens war ein dunkler Fleck aufgetaucht. Matt hob den Kopf, sodass er an seinem eigenen Körper vorbei auf den Boden sehen konnte, der jetzt durchsichtig war. Er konnte durch ihn hindurchsehen in eine andere Welt. Der Fleck bewegte sich. Er kletterte, flog, schwamm aufwärts, und zwar mit einer enormen Geschwindigkeit. Eine Sekunde lang konnte Matt eine Form erkennen. Es war irgendeine Kreatur. Aber es ging zu schnell. Schwärze brodelte hoch und vertrieb das Rot in einem Meer aus Luftblasen. Ein gleißender weißer Streifen

Weitere Kostenlose Bücher