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Die fünfhundert Millionen der Begum

Die fünfhundert Millionen der Begum

Titel: Die fünfhundert Millionen der Begum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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bekämpfen, welche sich gegen sie auflehnten. Von aller Ewigkeit her war es bestimmt gewesen, daß Therese Langevol Martin Schultze heiraten mußte, und daß, wenn sich eines Tages die beiden Nationalitäten, vertreten durch den französischen Doctor und den deutschen Professor, gegenüberstehen würden, der Letztere unbedingt den Ersteren zermalmen müsse. Schon hielt er ja die Hälfte des Vermögens seines Gegners in der Hand. Das war das Mittel, dessen er bedurfte.
    Jenes Project stand seiner Wichtigkeit nach für Herrn Schultze übrigens erst in zweiter Linie; er betrachtete es nur neben den weit umfänglicheren, über denen er selbst brütete, durch unerhörte Vervollkommnung der gebräuchlichen Kriegswaffen seinem Vaterlande die Oberherrschaft über die anderen Völker zu sichern. Da er jedoch Doctor Sarrasin’s, seines unversöhnlichen Feindes, Absichten bis zum Grunde – wenn sie einen solchen überhaupt besaßen – kennen lernen wollte, vermittelte er sich Zutritt zu dem internationalen hygienischen Congreß und besuchte fleißig dessen Sitzungen. Beim Weggehen aus einer solchen Versammlung hörten einige Mitglieder, darunter zufällig auch Doctor Sarrasin selbst, ihn die Erklärung abgeben, daß sich gleichzeitig mit France-Ville eine befestigte Stadt erheben werde, welche die Existenz jenes absonderlichen und widernatürlichen Ameisenhaufens schnell genug unmöglich machen werde.
    »Ich hoffe, fügte er hinzu, daß das Experiment, welches wir mit ihr machen werden, der Welt als warnendes Beispiel dienen wird!«
    Besaß Doctor Sarrasin auch ein großes Herz voller Liebe für die Menschheit, so brauchte er doch nicht erst zu lernen, daß nicht alle Seinesgleichen den Namen Philantropen verdienten. Er schrieb jenes Wort seines Gegners also in sein Gedächtniß, da er als vernünftiger Mann sich sagte, daß man keine Drohung gänzlich außer Acht lassen solle. Als er bald darauf an Marcel schrieb, um diesen einzuladen, ihn bei seinem Vorhaben zu unterstützen, erwähnte er auch dieses Vorfalles und entwarf von Herrn Schultze dabei ein Bild, welches den jungen Elsässer überzeugte, daß der gute Doctor in jenem einen halsstarrigen Gegner haben werde.
    »Wir brauchen vor Allem kräftige und entschlossene Männer, schloß der Doctor, tüchtige Gelehrte, nicht allein zum bauen, sondern auch zum vertheidigen.
    – Wenn ich Ihnen, antwortete Marcel darauf, nicht augenblicklich an die Hand zu gehen im Stande bin, um an der Begründung Ihrer Stadt theilzunehmen, so rechnen Sie doch darauf, mich zur richtigen Stunde zu finden. Ich werde jenen Herrn Schultze nicht einen Tag aus den Augen verlieren. Meine Eigenschaft als Elsäßer giebt mir einen Schimmer von Recht, mich um seine Angelegenheiten zu bekümmern. Fern oder nahe, ich bleibe Ihnen allezeit ergeben. Beunruhigen Sie sich nicht, wenn Sie möglicher Weise einmal monate-oder gar jahrelang nichts von mir hören sollten. Nah oder fern werd’ ich nur den Einen Gedanken haben, für Sie zu arbeiten und Frankreich zu dienen.«

Fünftes Capitel.
Die Stahlstadt.
    Ort und Zeit haben gewechselt. Seit fünf Jahren befindet sich der Nachlaß der Begum schon in den Händen der beiden Erben und den Schauplatz bilden jetzt die Vereinigten Staaten, im Süden Oregons, zehn Meilen vom Ufer des Pacifischen Oceans. Hier breiten sich ungeheure Gebiete aus, welche zwischen den beiden Nachbarstaaten noch nicht genau abgegrenzt sind und die eine Art amerikanischer Schweiz bilden.
    In der That eine Schweiz, wenn man nur die Außenseite der Dinge ins’ Auge faßt, die steilen Gipfel, welche zum Himmel emporsteigen, die tiefen Thäler, welche die langen Gebirgszüge trennen, den großartigen wilden Anblick, den alle diese Landschaften aus der Vogelschau gewähren würden.
    Diese falsche Schweiz betreibt aber nicht wie die europäische die friedlichen Beschäftigung en des Hirten, Fremdenführers oder Gastwirthes. Das Ganze ist nichts als eine auf eisen-oder kohlenhaltigem Boden aufgethürmte Alpendecoration, eine Kruste von Felsen, Erdreich und hundertjährigen Fichten.
    Wenn der in diese Einöden verirrte Wanderer die Stimmen der Natur belauscht, so hört ‘er nicht wie im Oberlande das harmonische Murmeln des Lebens neben dem tiefen Schweigen der Bergwelt. Von fern her vernimmt er die schweren Schläge des Stampfhammers und unter ‘seinen Füßen erstickte Detonationen von Pulver. Es hat den Anschein, als bedecke dieser Boden die Maschinerie eines Theaters und als könne er jeden

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